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Was bedeutet die Aussetzung der US-Hilfe für Afghanistan?

Masood Saifullah
6. Februar 2025

Afghanistan unter den Taliban fehlt es an Ressourcen für öffentliche Dienstleistungen. Experten warnen vor den verheerenden Folgen einer Kürzung der US-Gelder.

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ARCHIV | Afghanistan Herat 2010 | USAID verteilt Hilfsgüter an ehemalige Aufständische
Viele Menschen in Afghanistan sind auf externe Hilfe angewiesen Bild: Jalil Rezayee/EPA/dpa/picture alliance

Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, die US-Entwicklungshilfe auszusetzen und gleichzeitig die Aktivitäten der US-Entwicklungsbehörde USAID einzuschränken, könnte erhebliche Auswirkungen auf Afghanistan haben. Das Land ist in vielen Bereichen auf externe Hilfe angewiesen.

Laut einem Bericht des Büros des Sonderinspektors für den Wiederaufbau Afghanistans (SIGAR) hat Washington seit der vollständigen Machtübernahme der Taliban "mehr als 21 Milliarden Dollar (20,2 Milliarden Euro) an Hilfe für Afghanistan und afghanische Flüchtlinge bereitgestellt oder anderweitig zur Verfügung gestellt."

Trotz des Truppenabzugs und der Evakuierung von US-Offiziellen im August 2021 betonen die USA, dass diese Hilfsgelder direkt der afghanischen Bevölkerung zugutekommen und Sicherheitsvorkehrungen dafür sorgen, dass den Taliban der Zugriff darauf zu verwehrt bleibt.

Taliban stehen vor "Chaos"

Dennoch haben die Taliban indirekt von den zufließenden US-Dollars profitiert: Diese haben zur Stabilisierung der afghanischen Währung und zur Eindämmung der Inflation beigetragen. Die Aussetzung der US-Hilfe droht dieses fragile Situation aus dem Gleichgewicht zu bringen.

"Die Einstellung der US-Entwicklungshilfe, einschließlich der USAID-Finanzierung, hat Chaos unter den Taliban verursacht", erklärte Ghaus Janbaz, ein ehemaliger afghanischer Diplomat, gegenüber der DW.

Viele Experten argumentieren, dass die internationale Hilfe – darunter Hunderte Millionen Dollar, die die USA jährlich bereitstellen – den Taliban unbeabsichtigt dabei geholfen hat, ihre Kontrolle über das Land aufrechtzuerhalten. Einige glauben, dass die Taliban angesichts der versiegenden Finanzströme entweder internationalen Forderungen nachgeben oder mit wachsendem Widerstand im eigenen Land konfrontiert werden könnten.

"In den letzten drei Jahren ist es den Taliban nicht gelungen, eine sich selbst tragende Wirtschaft aufzubauen. Sie sind daher stark auf ausländische Hilfe angewiesen", fügte Janbaz hinzu.

"Das afghanische Volk zahlt den Preis"

Seit ihrer Machtübernahme haben die Taliban Frauen systematisch grundlegende Rechte verweigert, darunter den Zugang zu Bildung und die Möglichkeit, außerhalb des Hauses zu arbeiten. Frauen dürfen ihr Gesicht in der Öffentlichkeit nicht zeigen, und die Frage der Frauenrechte bleibt ein entscheidendes Hindernis für jegliche offizielle Anerkennung der Taliban-Regierung durch die internationale Gemeinschaft.

Bis heute hat kein Land der Welt die Taliban als legitime Regierung Afghanistans anerkannt. Darüber hinaus ist es den Taliban nicht gelungen, eine inklusive Regierung zu bilden oder ein Verfahren zu etablieren, das es afghanischen Bürgern ermöglicht, sich aktiv am öffentlichen Leben zu beteiligen.

Während der internationale Druck auf die Taliban wächst, warnen einige Experten, dass die Kürzung lebenswichtiger Hilfe das Leid der afghanischen Bevölkerung weiter verschärfen könnte.

"Laut UN-Berichten sind 26 Millionen Menschen in Afghanistan auf ausländische Hilfe angewiesen, um zu überleben", erklärte Wazhma Frogh, eine afghanische Frauenrechtsaktivistin, die mit Hilfsorganisationen zusammenarbeitet, die weiterhin in Afghanistan tätig sind.

"Wenn humanitäre Organisationen keinen Zugang mehr zu Geldern haben, können sie nicht einmal die grundlegendste Hilfe leisten", sagte sie der DW.

"Die Taliban haben keine Agenda zur Unterstützung oder Entwicklung der afghanischen Bevölkerung. Die einzige Hilfe kommt von den Vereinten Nationen, internationalen Organisationen und afghanischen Hilfsgruppen", fügte sie hinzu. Sie warnte davor, dass Trumps Entscheidung, die Hilfsgelder zu kürzen, die Lage für die einfachen Leute in Afghanistan erheblich verschlechtern werde.

Hat Trump einen Plan für Afghanistan?

Die Kürzung der Hilfe für Afghanistan ist Teil von Trumps umfassenden Präsidialdekreten, die sich nicht speziell gegen Afghanistan richteten, sondern die Entwicklungshilfe insgesamt betrafen.

Derzeit scheint Afghanistan auf Trumps außenpolitischer Agenda nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, da sich sein Fokus auf die Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine richtet.

Während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu am 4. Februar wurde Trump von einer afghanischen Journalistin nach seinen Plänen für Afghanistan gefragt. Seine Antwort: Er könne „ihren schönen Akzent" nicht verstehen – wobei unklar blieb, ob er die Frage tatsächlich nicht verstand oder ihr bewusst auswich.

"Ich glaube nicht, dass die Trump-Regierung schon einen Plan für Afghanistan hat", befürchtet Frogh.

Allerdings hat Trump mehrfach Forderungen an die Taliban gestellt – insbesondere die Rückgabe der von den USA zurückgelassenen Militärausrüstung und die Kontrolle über den Luftwaffenstützpunkt Bagram. Diese Militäreinrichtung nördlich der afghanischen Hautstadt Kabul war bis zur vollständigen Machtübernahme der Taliban von US-Truppen genutzt worden. Laut Trump steht diese Basis inzwischen unter chinesischem Einfluss – eine Behauptung, die die Taliban bestreiten.

Der ehemalige Diplomat Janbaz sieht in diesen Äußerungen keine klare US-Strategie für Afghanistan, sondern vielmehr Rhetorik im Rahmen von Trumps Wahlkampagne. Er fügte hinzu: "Die Zeit wird zeigen, wie Trump mit Afghanistan umgeht, aber klar ist, dass sein Ansatz nicht den der vorherigen Regierung widerspiegelt."

Aus dem Englischen adaptiert von Shabnam von Hein