Wildtierschmuggel: 5000 Ameisen und ein globales Problem
8. Mai 2025Hier krabbelts gewaltig. In Kenia wurden vier junge Männer wegen des versuchten Schmuggels von Ameisen schuldig gesprochen. Die zwei Belgier, ein Vietnamese und ein Kenianer erhielten Geldstrafen von rund 6150 Euro. Zwar gaben die Männer den Besitz der Insekten zu, bestritten aber die Schmuggelabsicht.
Der Fall flog im April am Jomo Kenyatta Flughafen in Nairobi auf, als Sicherheitskräfte in Gepäckstücken der Männer insgesamt über 5000 Ameisen entdecken, verpackt in 2244 kleinen Röhrchen, welche die beiden Belgier mit sich führten. Die beiden anderen Verurteilten lagerten ihre Ameisen in mit Baumwolle gefüllten Spritzen.
Seltene Ameisenarten aus Ostafrika
Die Polizei schätzte den Wert der Ameisen, die die Belgier mit sich führten, auf über 6800 Euro. Eine eher konservative Schätzung. Denn unter den Ameisen waren auch Tiere der seltenen Ameisenart Giant African Harvester Ant (Messor cephalotes). Eine einzelne Königin dieser Art wird umgerechnet auf mindestens 87 Euro geschätzt. Doch Liebhaber zahlen weit mehr dafür. Der Gewinn der beiden Schmuggler hätte also durchaus in die Hunderttausende gehen können.
Die beiden Fälle stehen in keinem Zusammenhang, wurden aber gemeinsam verhandelt. Einer der Belgier ist laut der Anklageschrift ein "Ameisen-Fan", der Zuhause ganze Ameisenkolonien hielt und Mitglied der Facebook-Gruppe "Ameisen und Ameisenhaltung" war. Er sagte im Polizeiverhör aus, nicht gewusst zu haben, dass der Transport von Ameisen illegal ist.
Biopiraterie im Kleinen
Die kenianische Wildtierbehörde (KWS) sprach von einem Präzedenzfall. Sie wirft den jungen Männern Biopiraterie vor, so die Deutsche Press-Agentur (dpa). Der Schmuggel verstoße gegen das Nagoya-Protokoll.
Biopiraterie bezeichnet die kommerzielle Nutzung oder den Export von biologischem Material - wie Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen - ohne angemessene Entschädigung oder Vorteilsausgleich für das Ursprungsland. Damit würden lokalen Gemeinden und Forschungseinrichtungen potenzielle ökologische und wirtschaftliche Vorteile genommen.
Wildtierschmuggel wandelt sich
Der Fall in Kenia zeigt nach Einschätzung der dortigen Wildtierbehörde auch: Der illegale Handel könnte sich von den ikonischen, leicht erkennbaren Säugetieren künftig auf unbekanntere Arten verlagern.
Laut "World Wildlife Crime Report 2024" des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) zählen Nashorn, Pangolin und Elefant noch immer zu den am häufigsten betroffenen Tierarten. Die Wildtierkriminalität gilt als das viertgrößte Delikt des organisierten Verbrechens weltweit.
Insekten machen bislang noch den kleineren Teil aus. Doch dass die Giant African Harvester Ant so begehrt ist, hat laut KWS folgenden Grund: Ihr Verhalten sei einzigartig und sie verfügten über komplexe Fähigkeiten bei der Koloniebildung. Sammler halten sie zur Beobachtung in sogenannten Formicarien. Die Giant African Harvester Ant ist die größte ihrer Art und kann bis zu 20 mm groß werden, wobei die Königin bis zu 25 mm groß wird.
"Schmuggler unterschätzen den ökologischen Wert"
In ihrer Urteilsbegründung betonte die Richterin Njeri Thuku, auch jede kleine Tierart müssen geschützt werden: "Unsere Wildtiere, von Ameisen bis zu Elefanten, erhalten unsere Ökosysteme und unser nationales Erbe", so Thuku. Auch KWS stimmt dem zu. "Schmuggler unterschätzen oft den ökologischen Wert kleinerer Arten, aber ihre Rolle in unserem Ökosystem ist unersetzlich", hieß es in einer Stellungnahme.
Das stimmt. Ameisen sind wichtige Akteure in Ökosystemen: Sie verbessern Böden, regulieren Schädlinge, verbreiten Samen und leben in ökologisch wertvollen Symbiosen. Werden sie in neue Lebensräume eingeschleppt, kann dies unter Umständen fatale Folgen haben.
Die Rote Feuerameise ist ein Paradebeispiel dafür. Heimisch in Südamerika, breitet sich heute bis nach Europa aus, verdrängt andere Arten und richtet massive Schäden in Landwirtschaft und Natur an. Doch es gibt auch andere Vertreter, wie der Japankäfer, die Pazifische Auster, die Bisamratte und viele mehr.
Gefahr für Mensch und Tier
Allerdings erhöht der illegale Handel mit Wildtieren nicht nur den Druck auf bedrohte Arten und Ökosysteme, sondern birgt auch ernsthafte Gesundheitsrisiken für den Menschen.
Beim Transport und der Haltung lebender Tiere - oft unter unhygienischen Bedingungen - kann es zur Übertragung sogenannter Zoonosen kommen, Krankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen können. Beispiele sind Salmonellen, einige Coronaviren, Mpox, Vogelgrippe oder Ebola.
Rund drei Viertel aller neuartigen Infektionskrankheiten sind Zoonosen. Forschende gehen aktuell davon aus, dass allein in Säugetieren und Vögeln 540.000 bis 850.000 bisher unentdeckte Viren schlummern, die das Potenzial haben, Menschen zu infizieren.
Der Naturschutzbund (NABU) nennt Wildtierhandel ein "Rezept für Pandemien". Fast die Hälfte aller neuen zoonotischen Krankheiten, die seit 1940 vom Tieren auf den Menschen übergesprungen sind, ließen sich auf Veränderungen in der Landnutzung, der Landwirtschaft oder der Jagd auf Wildtiere zurückführen. Und dazu gehört auch der Handel mit Wildtieren oder ihren Produkten, selbst den kleinsten.