Wiederaufbau in Gaza: Zweistaatenlösung statt "Riviera"
3. März 2025In Badehose und mit einem Cocktail am Strand: Ein mit Hilfe von Künstlerischer Intelligenz (KI) erstelltes Video zeigt Donald Trumps Zukunftsvision für den Gazastreifen.
Beim Gaza-Gipfel am 4. März in Kairo wollen die Staaten der Arabischen Liga dieser Vision von einer "Riviera des Nahen Ostens" etwas entgegensetzen.
In dem kürzlich auf dem offiziellen Trump-Instagram-Account geposteten Beitrag räkelt sich Trump mit nacktem Oberkörper in einem Strandresort. Neben ihm, ebenfalls in Badehose, der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu. Eine Stimme verspricht: "Keine Tunnel mehr, keine Angst mehr, Trumps Gaza ist endlich da."
Empörung über Vertreibungspläne
Nicht erwähnt wird in dem Video, dass zu dem Trump-Plan die Vertreibung von rund zwei Millionen Palästinensern gehört, höchstwahrscheinlich nach Ägypten und Jordanien. Die Idee sorgte international für Empörung. Die UNO erklärte, dass ein solcher Schritt als ethnische Säuberung betrachtet werden könnte.
Im Gazakrieg wurden nach Angaben UN-Agentur OCHA rund 48.000 Menschen getötet, die meisten von ihnen durch israelische Luftangriffe, und mehr als 60 Prozent der Gebäude zerstört. Der Militäreinsatz gilt als Vergeltung Israels für den Terrorangriff der Hamas auf das Land am 7. Oktober 2023. Bei der Attacke wurden rund 1200 Menschen getötet und etwa 250 Israelis als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Die Hamas ist eine militante, islamistische, palästinensische Gruppe. Die Europäische Union, ebenso wie die USA, Deutschland und weitere Länder stufen die Hamas als Terrororganisation ein.
Wiederaufbau kostet Milliarden
Laut Schätzungen der Weltbank werden für den Wiederaufbau des Gazastreifens über einen Zeitraum von zehn Jahren rund 53,2 Milliarden US-Dollar (51 Mrd. EUR) benötigt. Dabei seien in den ersten drei Jahren 20 Milliarden US-Dollar (19,2 Mrd. EUR) für die Wiederherstellung der Grundversorgung, den Wiederaufbau der Infrastruktur und die Förderung der wirtschaftlichen Erholung erforderlich.
Beim bevorstehenden Notfall-Gipfel für den Gazastreifens der Arabischen Ligaam 4. März in Kairo soll nun erneut über den Wiederaufbau in der Region beraten werden. "Ägypten zielt ganz klar darauf ab, einen alternativen Plan zum Trump-Vorschlag für den Gazastreifen zu präsentieren", sagt Riccardo Fabiani, Direktor des Nordafrika-Projekts beim Think Tank International Crisis Group, gegenüber DW.
"Die beiden Grundsätze des gemeinsamen arabischen Vorschlags für den Wiederaufbau des Gazastreifens sind eine künftige politische Strategie, die auf der Zweistaatenlösung basiert. Es gibt keinerlei Vorschläge für eine Vertreibung der lokalen palästinensischen Bevölkerung."
Konsultationen mit der Hamas?
Die Zukunftspläne, die auf dem Gipfeltreffen am 4. März erörtert werden, könnten allerdings schnell an ihre Grenzen stoßen. "Es gibt nicht allzu viele Optionen, die von den Amerikanern und den Israelis als akzeptabel angesehen werden könnten", erklärt Fabiani. Israel habe wiederholt erklärt, dass es die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates nicht unterstütze.
"Die arabischen Staatschefs werden auch vorschlagen, ein Komitee aus Fachleuten einzusetzen, das den Wiederaufbau überwachen könnte", so Fabiani weiter. Ein solches Komitee aus Ingenieuren, Architekten, Ökonomen und Planern müsste jedoch auch von der offiziellen Hamas in Gaza akzeptiert werden.
"Für die Ägypter wird es entscheidend sein, dass die Hamas nicht direkt an den Verhandlungen beteiligt ist, aber dennoch zu den Wiederaufbaubemühungen im Gazastreifen konsultiert wird", meint Fabiani. Die Israelis hingegen wollten die Hamas auf keinen Fall in den Prozess einbinden, und die USA seien ebenfalls sehr skeptisch.
"Interne Probleme der arabischen Welt"
Nathan Brown, Professor für Politikwissenschaft und internationale Angelegenheiten an der George Washington University, hält einen gemeinsamen arabischen Vorschlag für eine "theoretisch sehr starke Idee".
"Wenn die arabische Welt geschlossen hinter einem spezifischen Vorschlag stünde, der besagt: 'Wir werden beim Wiederaufbau in Gaza helfen, wir werden bei der Normalisierung der Beziehungen [zwischen Israel und Saudi-Arabien] helfen, wir werden dabei helfen, eine Region aufzubauen, in der dieses Problem endlich hinter uns liegt', dann wäre es für eine US-Regierung sehr schwierig, eine Kooperation zu verweigern", sagte er der DW.
In der Praxis gebe es jedoch alle möglichen Hindernisse, fügt er hinzu. "Erstens: Der amerikanische Präsident selbst ist notorisch unberechenbar. Hinzu kommt der Widerstand von den Verbündeten der israelischen Rechten innerhalb der amerikanischen Regierung", so Brown. "Und: Israel selbst ist in dem Prozess ein unglaubliches Hindernis."
Daher, so Brown, "müsste jede arabische Initiative, die darauf beruht, die Palästinenser als nationale Einheit zu behandeln, stark sein und irgendwie die israelische Öffentlichkeit überzeugen." Oder sie müssten die USA davon überzeugen, intensiven Druck auf Israel auszuüben, so Brown.
Damit nicht genug. Erschwerend hinzu kämen außerdem die "internen Probleme innerhalb der arabischen Welt". Es sei unwahrscheinlich, dass es diesen Länder jetzt gelänge, ein strategisches Ziel zu definieren und es zu verfolgen, so Brown gegenüber der DW.
"Letzte Chance für Zwei-Staaten-Lösung"
Trotz dieser Widrigkeiten könnte sich die derzeitige Situation als eine Chance erweisen. Sigrid Kaag, die neu ernannte UN-Sonderkoordinatorin für den Friedensprozess im Nahen Osten, erklärte diese Woche vor dem UN-Sicherheitsrat, dass dies "die letzte Chance sein könnte, eine Zweistaatenlösung zu erreichen".
Die erste Phase des brüchigen Waffenstillstands zwischen Israel und der Hamas endete am 1. März, und um die Einzelheiten der nächsten Phase wird weiter gerungen. Kaag rief beide Seiten auf, eine Rückkehr zum Krieg um jeden Preis zu vermeiden.
Experte Fabiani von der International Crisis Group plädiert dafür, sich beim Gipfel in Kairo auf das Thema Wiederaufbau zu konzentrieren: "Angesichts der Unklarheit über den Kompromiss- und Handlungsspielraum könnten die Ägypter meiner Meinung nach dem Wiederaufbau Vorrang einräumen und dem politischen Prozess - der schließlich mit der Gründung eines palästinensischen Staates an der Seite Israels enden würde - den zweiten Platz einräumen".
Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.