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Brucellose-Ausbruch in China

6. November 2020

Brucellose, eine bakterielle Krankheit mit grippeähnlichen Symptomen, hat mehr als 6000 Menschen in einem einzelnen Ausbruch im Nordwesten Chinas infiziert. Ein Déjà-vu, aber kein Grund zur Panik.

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Laborarbeit in einem Forschungszentrum in Lanzhou, China
Bild: VCG/imago images

Mehr als ein Jahr nach dem Austreten von Bakterien aus einer Fabrik für Impfstoffe gegen Brucellose in Nordwestchina gibt es Sorge um das wahre Ausmaß der Infektionen und um die Folgen.

Wie die Gesundheitskommission der Stadt Lanzhou in der Provinz Gansu auf ihrer Webseite berichtete, seien bei 3245 Menschen Infektionen mit den Brucella-Bakterien bestätigt worden. Weitere 1400 gelten als Verdachtsfälle. Mehr als 21.000 Menschen wurden getestet. 

Auch wenn diese Meldung im ersten Moment an die Berichte über das chinesische Forschungslabor erinnert, aus dem SARS-CoV2 entwichen sein soll - diesmal handelt es sich zumindest um keine unbekannte bzw. neuartige Krankheit. 

Nichtsdestotrotz erinnern auch diese Fälle wieder einmal daran, wie schnell Krankheitserreger vom Tier auf den Menschen überspringen können, wenn der natürliche Puffer schrumpft - die Städte immer weiter wachsen, die Menschen enger zusammen rücken und unberührte Natur weiter verdrängt wird.

Was ist Brucellose?

Bei der Brucellose handelt es sich um eine Zoonose, die durch Infektion mit Bakterien der Gattung Brucella erworben wird. Die Krankheit ist bei Haus- und Nutztieren mit größeren regionalen Unterschieden weltweit verbreitet. Der Mensch wiederum ist durch infizierte Nutztiere gefährdet. Endemiegebiete sind der Mittelmeerraum, die Arabische Halbinsel, Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika.

In Deutschland gelten die Rinderbestände sowie die Schaf- und Ziegenbestände als Brucellose-frei. Auftretende Erkrankungsfälle bei Tieren sind daher in der Regel durch Tierhandel importiert oder wurden von Wildtieren auf Nutztiere übertragen. Brucellose unterliegt dem Infektionsschutzgesetz. In Deutschland wurden in den letzten Jahren 24-37 Fälle pro Jahr registriert. 

Gesundheitshinweis "Staatlich anerkannter brucellosefreier Bestand" auf Kuhstall
In Deutschland gelten die Rinderbestände sowie die Schaf- und Ziegenbestände gemeinhin als Brucellose-freiBild: Christine König/dpa/picture-alliance

Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist extrem selten und bisher fast nur bei stillenden Müttern berichtet worden. In Einzelfällen kam es durch Knochenmarktransplantationen, Bluttransfusionen und Geschlechtsverkehr zur Übertragung.

Wie verläuft eine Infektion?

Meist stecken sich Menschen durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren und über kontaminierte Lebensmittel an. Die wichtigste Infektionsquelle ist kontaminierte, nicht-pasteurisierte Milch bzw. aus ihr hergestellte Produkte - etwa Rohmilchkäse.

Die Aufnahme des Erregers erfolgt jedoch nicht ausschließlich über den Magen-Darm-Trakt, sondern auch über die Bindehaut, die Atemwege und über verletzte Haut. Die Brucellose ist eine der häufigsten durch Bakterien verursachten im Labor erworbenen Infektionen.

Die Inkubationszeit beträgt fünf bis 60 Tage. Die Diagnose gestaltet sich indes schwierig, da die meisten Fälle subklinisch verlaufen, also mit sehr geringen, milden bis unterschwelligen klinischen Symptomen.

Dazu kommt, dass eine Brucella-Infektion mit sehr unterschiedlichen Symptomen einhergehen kann. Dazu gehören grippeähnliche Symptome, wie Fieber, Übelkeit, Müdigkeit und Kopfschmerzen, aber auch Nachtschweiß, Appetitverlust und Magen-Darm-Beschwerden.

