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Zustimmung für Auflösung Jugoslawiens

10. April 2002

- Serbisches und montenegrinisches Parlament stimmen für neuen Staatenbund - Mehrere montenegrinische Minister treten aus Protest zurück

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Köln, 9.4.2002, BETA, B92

BETA, serb., 9.4.2002

Das Parlament Serbiens hat heute (9.4.) das Abkommen über die Neuordnung der Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro verabschiedet. Dieses Dokument war in Belgrad am 14. März von Vertretern der Bundesrepublik Jugoslawien, Serbiens und Montenegros unterzeichnet worden.

Für die Annahme des Abkommens stimmten 146 Abgeordnete der Regierungskoalition DOS, einschließlich der aus der Demokratischen Partei Serbiens (DSS). Gegen das Abkommen stimmten 79 Abgeordnete, darunter auch die Abgeordneten der Christdemokratischen Partei Serbiens und des Neuen Serbien, die zwar ebenfalls Mitglieder der Regierungskoalition sind, jedoch für ein unabhängiges Serbien eintreten. Ein Abgeordneter enthielt sich der Stimme.

Die Abgeordneten der DSS nahmen an der Debatte über das Abkommen aus Protest nicht teil, weil die Mehrheit im Parlament es abgelehnt hat, dass der Präsident der Bundesrepublik Jugoslawien und Vorsitzende der DSS, Vojislav Kostunica, am Ende der Debatte eine Rede vor den Abgeordneten hält.

Serbiens Premier Zoran Djindjic zufolge wird Serbien durch das Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro "nichts verlieren", was auch für die künftige Verfassung gelte. "Zurzeit haben wir einen gemeinsamen Staat, der eine Fiktion ist. Es ist nicht in Ordnung, dass manche Leute, die nicht den Mut haben, mit der Realität konfrontiert zu werden, einer Fiktion nachhängen", sagte Djindjic im serbischen Parlament vor der Abstimmung über das Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro. Nach Djindjics Einschätzung war jede Verfassung seit 1918 für Serbien von Nachteil, "weil sie Mechanismen enthielten, um den Großen zu kontrollieren". "Dies waren alles Ausreden, die zur Unzufriedenheit des Größeren und zu steigendem Appetit der Kleinen führte", sagte der Premier und fügte hinzu, es sei "schwierig, einen Bund zwischen einem Großen und einem Kleinen zu schließen". Der Premier sagte, in drei Jahren werde es erneut die Gelegenheit geben, sich zu dem neuen Staat zu äußern.

Die Demokratische Partei (DS) und die DSS begrüßten heute die Paraphierung des Abkommens über die Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro, während die Abgeordneten einzelner Oppositionsparteien im serbischen Parlament nach der Abstimmung für dieses Abkommen scharf und missbilligend reagierten.

Der Premier Serbiens, Zoran Djindjic, der gleichzeitig auch DS-Vorsitzender ist, ist davon überzeugt, dass das Abkommen Serbien durch diese Art des Bundesstaates ermöglichen werde, "seine Interessen in den Beziehungen zur internationalen Gemeinschaft umzusetzen". "Wir haben heute gezeigt, dass wir uns von einer Illusion befreit haben und bereit sind, auf Realitäten ein gemeinsames Haus aufzubauen, das bescheiden sein wird, das nicht im Barockstil mit irgendwelchen Fassaden errichtet wird, aber man wird darin wohnen können", sagte Djindjic nach Annahme des Abkommens im Parlament der Republik vor der Presse.

Der stellvertretende DSS-Vorsitzende Dragan Marsicanin erklärte vor Journalisten, das Abkommen stelle "ein Dokument" dar, "das bei den bestehenden politischen Verhältnissen auf die bestmögliche Art einen gemeinsamen Staat Serbien und Montenegro errichtet". "Selbstverständlich wir dies letztendlich über die Verfassungscharta geschehen, die verabschiedet wird, nachdem sie in allen drei Parlamenten paraphiert sein wird. Dadurch wird aber auf die bestmögliche Art der Integrationsprozess auf dem Balkan aufgenommen und es ermöglicht, einen Staat auf neuer Grundlage zu errichten", sagte Marsicanin.

Während der Debatte, aber auch als der Premier Serbiens das Schlusswort hielt, reagierten die Abgeordneten der Oppositionsparteien teilweise stürmisch und pfiffen die Redner aus. Am schärfsten reagierten die Abgeordneten der Serbischen Radikalen Partei (SRS), die nach der Abstimmung, beim Verlassen des Saales, den Abgeordneten der Mehrheitsregierung zuriefen, sie seien "Ustaschas". "Bravo, ihr Ustaschas, ihr habt für das gestimmt, was ihr haben wolltet. Ihr seid eine Schande für Serbien", sagte die Abgeordnete der Radikalen Natasa Jovanovic. (...) (md)

B92, engl., 9.4.2002, 1700 GMT

Montenegros Parlament hat dem Abkommen über die Neuordnung der Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro zugestimmt. Lediglich elf Parlamentsabgeordnete stimmten dagegen. Die Demokratische Partei der Sozialisten, die Sozialistische Volkspartei, die Volkspartei und die Serbische Volkspartei - sie alle sprachen sich für das Abkommen aus. Die Sozialdemokratische Partei, die zuvor damit gedroht hatte, der Minderheitsregierung die Unterstützung zu verweigern, sollte das Gesetz verabschiedet werden, reagierte auf die Ratifizierung nicht. Präsident Djukanovics Demokratische Partei der Sozialisten vertrat bei der hitzigen Debatte den Standpunkt, das Abkommen werde nach der im Abkommen erwähnten Frist von drei Jahren zur Unabhängigkeit Montenegros führen. (TS)

B92, engl., 10.4.2002

Montenegros Vize-Premierminister Zarko Rakcevic und weitere Minister von der Sozialdemokratischen Partei sind angesichts der gestrigen Parlamentsentscheidung, die Regierung in der Frage des Abkommens über die Neuordnung der Bundesbeziehungen zu unterstützen, zurückgetreten. Arbeitsminister Dragisa Burzan und der Minister für Verkehrs- und Kommunikationswesen traten gemeinsam mit Rakcevic zurück. Rackcevic teilte heute Morgen mit, Außenminister Branko Lukovac habe ebenfalls sein Amt aufgegeben. Lukcovac ist nicht Mitglied der Sozialdemokraten, die Partei hatte ihn aber für den Posten des Außenministers nominiert.

Die Partei bezeichnete das Belgrader Abkommen, das im vergangenen Monat vom EU-Außenbeauftragten Javier Solana durchgesetzt worden ist, als schädlich für den Staat Montenegro und die nationalen Interessen bezeichnet. (TS)