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PolitikEuropa

Wie stark ist Russlands Einfluss in Bosnien?

Samir Huseinovic (in Sarajevo)
22. Februar 2025

Die Festnahme des russischen Geheimdienstlers Alexander Bezrukovni und seine Auslieferung an Polen belegen, dass Bosnien und Herzegowina sich trotz prorussischer Aktivitäten im Land gegen Moskaus hybriden Krieg wehrt.

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Zwei Männer in blauen Uniformen stehen stehen vor einem Gebäude, sie tragen blaue Baskenmützen mit einem Wappen darauf
Bosnische Polizisten vor der Polizeistation von Bosanska Krupa, dem Ort, wo der russische Geheimdienstler Alexander Bezrukovni festgenommen wurdeBild: Dragan Maksimović/DW

Als der Verteidigungsminister von Bosnien und Herzegowina, Zukan Helez, im November 2023 erklärte, dass es in der Republika Srpska (RS), dem serbisch dominierten Teil des Westbalkan-Landes, Trainingslager für russische Spezialeinheiten und Geheimdienstoffiziere gebe, erntete er scharfe Kritik. Ein Jahr später wurde der russische Geheimdienstoffizier Alexander Bezrukovni in der im Nordwesten Bosniens gelegenen Gemeinde Bosanska Krupa verhaftet.

Bezrukovni wird der Sabotage, des Terrorismus und der Ausbildung prorussischer Kräfte verdächtigt. Nach Angaben der bosnischen Tageszeitung Dnevni Avaz trainierte der Russe in der Nähe von Banja Luka eine Gruppe von Bürgern der Republik Moldau für gewalttätige Aktionen gegen die dortige pro-europäische Regierung. Ziel war, einen Beitritt der Ex-Sowjetrepublik zur Europäischen Union zu verhindern. Die Gruppe wird der in Moldau seit Juni 2023 verbotenen Partei des pro-russischen Oligarchen Ilan Shor zugerechnet.

Am 14. Februar 2025 wurde Bezrukovni von Bosnien an Polen ausgeliefert. Dort wird ihm vorgeworfen, Angriffe gegen das EU- und NATO-Mitgliedsland selbst, das Nachbarland Deutschland, die USA und andere westliche Verbündete koordiniert zu haben.

Polens Premier Donald Tusk schrieb zufrieden auf X: "Ein in Bosnien und Herzegowina versteckter Russe, der verdächtigt wurde, Sabotageakte gegen Polen, die USA und andere Verbündete koordiniert zu haben, wurde nach Polen ausgeliefert und auf gerichtlichen Beschluss festgenommen. Tolle Arbeit des ABW [Agentur für Innere Sicherheit, der polnische Inlandsgeheimdienst] und der Staatsanwaltschaft. Russische feindliche Aktivitäten bestätigt." 

Minister: Moldau wusste früher Bescheid

Minister Helez sieht in der Festnahme und Auslieferung von Bezrukovni eine Bestätigung seiner bereits 2023 geäußerten Behauptung, Moldau habe schon früher von russischen Ausbildungslagern in Bosnien gewusst: "Damals wurde ich verbal und medial übel seitens der Republika Srpska angegriffen (...) die behauptete, dass es solche Lager nicht gebe. Doch jetzt, nachdem ein gefährlicher Terrorist, der für Dienste Russlands arbeitete, verhaftet und an Polen ausgeliefert wurde, schweigen alle", so Helez gegenüber DW.

Bosnien und Herzegowina sei kein schwaches Glied im Kampf gegen den russischen Einfluss auf dem Westbalkan und in Europa, so der Minister weiter. Aber die bosnischen Sicherheitsbehörden seien unzufrieden mit der Tatsache, dass moldauische Dienste vor ihnen herausgefunden hätten, dass prorussische Elemente in ihrem Land ausgebildet würden. Laut Helez kam Bezrukovni von Osteuropa aus nach Bosnien und wurde dort von "Einzelpersonen und Gruppen in der Republika Srpska" unterstützt.

