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KonflikteAsien

Wie groß ist der Schaden an Irans Atomprogramm wirklich?

30. Juni 2025

Experten zufolge bleibt das iranische Atomprogramm trotz massiver Bombardierungen funktionsfähig. Teheran verweigert Inspektionen, Washington droht mit neuen Angriffen.

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Satellitenbild der Atomanreicherungsanlage in Natanz
Satellitenbild der Atomanreicherungsanlage in Natanz, wo viele Gebäude bei den israelischen Angriffen zerstört wurdenBild: Maxar Technologies/AP/picture alliance

Am 28. Juni erklärte der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, die Iraner könnten "binnen Monaten" oder sogar noch schneller wieder mit mehreren Kaskaden von Zentrifugen Uran anreichern. Damit widersprach er der Darstellung von US-Präsident Donald Trump, der behauptet hatte, die Angriffe auf iranische Atomanlagen hätten das Programm um "Jahrzehnte" zurückgeworfen.

Im Rahmen der "Operation Midnight Hammer" hatten die USA am 22. Juni insgesamt 14 bunkerbrechende GBU-57-Bomben mit einem Gewicht von je 13.600 Kilogramm sowie 30 Tomahawk-Marschflugkörper eingesetzt. Ziele waren drei wichtige Atomanlagen in Fordo, Isfahan und Natans. Die eingesetzten Bomben sind dafür ausgelegt, mit großen Mengen Sprengstoff tief in den Boden einzudringen und dort auch robuste unterirdische Strukturen zu zerstören.

Laut Jeffrey Lewis, Experte für Rüstungskontrolle am Middlebury Institute of International Studies, seien damit die getroffenen Anlagen schwer beschädigt worden. Er wies jedoch auch darauf hin, dass viele Einrichtungen unversehrt geblieben seien. "Ein Großteil der Kontroverse entsteht meiner Meinung nach dadurch, dass viele Anlagen nicht getroffen wurden", sagte Lewis im Gespräch mit der DW.

Besonders bedeutsam sei die Frage, wo die 400 Kilogramm auf 60 Prozent angereicherten Uran verblieben sind: "Es befand sich größtenteils nicht in Fordo", erklärte er. Viele würden nicht genau verstehen, wie das iranische Atomprogramm organisiert sei. "In Fordo wird Uran angereichert und auch gelagert, aber der Großteil wird später an einen anderen Ort in der Nähe von Isfahan transportiert."

Zur Einschätzung der Schäden in Fordo und der Frage, wie der Erfolg der Angriffe ohne Inspektoren beurteilt werden könne, äußerte sich Lewis zurückhaltend: "Das US-Militär arbeitet mit einem Modell der Anlage, das Vorhersagen erlaubt. Aber dieses Modell könnte richtig oder falsch sein. Es wird sehr schwierig sein, herauszufinden, was in Fordo passiert ist, bevor jemand tatsächlich dort hineinkommt."

Überwachung wird schwieriger  

Der US-Präsident Donald Trump wiederum hatte erklärt, er gehe nicht davon aus, dass der Iran seine Vorräte vor den Angriffen aus den Anlagen entfernt habe. "Das ist sehr schwierig, außerdem haben wir kaum Vorwarnung gegeben", sagte der Präsident am Wochenende in einem Interview mit Fox News.

Außenminister Marco Rubio forderte einen Besuch von IAEA-Inspektoren, um sich ein Bild zu machen. IAEA-Chef Grossi selbst hatte nach den Angriffen Zugang zu den beschädigten Einrichtungen verlangt, um die Bestände an angereichertem Uran überprüfen zu können. Die iranische Regierung lehnt dies bislang ab. Das Parlament in Teheran stimmte zudem für die Aussetzung der Zusammenarbeit mit der IAEA, nachdem diese die israelischen und US-amerikanischen Angriffe nicht offiziell verurteilt hatte.

Iran, US Attack auf Fordo Nuklearanlage
Die Nuklearanlage Fordo aus dem All nach den US-Angriffen: in der grünen Markierung liegt der verschüttete Eingang zur unterirdischen Anlage; im roten Bereich wurden Einschlagskrater vermutetBild: Planet Labs/dpa/picture alliance

"Die iranische Atomenergieorganisation wird ihre Zusammenarbeit mit der IAEA aussetzen, bis die Sicherheit unserer Nuklearanlagen gewährleistet ist", kündigte der Parlamentspräsident Mohammad Bagher Ghalibaf am 26. Juni im Staatsfernsehen an.

Die Überwachung des iranischen Atomprogramms sei damit für die Internationale Atomenergiebehörde erheblich erschwert worden, sagte der Politologe Hamid Reza Azizi von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Der Experte weist darauf hin, dass schon nach dem Austritt der USA aus dem Atomabkommen 2018 der Iran begonnen hatte, "seine Verpflichtungen schrittweise zu reduzieren."

Auf Grundlage des Atomabkommens (JCPOA) war der Iran verpflichtet, sämtliche nuklearen Aktivitäten transparent der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) zu melden. Seit 2019 werde das Bild der Internationalen Atomenergiebehörde von den iranischen Aktivitäten aber immer verschwommener.

"Mit dem militärischen Angriff haben sie einerseits wirklich großen Schaden erlitten, aber sie haben auch erkannt, dass sie ihn überleben konnten", fürchtet der Experte Lewis.

Falls Anlagen intakt geblieben sind: Trump droht mit neuen Angriffen

Irans oberster Führer Ayatollah Ali Chamenei verurteilte die US-Angriffe auf die iranischen Atomanlagen und bezeichnete sie als weitgehend wirkungslos: "Sie konnten nichts Bedeutendes erreichen." Iranische Staatsmedien und Politiker geben einerseits zu, dass Schäden entstanden seien, betonen aber zugleich, dass keine katastrophalen Folgen zu beklagen seien.

US-Präsident Donald Trump erklärte am Freitag in einer Pressekonferenz im Weißen Haus, er würde das Land "ohne Frage" erneut angreifen, wenn der Geheimdienst zu dem Schluss käme, dass der Iran Uran auf ein besorgniserregendes Niveau anreichern könnte.