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PolitikÄgypten

Ägyptenreise: Macron auf Friedensmission für Nahost

Lisa Louis
5. April 2025

Frankreichs Präsident Macron will in Kairo seine engen bilateralen Beziehungen nutzen, um eine Waffenruhe im Nahen Osten auf den Weg zu bringen. Aktivisten fordern, auch die Menschenrechtslage in Ägypten anzusprechen.

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Der französische Präsident Emmanuel Macron und sein ägyptischer Kollege Abdel Fattah al-Sisi (r,) geben sich vor den Fahnen Frankreichs und Ägypten die Hand, Fattah al-Sisi legt dabei seine linke Hand auf den rechten Oberarm von Macron
Treffen sich nun schon zum zwölften Mal: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-SisiBild: Christophe Ena/AP/dpa/picture alliance

Drei Tage wird Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ab Sonntag in Kairo sein, um sich mit Staatschef Abdel Fattah al-Sisi zu besprechen - mal wieder. Es ist bereits das zwölfte Treffen zwischen den beiden - in Kairo oder Paris -, seit Macron 2017 sein Amt antrat. Doch diese Reise könnte besonders wichtig sein. "Wir werden über die Krisen in der Region sprechen - in Syrien und den Nachbarländern Libyen, Sudan und Israel", heißt es aus dem Elysée-Palast. Man hoffe auf einen Durchbruch im Nahost-Konflikt - auch angesichts von Frankreichs Brückenrolle zur arabischen Welt. Aktivisten verlangen indes, auch Fortschritte in Sachen Menschenrechten einzufordern.

Offizielles Thema der Reise ist die Wirtschaftskooperation. Doch das eigentliche Hauptaugenmerk liegt auf Gaza. Dort brach Israel vor Kurzem eine Waffenruhe, die das Land mit der von der EU, den USA, Deutschland und einigen arabischen Staaten als Terrororganisation eingestuften Hamas im Januar vereinbart hatte. Israel hatte den Gazastreifen angegriffen, nachdem die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfallen hatte. Die Hamas tötete mehr als 1200 Menschen und nahm mehr als 200 Geiseln, von denen noch immer nicht alle wieder frei sind.

Bei israelischen Angriffen auf den Gazastreifen sollen inzwischen laut Hamas mehr als 50.000 Menschen umgekommen sein. "Wir werden über einen Waffenstillstand und ein mögliches Kriegsende sprechen", sagt eine Elysée-Sprecherin. "Wir wollen auch eine strategische Partnerschaft zwischen Frankreich und Ägypten besiegeln - so wie es sie bereits für Ägypten und die EU gibt."

De Gaulles Mittelweg in der arabischen Welt

Frankreich habe dabei in Ägypten - und der arabischen Welt - unter EU-Staaten eine Vorreiterstellung, erklärt Ahmed El Keiy. Der frühere Journalist ist heute Geschäftsführer der Politik-Beratungsfirma AEK Conseil. "Die französisch-ägyptischen Beziehungen sind seit Jahrzehnten hervorragend", sagt er im Gespräch mit der DW. "Viele französische Unternehmen sind in Ägypten tätig, haben zehntausende Angestellte dort. Außerdem hat Ägypten 2015 als erstes Land zunächst 24 Rafale-Kampfflugzeuge gekauft, was den Weg für weitere Exporte der Jets in andere Länder bahnte." Ägypten ist einer der Hauptimporteure französischer Militärgüter.

Schwarz-Weiß-Aufnahme des früheren framzösischen Präsidenten Charles de Gaulle, der an einem Tisch mit zwei kleinen Mikrofonen sitzt und spricht, wobei er mit der linken Hand gestikuliert
Frankreichs enge Beziehungen zur arabischen Welt gehen auch auf den früheren Staatschef Charles de Gaulle zurückBild: picture-alliance/dpa

Zurückzuführen sind diese engen Beziehungen auch auf die Nahost-Politik von Frankreichs ehemaligem Staatschef Charles de Gaulle. Der Ex-General, der Frankreich von 1958 bis 1969 regierte, schlug einen Mittelweg im Nahen Osten ein: Unterstützung und Anerkennung des Staates Israel, aber nicht bedingungslos. De Gaulle verurteilte Israel, nachdem das Land im Juni 1967 den Sechstagekrieg mit einem Präventivschlag auf Ägypten begonnen hatte und verhängte ein Waffenembargo. Im Umgang mit den arabischen Staaten warb er für Umsicht.

