Afrika will den Einfluss russischer Söldner begrenzen
24. März 2025Über Jahre hinweg schienen die Entwicklungen unaufhaltsam: Russische Söldner fassten in immer mehr afrikanischen Staaten Fuß - auf Einladung der lokalen Regierungen. Zugleich sicherten sie sich Zugriff auf wertvolle Rohstoffe wie Gold und Tropenhölzer. Parallel entstand ein Beeinflussungs-Apparat, der pro-russische Positionen in den öffentlichen Diskurs einspeist. Viele Länder emanzipieren sich immer schneller und deutlicher von westlichen Ex-Kolonialmächten - und Wladimir Putins Russland steht als neuer Partner bereit.
Doch die russische Erfolgsgeschichte bekommt Risse: Im Juli 2024 mussten russische Söldner hohe Verluste vermelden, als Tuareg-Rebellen sie im Norden Malis nahe der Stadt Tinzaouatène in einen Hinterhalt lockten. Und auch in Afrika war es ein großes Thema, als in Syrien im Dezember das Assad-Regime kollabierte und Russland damit seinen Einfluss einbüßte. Das Image der Stärke ist angekratzt, zudem gibt es immer wieder Berichte über Menschenrechts-Verstöße durch russische Söldner.
Wie kann der Einfluss russischer Söldner eingedämmt werden?
Eine aktuelle Analyse der Globalen Initiative gegen Transnationale Organisierte Kriminalität (GI) gibt Einblicke in die Aktivitäten der russischen Söldnergruppen in Afrika - und empfiehlt afrikanischen Regierungen und der internationalen Gemeinschaft, wie sie deren Engagement eindämmen können. Dazu zählt unter anderem:
- Einbindung statt Isolation von Staaten, in denen russische Söldner präsent sind
- Diplomatischer Druck auf Russlands Logistik-Partner
- Koordinierte Sanktionen gegen russische Söldner
- Weitreichende Maßnahmen gegen russische Desinformation
- Mehr Unterstützung im Kampf gegen verbotene Wirtschaftsaktivitäten
Die Verstrickung russischer Söldner in Gräueltaten und ihre Nähe zu verbotenen Geschäften unterminiere die Sicherheit in Afrika, schreibt GI-Analystin Julia Stanyard. "Vor ein paar Jahren wurde dokumentiert, dass sie im Sudan ihren Zugang zu Flugplätzen nutzten, um große Mengen Gold aus dem Land zu schmuggeln", sagt sie im DW-Interview. "Ähnliche Aktivitäten wurden in der Zentralafrikanischen Republik beobachtet, und auch in Mali sind sie rund um Minen präsent. In ihren Einsatzländern haben sie eine übergroße Rolle beim Schmuggel von Bodenschätzen."
Umgang mit Sahel-Allianz: Sanktionen oder Kooperationen?
Besonders verfahren ist die Lage in Westafrika, wo die Sahel-Staaten Mali, Burkina Faso und Niger nach Militärputschen das Wirtschaftsbündnis ECOWAS verlassen haben und ihre eigene Sahel-Allianz AES gegründet haben. Julia Stanyard empfiehlt, zumindest im Sicherheitsbereich wieder Brücken zu bauen: Die im Sahel aktiven Rebellen "ignorieren moderne Grenzen - das macht die politische Isolation der abtrünnigen Länder zu einem Problem in sich. Wir haben in unserem Bericht empfohlen, dass einige Gesprächskanäle beibehalten werden müssen, besonders im Sicherheitsbereich."
Das sieht auch Beverly Ochieng so. Sie beschäftigt sich für das Afrika-Programm des US-amerikanischen Zentrums für Strategische und Internationale Studien (CSIS) mit Sicherheitsfragen insbesondere in West- und Zentralafrika. "Trotz ihrer Bedenken etwa über die Beteiligung russischer Paramilitärs und gegenüber den undemokratischen Regierungen muss [die ECOWAS] Wege finden, mit [der Sahel-Allianz] zusammenzuarbeiten. Beim Aufbau einer Truppe gegen Aufständische ist die ECOWAS auf die Militärherrscher im Sahel zugegangen. Sie blocken das ab, aber das wäre langfristig der strategisch sinnvollste Weg, um die Rebellen überall in Schach zu halten", sagt Ochieng im DW-Interview.
