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PolitikMalawi

Wie Malawis Jugend um politische Integration kämpft

Mirriam Kaliza
21. Juni 2025

Während sich Malawi auf die Wahlen im September vorbereitet, drängen junge Kandidaten auf eine politische Beteiligung. Doch eingefahrene Parteistrukturen und finanzielle Hindernisse stehen ihnen im Weg.

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Malawi | Drei High School-Schüler und eine -Schülerin stehen nebeneinander
Mehr als die Hälfte der Bevölkerung Malawis ist unter 35 Jahre altBild: M. Kaliza/DW

Die bevorstehenden Parlamentswahlen in Malawi gelten als wegweisend für die weitere demokratische Entwicklung des Landes: Für den 16. September sind die Bürgerinnen und Bürger des südafrikanischen Landes aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu wählen. Doch junge Wählerinnen und Wähler fühlen ihre Interessen nicht durch die derzeitigen Hauptkandidaten vertreten.

Amtsinhaber Lazerus Chakwera ist 70 Jahre alt, Führer der Malawi Congress Party und kandidiert für eine zweite Amtszeit. Sein politischer Herausforderer ist der ehemalige Präsident Peter Mutharika, der inzwischen 84 Jahre alte Führer der Democratic Progressive Party.

Wirtschaftskrise verstärkt Armut

Im Vorfeld der Wahlen haben sich die Bürgerinnen und Bürger Malawis besorgt über die Misswirtschaft und Korruption im Land geäußert. Den Führungseliten wird vorgeworfen, die eskalierenden wirtschaftlichen Herausforderungen nicht anzugehen. Dies habe zu extremer Armut im Land geführt . 

Malawi | Ivy Sande, mit Mikrofon
Ivy Sande verließ die ehemals regierende Demokratische Fortschrittspartei aus Frustration über mangelnde Unterstützung innerhalb der ParteiBild: Ivy Sande

Mehr als die Hälfte der 21 Millionen Menschen in Malawi ist unter 35 Jahre alt ist. Daher rückt die Einbeziehung junger Menschen in die Politik zunehmend in den Fokus. Schon bei den Wahlen 2019 waren laut Aufzeichnungen der Commonwealth Observer Group und der malawischen Wahlkommission 54 Prozent der registrierten Wähler zwischen 18 und 35 Jahre alt.

Durch eine Neuabgrenzung der Wahlkreise wächst die Zahl der Parlamentssitze mit der kommenden Wahl von bisher 193 Sitzen um 35 auf nunmehr 228. Neben wachsender Arbeitsloigkeit und steigender Lebenshaltungskosten ist auch diese Vergrößerung des Parlaments ein Grund dafür, dass das Interesse junger Menschen gewachsen ist, sich aktiv politisch zu engagieren. 

Stärkung der Jugend "nur Gerede"?

Während einige erfolgreich ins Berufsleben gestartet sind, halten andere eine Stärkung der Jugend in den Parteien oft als leeres Gerede, da ältere Führungspersönlichkeiten immer noch Einfluss auf die Kandidatenauswahl haben.

Mit 32 Jahren hat Ivy Sande, eine ehemalige Bezirksrätin, den Willen, die Energie, die Bildung und Leidenschaft, die sich viele Wähler von ihren Parlamentsabgeordneten wünschen. Monatelang zog sie von Dorf zu Dorf, um Unterstützung für ihre Kandidatur zu sammeln. Jetzt wird sie mit einer harten Wahrheit konfrontiert: In Malawis Politik Fuß zu fassen, erfordert mehr als nur frische Ideen.

Denn die Parteistrukturen werden noch immer von gut vernetzten, erfahrenen Politikern dominiert. "Mir wurde klar, dass bereits jemand anderes eine Empfehlung erhalten hatte. Es war, als wäre die Entscheidung gefallen, bevor ich überhaupt aufgestanden war - also bin ich gegangen", sagte sie.

Malawi | Fyness Magonjwa (Mitte, in blau-bunter afrikanischer Kleidung) mit Peter Mutharika, rechts, im weißen Hemd, bei einer Veranstaltung
Fyness Magonjwa (Mitte links) fordert Malawis Jugend auf, Positionen anzustreben, in denen sie wichtige Entscheidungen beeinflussen kannBild: Fyness Magonjwa

Fyness Magonjwa, Malawis jüngste Parlamentarierin, erklärt dagegen, dass sie in ihrer ersten fünfjährigen Amtszeit als Abgeordnete der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) sowohl von ihrer Partei als auch von ihren Wähler unterstützt worden sei. Sie ist zuversichtlich, ihren Sitz bei den Wahlen im September zu behalten.

