Wim Wenders in seinen eigenen Worten
Mit 80 Jahren blickt der deutsche Regisseur auf 5 Jahrzehnte des Filmemachens zurück. Seine Beobachtungen geben einen persönlichen Einblick in seine Denkweise und sein Schaffen.
Über Engel
"Für mich waren 'Engel' eine Metapher für den besseren Menschen, den wir in uns tragen und der wir so oft sein möchten, das Kind in uns." Der katholisch erzogene Wenders, der später protestantisch wurde, zeigte in zwei Filmen Schutzengel, die er als von Gott auf die Erde gesandte Boten darstellte: in "Der Himmel über Berlin" (1987) und in dessen Fortsetzung "In weiter Ferne, so nah!" (1993).
Über Roadmovies
"Damals erschien mir das Filmen auf Reisen das Natürlichste der Welt. Einfach nirgendwo anhalten oder gar ankommen! Nicht umsonst werden Filme als 'bewegte Bilder' bezeichnet.” Von seinem umfangreichen Werk sind es vor allem die Roadmovies, die für Wim Wenders stehen. Er hat selten ein festes Drehbuch, sondern lässt den Film sich in chronologischer Reihenfolge entfalten, wie eine Reiseroute.
Über Fotografie
"Da ich Menschen nicht an die Orte dieser Welt bringen kann, die ich entdeckt habe und die mir gefallen, gibt mir die Fotografie die Möglichkeit, diese Orte zu ihnen zu bringen." Wenders' Liebe zur Fotografie begann, als sein Vater ihm mit 12 Jahren eine 8-mm-Leicina-Kamera schenkte. Später machte er während Dreharbeiten Polaroids und Fotos von weiten, öden Landschaften, die seine Werke prägen.
Über Musik
"Für mich gehören Musik und Film zusammen, denn Musik bedeutet auch, mit den Ohren zu sehen. Ich kann mir keinen meiner Filme vorstellen, in dem Musik keine Hauptrolle spielt." Sein Dokumentarfilm "Buena Vista Social Club" (1999, Bild) über Musiker des "Son Cubano", einen traditionellen kubanischen Musikstil, führte dazu, dass das mit einem Grammy ausgezeichnete Album millionenfach verkauft wurde.
Über Americana und die USA
"Ein Film in Amerika ist immer auch ein Film über Amerika." Wenders lernte Amerika zunächst durch Musik und Filme kennen. Seine Filme und Fotografien zeigten oft "typisch amerikanische Motive": Coca-Cola, Motelschilder an verlassenen Autobahnen, Leuchtreklamen und Werbetafeln. Später wurde er kritischer gegenüber dem "amerikanischen Traum, der von Anfang an eine Erfindung des Films war".
Über Japan und Regisseur Yasujirō Ozu
"Ich war wie nie zuvor in einem Kino tief im Herzen berührt. Ich saß da mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund. Ich habe auch die meiste Zeit geweint, aber es gar nicht bemerkt." Wenders sah Ozus Filme zum ersten Mal 1972 in einem Kino in New York City und war nachhaltig beeindruckt. Er ist seit langem ein Fan Japans: "Ich hatte schon Heimweh nach Japan, bevor ich jemals dort gewesen war."
Über Modedesigner Yōji Yamamoto
"Was mich an Yōji Yamamoto beeindruckt hat, war, wie viel Geschichte er in einer Jacke oder einem Hemd zum Ausdruck bringen kann. Es geht nie nur um den Schnitt, die Form oder den Stoff, man fühlt sich in den von ihm entworfenen Kleidern einfach zu Hause." Wenders - hier zu sehen, wie er 2024 für Yōji Yamamoto über den Laufsteg läuft - drehte 1989 einen Film über den japanischen Designer.
Über den heiligen Franz von Assisi und den Dreh mit dem nach ihm benannten Papst Franziskus
Als kleiner Junge bewunderte Wenders den heiligen Franz von Assisi: "(Er) sprach mit Vögeln; er nannte die Sonne und den Mond 'Schwester' und 'Bruder'. Ich liebte ihn mehr als alles andere. Er war mein wahrer Held." Wenders erzählte dem "New Yorker", dass ihn dies bei seiner Arbeit am Dokumentarfilm "Papst Franziskus: Ein Mann seines Wortes" (2018) über den 2025 verstorbenen Papst inspirierte.