Nicht erkannte oder schlecht behandelte Fälle können auch chronisch werden.

Was sind Zoonosen?

Bei bestehendem Verdacht erfolgt eine Blutuntersuchung im Labor, deren Ergebnis innerhalb von einigen Tagen vorliegt. Im Blutserum lassen sich bei einer Infektion spezifische Antikörper gegen den Erreger nachweisen.

In der Regel wird Brucellose mit einer Kombination aus verschiedenen Antibiotika behandelt. Bei einem akuten Verlauf dauert die Therapie sechs bis zwölf Wochen. Bei einem chronischen Verlauf verlängert sich die Antibiotika-Behandlung auf bis zu sechs Monate. Der Erfolg der Therapie wird mit regelmäßigen Blutuntersuchungen überwacht.

Wie schützt man sich?

In der Veterinärmedizin gibt es zwei Lebendimpfstoffe; eine Impfung gegen Brucellose beim Menschen ist noch nicht möglich.

Um einer Infektion vorzubeugen sollten Menschen unbedingt - insbesondere in Ländern, in denen der Erreger noch weit verbreitet ist - kein rohes Fleisch verzehren und Milch abgekochen bzw. auf pasteurisierte Milch zurückgreifen. 

Personen, die beruflich viel mit Tieren zusammen sind, wie Tierärzte oder Landwirte, sollten sich nach jedem Kontakt die Hände gründlich reinigen und desinfizieren und die Kleidung wechseln.

Das Robert-Koch-Institut stellt hier eine Info-Seite zu Brucellose bereit

Lanzhou, im Nordwesten Chinas
Die Ursache für das Austreten der Bakterien bei der Impfstoff-Firma in Lanzhou im Juli und August 2019 waren laut Gesundheitskommission abgelaufene DesinfektionsmittelBild: Chen Bin/Xinhua/imago images

Was geschah in Lanzhou?

Die Ursache für das Austreten der Bakterien bei der Impfstoff-Firma im Juli und August 2019 waren laut Gesundheitskommission abgelaufene Desinfektionsmittel, die zu mangelnder Sterilisation von Abfällen in Tanks geführt hätten.

Die Bakterien in Flüssigkeiten seien durch Aerosole über die Entlüftung in die Umwelt gelangt. Studenten und Lehrer des umliegenden Tierforschungsinstituts der Akademie für Agrarwissenschaften in Lanzhou seien so infiziert worden. 

Im Dezember 2019 waren nach Angaben von Staatsmedien zunächst fast 200 positiv auf Antikörper getestet worden. Nur ein Fall zeigte nach Angaben der Staatsmedien auch Symptome. Die neuen Zahlen deuten aber darauf hin, dass das Ausmaß größer ist als bisher bekannt war. 

Die parteinahe Zeitung "Global Times" sprach von "weitverbreiteter Sorge in der Öffentlichkeit über Behandlung und Konsequenzen für infizierte Personen".  Im chinesischen Kurznachrichtendienst Sina Weibo kletterte das Thema an die Spitze der Suchliste. Millionen Menschen suchten nach mehr Informationen über die Krankheit. 

Im Januar 2020 war der Fabrik die Lizenz zur Produktion der Impfstoffe gegen Brucellose entzogen worden. Die Firma entschuldigte sich im Februar für die Vorfälle. Mitte Juli starteten die Gesundheitsbehörden eine Kampagne gegen die Infektionen.

Die Tests sind kostenlos. Auch gibt es standardisierte Behandlungen. Die Opfer sollen zudem eine Entschädigung erhalten.

Nach der jüngsten Meldung der Global Times wurden mittlerweile acht Personen zur Rechenschaft gezogen, insgesamt wurden bisher 55.725 Personen in der Nähe der Fabrik getestet, was 97,5 Prozent der Gesamtbevölkerung im Unterbezirk Yanchang Road, des dem am schlimmsten betroffenen Gebiets, entspricht. 6620 Personen wurden als infiziert bestätigt.

Hannah Fuchs Multimedia-Reporterin und Redakteurin mit Fokus auf Technik, digitalen Themen und Psychologie.