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PolitikJemen

Wohin führen die amerikanischen Luftangriffe im Jemen?

25. März 2025

Die Huthi attackieren erneut die internationale Schifffahrt, US-Präsident Trump lässt wieder Ziele im Jemen bombardieren. Eine Folge scheint schon jetzt klar: Die humanitäre Lage im Land dürfte sich weiter verschärfen.

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Neu rekrutierte Huthi-Kämpfer bei Zeremonie am Ende ihrer Ausbildung, Sanaa, 2024
Unter Druck: US-Präsident hat erklärt, er werde die Huthi-Miliz besiegen Bild: Osamah Yahya/ZUMA/IMAGO

Mike Waltz, Nationaler Sicherheitsberater der USA, zeigte sich zufrieden: Die jüngsten US-Luftangriffe auf Ziele der extremistischen Huthi-Miliz im Jemen hätten wichtige Führungspersonen der Gruppe ausgeschaltet, erklärte er am Sonntag (23.03.) dem US-Sender CBS. Getötet worden sei unter anderen der Leiter des Raketenprogramms der Miliz. "Wir haben ihr Hauptquartier getroffen. Wir haben Kommunikationsknotenpunkte, Waffenfabriken und sogar einige ihrer Produktionsstätten für Überwasserdrohnen getroffen", so Waltz.

Am 15. März hatten die USA eine massive Militäraktion begonnen, um die Angriffe der von Washington als Terrororganisation eingestuften Miliz auf die Schifffahrt im Roten Meer zu beenden. Dabei waren nach Huthi-Angaben 53 Menschen getötet und knapp hundert weitere verletzt worden.

Unterdessen erklärten die Huthi am späten Sonntagabend, dass bei neuen, den USA zugeschriebenen Angriffen in der Hauptstadt Sanaa erneut ein Mensch getötet worden sei. 13 weitere seien verletzt worden, darunter drei Kinder. Die USA bestätigten die neuen Angriffe zunächst nicht ausdrücklich. Aus dem für den Nahen Osten zuständigen US-Militärkommando Centcom hieß es allerdings, das Kommando führe "jeden Tag und jede Nacht im Jemen Angriffe auf mehrere Standorte der vom Iran unterstützten Huthis" aus.

Waltz erklärte am Sonntag auch, dass die Fahrt von US-Schiffen durch das Rote Meer aufgrund von Huthi-Angriffen schwer beeinträchtigt sei. Drei Viertel der unter US-Flagge fahrenden Schiffe seien gezwungen, den längeren und teuren Umweg um die Südspitze Afrikas in Kauf zu nehmen, statt durch den Suezkanal zu fahren, so Waltz. "Das letzte Mal, als einer unserer Zerstörer durch die Meerenge fuhr, wurde er 23 Mal angegriffen."

"Anhaltende Welle" von US-Luftschlägen

"In den letzten Tagen beobachten wir eine anhaltende Welle amerikanischer Luftangriffe, die den Huthi weiteren Schaden zufügen wird", sagt Thomas Juneau, Nahost-Analyst an der Universität Ottawa in Kanada, im DW-Gespräch. "Allerdings haben die Huthi im Laufe der Jahre umgekehrt gezeigt, dass sie Militärschläge sehr effektiv absorbieren können. Diese kamen zunächst aus Saudi-Arabien [während des Bürgerkriegs im Jemen ab 2014, Anm. d. Red.] und während der letzten 14 Monate aus den USA und Großbritannien", so Juneau.

Kurz nachdem die radikal-islamische, von mehreren westlichen Staaten und Organisationen als Terrororganisation eingestufte Hamas am 7. Oktober 2023 einen großangelegten Terroranschlag gegen Israel durchgeführt hatte, begannen die Huthi, Israel und internationale Frachter im Roten Meer zu beschießen - laut eigener Aussage, um auf diese Weise die Hamas und Palästinenser zu unterstützen.

Während des Waffenstillstands zwischen Israel und der Hamas Anfang dieses Jahres stoppten auch die iranisch unterstützten Huthi ihre Angriffe. Doch seit Wiederaufnahme der israelischen Angriffe im Gazastreifen Anfang vergangener Woche greifen sie erneut die internationale Schifffahrt an. Darauf reagierte umgehend auch US-Präsident Donald Trump und forderte auf seiner Plattform Truth Social, die Huthi müssten "vollständig vernichtet" werden.