Ausbildung von Saboteuren

Der in Sarajevo ansässige Verteidigungs- und Sicherheitsexperte Nedzad Ahatovic erklärt gegenüber DW, Bezrukovni sei Teil eines Netzwerks des russischen Föderalen Sicherheitsdienstes FSB und als "logistische Basis für die Ausbildung von Saboteuren und deren Einsatz an verschiedenen Orten" zuständig gewesen. "Saboteure, die in Bosnien, Moldau und anderen Orten ausgebildet wurden, führten verschiedene Aufgaben aus, darunter Drohnenflüge über den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland und Sabotage an Einrichtungen der Verteidigungsindustrie und deren Subunternehmer", so Ahatovic weiter. Die Verhaftung und Auslieferung von Bezrukovni habe "einen logistischen Korridor für die Finanzierung subversiver Aktivitäten Russlands abgeschnitten", meint der Sicherheitsexperte. "Es bleibt die Frage, wie viele solcher Zentren es in Europa noch gibt."

Blick auf eine Landebahn, auf der mehrere Flugzeuge stehen, im Hintergrund ist ein großes Gebäude zu erkennen
Der US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in DeutschlandBild: Oliver Dietze/dpa/picture alliance

Abdulah Keranovic ist Sprecher der Polizei des Kantons Una-Sana, zu dem der Ort gehört, in dem der Russe im November 2024 verhaftet wurde. Er betont, dass Bezrukovni in Zusammenarbeit mit dem bosnischen Geheimdienst OSA auf Basis eines Interpol-Haftbefehls verhaftet wurde. "Wir hatten herausgefunden, dass es in unserer Gegend einen ausländischen Staatsbürger mit den Initialen A. B. gibt, der sich illegal in Bosnien und Herzegowina aufhält und im Verdacht steht, gefälschte Dokumente zu besitzen", erklärt Keranovic gegenüber der DW.  Bosnische Medien berichten, dass Bezrukovni bereits längere Zeit unter OSA-Beobachtung stand. Verhaftet wurde er demnach, als er versuchte, aus Bosnien auszureisen.

Moskaus Agent war illegal in Bosnien

Dusko Vejnovic, Professor an der Fakultät für Sicherheitspolitik der Universität von Banja Luka, erklärt, dass Geheimdienstler oft legale Dokumente verwenden, um unbemerkt reisen zu können - und dass die Fälschung von Ausweispapieren für sie kein Problem darstellt. "Dass die russische Diplomatie die belastenden Anschuldigungen gegen Bezrukovni zurückweist, ist logisch. Jetzt müssen Beweise dafür ermittelt werden, dass er einem Netzwerk angehörte, das gegen die Interessen Polens und anderer Länder arbeitete", sagt Vejnovic der DW.

Ein Mann mit grauen Haaren spricht, im Vordergrund ist seine Hand zu sehen, mit der er gestikuliert
Der Verteidigungsminister von Bosnien und Herzegowina, Zukan HelezBild: Samir Jordamovic/Anadolu Agency/picture alliance

Bereits im Oktober 2024 hatte die US-Botschaft in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo mitgeteilt, es gäbe "beunruhigende Berichte über Russen, die mit privaten Militärgruppen in Verbindung stehen, ein Lager in der Republika Srpska betreiben und Personen ausgebildet haben, um demokratische Prozesse in der Republik Moldau zu behindern". Laut dem US-Auslandssender Radio Free Europe - Radio Liberty (RFE/RL) gibt es auch Hinweise auf Orte in Bosnien und dem benachbarten Serbien, an denen junge Menschen von Mitarbeitern ausgebildet werden, die mit privaten russischen Söldnerarmeen wie der Wagner-Gruppe in Verbindung stehen.

Porträt eines Manns mit braunem Haar, der in die Kamera blickt
Samir Huseinovic Korrespondent, Autor und Reporter, vor allem für DW Bosnisch/Kroatisch/Serbisch