Junge Menschen als Entscheidungsträger

Sie warnt junge Menschen, sich nicht für niedere Aufgaben von politischen Parteien instrumentalisieren zu lassen. Sie sollten stattdessen Positionen anstreben, in denen sie wichtige Entscheidungen beeinflussen können. "Die Parteien müssen mehr tun, um Raum für junge Menschen zu schaffen, nicht nur als Fußsoldaten, sondern als Entscheidungsträger", sagte Magonjwa.

Laut Chimwemwe Tsitsi, Politikwissenschaftler an der Malawi University of Business and Applied Sciences (MUBAS), wird sich nichts ändern, wenn die politischen Parteien keine gezielten Anstrengungen unternehmen, einen fairen Wettbewerb zu schaffen.

Tsitsi betont, dass junge Menschen, die in die Politik gehen, eine klare Strategie verfolgen sollten. Die Auseinandersetzung mit dem Wettbewerb sei ein notwendiger Teil politischer Reife und Sozialisierung. "Junge Menschen sollten nicht erwarten, dass ihnen Sympathiestimmen zugesprochen werden, nur weil sie jung sind. Politik erfordert Strategie, Durchhaltevermögen und Wettbewerbsbereitschaft", sagt Tsitsi. "Die Parteien müssen einen fairen Prozess gewährleisten, aber am Ende hängt der Erfolg von der Entscheidung des Volkes ab - das ist Demokratie."

Malawi, junge Leute mit Motorrädern
Malawis Jugend fühlt sich von der Politik ausgeschlossen und fordert dringend Reformen, um die junge Wählerschaft zu stärkenBild: Craig Mwanga/DW

Charles Kajoloweka, Geschäftsführer der Menschenrechts-NGO Youth and Society, argumentiert jedoch, dass das politische System Malawis junge Menschen strukturell ausschließt, lange bevor sie in die nationale Politik eintreten.

Widerstand in der Gesellschaft

Kajoloweka sieht mehrere Hindernisse für junge Menschen: Das Fehlen jugendfreundlicher Strategien innerhalb der politischen Parteien sowie die hohen Kosten einer Wahlteilnahme. Aber auch den Widerstand der Gesellschaft gegenüber neuen und jungen politischen Akteuren und mangelnde Investitionen in die Ausbildung von Führungspersönlichkeiten sowie Mentoring für junge Anwärter.

"Wenn wir die Jugend weiterhin außen vor lassen, wird es in Malawis Politik an Innovation und echtem Fortschritt mangeln," so Kajoloweka.

Malawi, Schulkinder in einer Klasse (Archivbild 2018)
Für Malawis Zukunft: Investitionen in die Jugend gefordert Bild: Andrea Hanks/UPI Photo/Newscom/picture alliance

Die Politikanalystin Sainala Kalebe führt die Ausgrenzung der Jugend aus der Politik auf tief verwurzelte kulturelle Überzeugungen zurück. So zeigten Daten des Afrobarometers, dass die meisten Malawier es immer noch vorziehen, der Weisheit der Älteren zu folgen. Junge Menschen seien oft auf symbolische Rollen wie das Tanzen bei Kundgebungen beschränkt, statt auf eine substanzielle Führungsrolle in politischen Parteien vorbereitet zu werden.

Kalebe plädiert für eine 50-prozentige Vertretung junger Menschen in allen Institutionen, darunter Parteien, Regierung, Justiz und Sicherheitskräften, um der demografischen Realität des Landes Rechnung zu tragen. "Wir sehen derzeit eine starke symbolische Repräsentation der Jugend, aber wir wollen, dass die Stimme der jungen Menschen tatsächlich gehört wird und nicht nur mit am Tisch sitzt", sagt Kalebe.

Nur noch drei Monate bis zur Wahl stehen viele junge Kandidaten an einem Wendepunkt. Die innerparteiliche Politik zwingt sie zu schwierigen Entscheidungen: Entweder sie treten als Unabhängige an - ein in den letzten Jahren immer beliebter werdender Weg - oder sie ziehen sich ganz zurück.

Für Ivy ist Aufgeben keine Option. Sie wechselte zur People's Party der ehemaligen Präsidentin Joyce Banda. "Meine Anhänger glauben an mich, und ich werde weiterhin für sie einstehen."