"Auch dadurch ist Frankreich in der arabischen Welt und gerade in Ägypten sehr anerkannt", erklärt El Keiy. Das bekommt der Journalist Khaled Saad Zaghloul, der seit 1995 im Elysée akkreditiert ist, hautnah mit. "Die Präsidenten Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy, François Hollande und jetzt Emmanuel Macron haben sich alle mindestens wöchentlich mit Kairo abgestimmt", sagt der Ägypter der DW. "Denn seit dem 1979 unterzeichneten Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel ist Kairo salonfähig." Ägypten war damals das erste arabische Land, dass Israel im Zuge der sogenannten Camp-David-Abkommen offiziell anerkannte.

Eine Reise unter besonderen Vorzeichen

Für Fawaz Gerges, Professor für internationale Beziehungen an der London School of Economics, steht die nun anstehende Reise unter besonderen Vorzeichen. "Macron nutzt das internationale Machtvakuum, um sich als Anführer der westlichen Welt zu präsentieren - schließlich gelten die USA nun als wenig vertrauenswürdig. Deutschland ist noch in Koalitionsverhandlungen. Und es ist sowieso weniger präsent im Nahen Osten, genauso wie Italien und Großbritannien", so Gerges im Gespräch mit der DW. 

Mädchen aus dem Sudan sitzen mit Kopftüchern an Holztischen in einer Schulklasse für Flüchtlingskinder in der ägyptischen Stadt Assuan
Mädchen aus dem Sudan sitzen mit Kopftüchern in einer Schulklasse für Flüchtlingskinder in der ägyptischen Stadt AssuanBild: Khaled Elfiqi/picture alliance

Und Ägypten sei ein Dreh- und Angelpunkt, so der Experte. Mit seinen rund 110 Millionen Einwohnern liegt es an der Kreuzung von Afrika, Asien und Europa. "Was in Ägypten passiert, hat weitreichende Auswirkungen", sagt Gerges. "Das Land ist wichtig in Sachen Migration. Es nimmt viele Flüchtlinge aus Nachbarländern auf und diese ziehen, anders als in Libyen, nicht weiter. Es gilt als Hafen der Stabilität in einer Region, in der es Bürgerkriege gibt und Terrorgruppen aktiv sind."

Journalist Saad Zaghloul sagt, das Land vermittle in allen regionalen Konflikten: "Im Mittleren Osten heißt es, ohne Ägypten kann man weder Krieg führen noch Frieden schließen - Kairo nimmt unter den arabischen Staaten eine Führungsrolle ein."

"Druck aufbauen, um dem Krieg ein Ende zu setzen"

In der ägyptischen Hauptstadt einigten sich Anfang März die 22 Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga auf einen Plan zum Wiederaufbau des Gazastreifens in fünf bis sieben Jahren. Die Bewohner sollen die Küstenregion am Mittelmeer nicht verlassen. Angestrebt wird eine Verwaltung durch die Palästinensische Autonomiebehörde des Westjordanlands. Der Vorschlag steht im Kontrast zu US-Präsident Donald Trumps Plan, die Palästinenser für einen Wiederaufbau des Gazsstreifens nach Ägypten und Jordanien umzusiedeln.

"Der arabische Plan ist eine gute Basis für Diskussionen, muss aber ergänzt werden, was Sicherheitsgarantien und die künftige Regierungsform Gazas angeht", sagt eine Elysée-Sprecherin und fügt hinzu, dass die Ergebnisse des Besuchs später auch Washington vorgelegt werden sollen. Frankreich und Saudi Arabien planen zudem noch in diesem Juni eine Konferenz zur Zwei-Staaten-Lösung. Saad Zaghloul hofft, dass Macrons Reise Früchte trägt. "Frankreich, die EU und Ägypten müssen Druck aufbauen, um dem Krieg endlich ein Ende zu setzen", sagt er.

Palästinensische Frauen und Kinder seitzen auf einen vollbeladnen Eselskarren, daneben laufen Männer, die die Esel führen. Im Hintergrund sind die Trümmer einer offenbar völlig zerstörten Stadt zu sehen
Palästinenser ziehen durch den weitgehend zerstörten Gazastreifen. "Fünf bis sieben Jahre" soll der Wiederaufbau des Landstriches dauern, wenn es nach der Arabischen Liga gehtBild: Dawoud Abu Alkas/REUTERS

Amnesty International fordert indes, dass Frankreich seine Beziehung zu Ägypten auch anders nutzt. Die internationale Nichtregierungsorganisation spricht von einer "Krise der Menschenrechte" und "systematischer Unterdrückung von Oppositionspolitikern und Journalisten" dort. "Macron sollte Menschenrechte explizit in der Abschlusserklärung erwähnen, die Freilassung politischer Gefangener fordern, und dass die Parlamentswahlen diesen August frei und demokratisch stattfinden", fordert die Ägypten-Beauftragte von Amnesty International, Lena Collette, im Gespräch mit der DW. Dem Elysée-Palast zufolge soll das Thema Menschenrechte bei der Reise "erwähnt" werden.