Ochieng glaubt, dass auch in der AES die Erkenntnis reifen könnte, dass angesichts der fragilen Sicherheitslage nicht allein russische Söldner die Lösung darstellen: "Sie müssen wohl darüber nachdenken, sich breiter aufzustellen. Es gibt zum Beispiel Berichte, dass in Mali paramilitärische Ausbilder von einer türkischen Privatakademie die eigenen Streitkräfte verstärken. Die gesamte Region muss sich überlegen, wie sie sich den Rebellen entgegenstellt, insbesondere ohne westliche Unterstützung."
Problemfall Logistik
Russlands Sicherheits-Dienste in Afrika haben sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt: Zunächst entsandte die Privatarmee Wagner unter Jewgeni Prigoschin risikoaffine Kämpfer zum Beispiel in die Zentralafrikanische Republik. 2023 lieferte sich der einflussreiche Prigoschin eine Machtprobe mit Putin, bevor er laut russischen Behörden bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz ums Leben kam. Seitdem hat das russische Verteidigungsministerium große Teile der Gruppe Wagner an sich gezogen und unter dem Namen Afrika-Korps in die eigene Kommandostruktur eingegliedert.
Experten beobachten gerade die nächsten größeren Umstrukturierungen, denn die für die russischen Afrika-Operationen wichtigen Armeestützpunkte in Syrien können seit dem dortigen Regimewechsel nicht mehr genutzt werden. Deshalb wäre nun ein guter Zeitpunkt, diplomatisch den Druck auf Russlands Logistik-Partner weiter zu erhöhen, meint GI-Analystin Julia Stanyard.
Zuletzt gewann der Osten Libyens, der vom russlandfreundlichen General Chalifa Haftar kontrolliert wird, als Drehkreuz an Bedeutung. Doch muss Russland neue Stützpunkte etablieren, wo Ausrüstung sicher gelagert werden kann. "Es gibt auch Gespräche über eine Marinebasis im Sudan, das wäre eher ein langfristiger Ansatz", sagt Stanyard.
Beverly Ochieng hingegen glaubt, dass Russland mit seinen zahlreichen Vertretungen und Verflechtungen in Afrika immer Wege finden würde. "Im Januar haben sie eine große Lieferung an Militärfahrzeuge und Ausrüstung über Guinea nach Mali verschifft. Das zeigt, wie viel offenen Zugang russische Paramilitärs haben, ob durch Häfen, Luft oder Straße, ohne dass afrikanische Institutionen oder Regierungen intervenieren", sagt Ochieng.
Die Zukunft Russlands in Afrika hängt auch vom Ukraine-Krieg ab
Insgesamt dürfte sich Russlands Söldnertum in Afrika weiter verändern. Julia Stanyard glaubt, angesichts immer neuer Missionen sei die Truppe immer dünner über viele Länder verteilt - und es gebe Schwierigkeiten, zusätzliche Söldner anzuwerben: "Es gab in den letzten Wochen interessante Berichte, wonach die Rekrutierung für das Afrika-Korps ins Stocken gerät. Es gibt Online-Werbung, die Menschen animieren soll, sich zu bewerben."
Beverly Ochieng weist auf einen Faktor hin, der wohl zwar noch in weiter Ferne liegt, aber große Folgen für die Präsenz der Söldner in Afrika haben könnte: Falls es zu einem Friedensschluss im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine käme, wären derlei Personalsorgen wohl vorbei. "Es könnte praktisch für Russland sein, das Afrika-Korps um Kontingente von Kämpfern aus dem Ukraine-Krieg zu erweitern, statt sie zu rehabilitieren und wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Aber das bleibt abzuwarten, denn der Frieden selbst ist noch weit weg."