Ein bewaffneter Mann in Sanaa nach einem US-Luftangriff
Bewaffneter Mann in Sanaa nach einem US-Luftangriff. Bei den Angriffen sterben auch ZivilistenBild: Khaled Abdullah/REUTERS

Warnungen Trumps 

"Für die Trump-Administration ist ein Angriff auf die Huthi ein leichter Sieg, ein leicht erreichbares Ziel, um die amerikanische Militärmacht zu demonstrieren", sagt Burcu Özcelik vom Londoner Royal United Services Institute, im DW-Gespräch. "Ob Luftangriffe jedoch ausreichen werden, um den Huthi das Genick zu brechen, ist jedoch eine andere Frage."

Trump warnte den Iran außerdem davor, die Huthi weiterhin zu bewaffnen. Er werde den Iran für alle Angriffe der Gruppe verantwortlich machen. Dort behauptet man ein weiteres Mal, schlichtweg der falsche Adressat zu sein: "Teheran hat keine Stellvertreter in der Region und die von ihm unterstützten Gruppen agieren unabhängig", erklärte der starke Mann des Regimes, das geistliche Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei. 

Iran und die Huthi: eine komplexe Beziehung

Tatsächlich sind die Beziehungen komplex. "Das iranische Regime versucht, eine Distanz zu den Huthi zu behaupten", sagt Özçelik. "Zwar hat der Iran tatsächlich nicht allein das Sagen und kontrolliert die Huthi auch nicht vollständig. Doch die Gruppe hätte ihr Waffenarsenal ohne die iranische Schirmherrschaft nicht aufbauen können", so der Experte.

Ähnlich sieht es Thomas Juneau. "Der Iran und die Huthis arbeiten zusammen, koordinieren ihre Politik und tauschen Informationen aus", so der Experte. Doch er meint: "Die Huthis nehmen vom Iran keine Befehle entgegen."

Einem kürzlich veröffentlichten Report des Magazins Foreign Policy zufolge verändert sich die Rolle der Huthi derzeit. Innerhalb der iranisch angeführten "Ache des Widerstsnds" nehme ihre Bedeutung zu. Nachdem die Verteidigungs- und Angriffsfähigkeit der libanesischen Hisbollah zuletzt stark zurückging, seien nun die Huthi der am besten ausgerüstete und finanzierte nichtstaatliche Partner des Iran.

Abdul-Malik al-Huthi Abdul-Malik al-Huthi, Sanaa, 2025
Huthi-Führer Abdul-Malik al-HuthiBild: SalamPix/ABACA/IMAGO

Humanitäre Lage verschärft sich abermals

Komplex ist im Jemen auch die innenpolitische Lage. Angesichts ihres harten Vorgehens gegen Kritiker und Oppositionelle und der sich nochmals verschärfenden humanitären Lage wächst die Kritik an der Herrschaft der Huthi.

"Den meisten Jemeniten ist mittlerweile klar, dass die Huthis das Land in endlose Konflikte hineingezogen haben", sagt etwa Muammar, ein 30 Jahre alter Vater. Aus Angst vor Repressalien bat er die DW, seinen vollständigen Namen nicht zu veröffentlichen. Ähnlich sieht es Maha (ebenfalls anonymisiert), eine zweifache Mutter aus der Hafenstadt Hodeida. "Die Lage im Land verschlechtert sich von Tag zu Tag. Ich höre viele Menschen, die sich die Vertreibung der Huthi wünschen, selbst wenn dies durch einen Krieg geschieht", sagt sie der DW.

Unklar ist, wieviel Unterstützung die Huthi dennoch in Teilen der Bevölkerung genießen. Ihre Vorgehen gegen Israel bringt ihnen durchaus auch Sympathien ein.  Immer schlechter wird hingegen die humanitäre Lage. Wiederholte Entführungen von UN-Mitarbeitern durch die Huthi, von der Miliz zu verantwortende Plünderungen, aber auch Kürzungen der amerikanischen Entwicklungsgelder und vor allem weitere Luftangriffe dürften die Lage für die Bevölkerung absehbar weiter verschärfen.

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.

Angriffe der Huthi: Eskaliert der Krieg im Nahen Osten?

Jennifer Holleis
Jennifer Holleis Redakteurin und Analystin mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika.