Wie Touristenorte Urlauber zur Kasse bitten
10. März 2025Susanne Meier lässt sich von dem hohen Preis nicht abschrecken: Die 39-Jährige ist bereits zweimal in Bhutan gewesen, dem Land mit der weltweit höchsten Übernachtungssteuer für Touristen. Derzeit werden dort pro Person und Tag 100 US-Dollar fällig – zusätzlich zu den auch sonst nicht gerade günstigen Preisen für Unterkunft und Verpflegung. "Die Menschen dort wollen einen sanften Tourismus, keinen Billig-Tourismus", sagt Meier, die beim Reiseunternehmen Bhutan Travel mit Sitz im bayrischen Moosburg arbeitet. "Wenn man den positiven Effekt sieht, den die Übernachtungssteuer dort hat, dann zahlt man das gerne", sagt sie. Das hätten bisher auch alle ihre Kunden so gesehen.
26 Millionen für die nachhaltige Entwicklung
Die Einnahmen aus der sogenannten Gebühr für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Fee) kommen den Menschen in Bhutan zugute, heißt es bei der Tourismusbehörde des im Himalaja gelegenen buddhistischen Landes. Investiert werde in die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, in das Bildungswesen, in die Verbesserung der Infrastruktur, in den Umweltschutz sowie Initiativen zur Unterstützung lokaler Unternehmen. 26 Millionen US-Dollar kamen im Jahr 2023 zusammen. Die Gebühr begrenzt aber auch die Zahl der Touristen, 2023 waren es gerade einmal 103.000, die sich einen Bhutan-Urlaub leisteten – bei knapp 800.000 Einwohnern.
Nur geringfügig mehr Menschen leben auf Mallorca. Allerdings kamen im vergangenen Jahr mehr als 13 Millionen Urlauber auf die spanische Mittelmeerinsel. Kein Wunder, dass man sich dort Gedanken macht über die Grenzen des Massentourismus. Auch auf Mallorca müssen Urlauber seit 2016 eine Sonderabgabe zahlen. Je nach Hotelkategorie beträgt diese bis zu vier Euro pro Tag. Die Balearen-Regierung plant nun eine Anhebung auf bis zu sechs Euro. Im Winter soll sie dagegen ganz wegfallen. Mit dem Geld werden Projekte finanziert, die Mallorca nachhaltiger machen sollen. Zur Reduzierung der Touristenzahl führt die Steuer jedoch nicht. Jahr für Jahr schreibt die Insel neue Rekorde.
Bisher keine abschreckende Wirkung
"Der Effekt solcher Abgaben auf die touristische Nachfrage ist sehr gering", sagt Jaume Rosselló, Professor für angewandte Ökonomie an der Balearen-Universität in Mallorcas Hauptstadt Palma. Zumindest bei den üblicherweise geforderten Summen. In Barcelona etwa zahlen Urlauber derzeit je nach Hotelkategorie bis zu 7,50 Euro am Tag, kürzlich wurde eine Verdoppelung angekündigt. In Berlin sind es 7,5 Prozent des Übernachtungspreises, in Paris bis zu 15,60 Euro. Ab welcher Größenordnung es einen abschreckenden Effekt gibt, sei ungewiss, sagt Rosselló.
Laut Harald Zeiss vom Institut für Nachhaltigen Tourismus in Wernigerode werden die Einnahmen in vielen Destinationen genutzt, um Umweltbelastungen auszugleichen, nachhaltige Projekte zu finanzieren oder touristische Infrastruktur zu erhalten. "Zumindest wird das bei der Planung und Einführung so beschrieben", sagt er. Die konkrete Verwendung variiere jedoch stark und reiche von der Förderung nachhaltiger Mobilität bis hin zur reinen Haushaltskonsolidierung. "Entscheidend ist daher die Transparenz und Zweckbindung der Mittel. Aber wenn die Kassen leer sind, dann wird der Verwendungszweck auch mal weit gefasst."
Gewichtiges Argument gegen Tourismuskritik
Tatsächlich machen die Einnahmen aus den Touristenabgaben in vielen Destinationen einen bedeutenden Teil des Steueraufkommens aus. In Barcelona kalkuliert man mit 100 Millionen Euro jährlich – damit ist die Touristenabgabe der drittgrößte Einnahmeposten. Ganz bewusst setzt die Stadtverwaltung angesichts der jüngsten tourismuskritischen Proteste auf die Finanzierung von Projekten, die der Allgemeinheit und nicht etwa nur dem Tourismussektor nutzen. 100 Millionen Euro fließen derzeit in die Klimatisierung der städtischen Schulgebäude.
Keiner Zweckbindung unterliegen die Einnahmen aus der Übernachtungssteuer in Berlin. Das Geld – 2024 fast 90 Millionen Euro – fließt in den Gesamthaushalt. Das ist auch in der niederländischen Hauptstadt Amsterdam so, in der es bereits seit 1973 eine Touristensteuer gibt. Sie beträgt derzeit 12,5 Prozent des Übernachtungspreises und soll 2025 Einnahmen in Höhe von 260 Millionen Euro generieren, so ein Sprecher der Stadtverwaltung. "Die Steuer ist eine wichtige Einnahmequelle, aber sie wird auch als Instrument zur Steuerung und Kontrolle des Tourismuswachstums eingesetzt." Diese Wirkung allerdings sei gering.
Venedig verdoppelt Eintrittsgebühr
Das hat man auch in Venedig festgestellt, wo Tagesausflügler seit dem vergangenen Jahr an bestimmten Tagen eine Eintrittsgebühr zahlen müssen. Oppositionspolitiker kritisieren, die Gebühr sei viel zu niedrig, um Touristen von einem Venedig-Besuch abzuhalten. Und so kündigte die Stadtverwaltung an, dass Tagesausflügler die Zutrittsgebühr, die 2024 fünf Euro betrug und an 29 Tagen kassiert wurde, im Jahr 2025 an 54 Tagen zahlen müssen. Wer mindestens vier Tage im Voraus bucht, zahlt weiterhin fünf Euro. Für alle anderen wird die Gebühr auf zehn Euro verdoppelt.
Ob damit schon die Schmerzgrenze erreicht ist, bleibt abzuwarten. Forscher Jaume Rosselló von der Balearen-Universität hat da so seine Zweifel. "Urlaub machen ist für die meisten Menschen kein Luxus, sondern ein grundlegendes Bedürfnis." Das zeige auch das Beispiel Mallorca, wo die Übernachtungssteuer von den meisten Touristen ohne Murren gezahlt werde. "Solche Abgaben werden generell ziemlich gut angenommen", sagt Rosselló. "Insbesondere, wenn sie zur Nachhaltigkeit der Destination beitragen."
Grenzen aber gibt es dennoch. Das zeigt das Beispiel Bhutan. Als die Touristensteuer dort vor einigen Jahren auf 200 Dollar angehoben wurde, führte das zu einem drastischen Rückgang der Urlauberzahl, sagt Susanne Meier. "Auch wir haben das an den Buchungszahlen gemerkt. Diese Summe wollte dann doch niemand mehr bezahlen."