Was wir über Söldner aus China in der Ukraine wissen
10. April 2025"Wir wissen, dass es sogar mehr sind", schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch (09.04.25) auf X, ehemals Twitter. Ihm seien mindestens 150 Fälle bekannt, dass chinesische Staatsbürger an den russischen Kampfhandlungen gegen sein Land beteiligt seien.
Am Donnerstag veröffentlichte Selenskyj in einem weiteren Post auf X ein Video, das zeigen soll, dass zwei chinesische Staatsbürger in der von Russland besetzten ostukrainischen Region Donezk festgenommen worden seien. Dabei habe die ukrainische Armee die Reisedokumente sowie Bankkarten sichergestellt, schrieb Selenskyj. Im angehängten Video wurden zwei chinesische Reisepässe gezeigt. Der Festgenommene sagte in der akzentfreien chinesischen Sprache mit Dolmetscher, dass er einem russischen Befehlshaber zugeteilt worden sei. Dabei will er ein russisches Sturmgewehr des Typs AK-74 bedient haben.
Der ukrainische Präsident Selenskyj erhob deswegen schwere Vorwürfe gegenüber Moskau und Peking. Russland interessiere es nicht, welche Staatsbürger an der Front fielen. "Es ist kein Einzelfall, dass Russland in China Verstärkung für seinen Angriffskrieg rekrutiert."
China dementiert
Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums bekräftigte diese Woche, dass Peking an eigene Staatsbürger appelliert habe, sich so weit wie möglich von bewaffneten Konfliktgebieten fernzuhalten und die Teilnahme an militärischen Aktionen aller Konfliktparteien zu vermeiden.
China sei weder der Verursacher noch der Betroffene der Ukraine-Krise, hieß es weiter. Stattdessen sei China ein "entschlossener Unterstützer" der Friedenslösung. Der Sprecher rät von "verantwortungslosen Meinungen und Einschätzungen" ab. Peking prüfe derzeit mit der Ukraine die Situation.
Keine unabhängige Prüfung über Söldner aus China möglich
Dazu gibt es keine verifizierbaren Zahlen. Präsident Selenskyj sprach on "mehr als 150 chinesischen Staatsbürger", die für die russischen Streitkräfte im Angriffskrieg kämpfen sollen. Das ukrainische Onlinemedium "Kyiv Independent" berichtete am Mittwoch (09.04.25) unter Berufung auf ein Papier des ukrainischen Geheimdienstes von mindestens 163 chinesischen Kämpfern in der russischen Armee.
In chinesischen Sozialmedien berichten mindesten einige Dutzende Nutzer regelmäßig, wie sie für Russland in den Krieg ziehen. Viele von ihnen posten regelmäßig Videos, die die Kampfhandlungen an den Fronten in der Ukraine zeigen sollen. Verifizierbar sind diese Videos nicht.
Es gibt aber auch chinesische Staatsbürger, die für die Ukraine kämpfen. Zum Beispiel hat der Nutzer "Farias" auf Sozialmedien seinen chinesischen Reisepass gezeigt und behauptet, als Drohnenpilot an der ukrainischen Seite zu kämpfen. Auch das lässt sich nicht unabhängig überprüfen.
Im letzten November wurde der Tod vom 29-jährigen Chinese Peng Chenliang im russisch-ukrainischen Krieg gemeldet. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge war Peng Anfang 2024 von China ausgereist. Er soll sich freiwillig beim ukrainischen Militär gemeldet haben. Er will zuvor in China "wegen antirussischer Meinungsäußerung" sieben Monate in Haft gesessen haben. Auch diese Behauptung konnte nicht verifiziert werden.
"Kanonenfutter" für Russen
Viele Soldaten aus China berichten in den sozialen Medien von ihrer Enttäuschung in der russischen Armee. Sie beklagen, als "Kanonenfutter" von den Russen eingesetzt zu werden. Außerdem seien die Ausrüstungen sehr schlecht.
Der Söldner "Makalong" erzählt in einem Video-Interview mit der prominenten chinesischen unabhängigen Journalistin Chai Jing im März von der alltäglichen Diskriminierung in der russischen Armee. Sein Dienstvorgesetzter habe zum Beispiel die private Schutzrüstung des Söldners beschlagnahmt. Als er seinen russischen Vorgesetzten deswegen gemeldet habe, sei er als Beschwerdeführer zeitweise eingekerkert und bestraft.
Zwar habe er als freiwilliger Ausländer einen befristeten Söldnervertrag abgeschlossen, aber rechtzeitige Entlassung sei kaum möglich, sagte "Makalong" weiter. Er selbst sei erst vor Kurzem wegen "Verletzung der Dienstpflichten" von den Fronten abgezogen und in ein Lazarett versetzt worden.
Von den Chinesen, die angeblich für die Ukraine freiwillig kämpfen, findet man in den sozialen Medien kaum Informationen über ihre Fronten-Erlebnisse.
Geld für Kriegsdienst
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die chinesischen Söldner von der Regierung in den Krieg geschickt wurden. Das chinesische Strafgesetz verbietet den Staatsbürgern, ausländischen Streitkräften zu dienen. Es liegt deswegen nahe, dass sie in Eigenverantwortung in den Krieg zogen.
Der Söldner "Makalong" zum Beispiel reiste nach eigenen Angaben 2023 mit einem Touristenvisum nach Russland ein. Er habe sich zum Kriegsdienst gemeldet, um "unter anderem mehr Geld" zu verdienen. Er glaube, dass weniger Soldaten offenbar aus ideologischen Gründen für Russland an der Front kämpfen würden. "Sie hatten wohl zumindest am Anfang gedacht. Für Russland zu kämpfen kommt einem Kampf für das eigene Vaterland China zugleich", so "Makalong" im Interview mit Chai Jing.
Zuvor wurde auch gemeldet, dass indische Staatsbürger, die für Russland kämpften, von der ukrainischen Armee festgenommen und nach Indien abgeschoben wurden.(DW berichtete).