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Warum Musk den britischen Rechtsextremen Robinson verteidigt

28. Januar 2025

Im Namen der Redefreiheit unterstützt Elon Musk den inhaftierten britischen Rechtsextremen Tommy Robinson, seit Neuestem wohl auch finanziell. Was steckt dahinter?

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Elon Musk ist auf einer Videoleinwand vor Anhängern der AfD zu sehen
Elon Musk, hier bei einem Videoauftritt beim Wahlkampfauftritt der in Teilen als gesichert rechtsextrem geltenden AfD, unterstützt öfter rechte PositionenBild: REUTERS

Für die meisten Briten sind solche Aussagen wohl unerträglich: Die britische Regierung würde das Land absichtlich mit "feindseligen, gewalttätigen, aggressiven Migranten überschwemmen" und damit die "britische Identität zerstören". So sieht es der rechtsextreme Aktivist Tommy Robinson, für den der Islam "eher ein psychisches Problem" ist, als eine Religion des Friedens.

Seit Oktober ist Robinson, der eigentlich Stephen Yaxley-Lennon heißt, in Haft: Weil er Gerichtsauflagen verletzt und in einem Video, "Silenced", Falschaussagen über einen minderjährigen syrischen Flüchtling verbreitet hatte. Zuvor war er schon mehrmals verurteilt worden, unter anderem wegen Körperverletzung und Betrug. Früher war er Mitglied der rechtsextremen British National Party.

Tommy Robinson in einem weißen Hemd
Tommy Robinson im August 2022 auf dem Weg zum Gericht Bild: Tayfun Salci/ZUMA/picture alliance

Doch Elon Musk, der reichste Mann der Welt , verlangt auf seiner Plattform X, ehemals Twitter, regelmäßig die Freilassung Robinsons, augenscheinlich im Namen der Meinungsfreiheit: Robinson sitze in Einzelhaft, weil er "die Wahrheit" sage. Britische Medien zufolge unterstützt Musk den Rechtsextremen auch finanziell: In einem Statement auf X bedankt sich Robinsons Team für die "unerwartete und großzügige Unterstützung" durch Musk und sein X-Team in zwei Rechtsangelegenheiten. Dabei gehe es unter anderem um einen erneuten Gerichtsprozess, bei dem Robinson ein Verstoß gegen Anti-Terror Gesetze vorgeworfen wird. Eine Nachfrage der DW bei der Pressestelle von X blieb unbeantwortet.

Neue Bekanntheit dank Musk

Was steckt hinter solchem Engagement? In Großbritannien ist Robinson unbeliebt. In einer aktuellen Umfrage des Forschungsinstituts "More in Common" bewerteten lediglich zwölf Prozent aller Befragten den rechten Aktivisten positiv, sechsundvierzig Prozent dagegen negativ. Und auch Musk selbst macht sich mit seinem Einsatz nicht beliebter, wie aus derselben Umfrage hervorgeht: Eine Mehrheit möchte, dass sich der Tech-Milliardär aus der Politik heraushält, und sich stärker darum kümmert, Hassreden auf X zu unterbinden.

Genau das aber kommt Elon Musk gerade nicht in den Sinn, im Gegenteil. Er war es, der Tommy Robinson zu neuer Bekanntheit verhalf, denn Twitter hatte dessen Account 2018 gesperrt - erst seit der Übernahme durch Musk darf sich Robinson dort wieder verbreiten. Mittlerweile hat er mehr als eine Million Follower.

Seit dem vergangenen Sommer hat Robinson besonderen Auftrieb. Im nordenglischen Southport waren drei kleine Mädchen durch einen Messerangriff getötet worden und Robinson hetzte seine Follower auf, auf die Straße zu gehen. Rassistische Ausschreitungen waren die Folge. Auch Elon Musk mischte sich ein, beleidigte den britischen Regierungschef Keir Starmer als unfähig. Seitdem ging Musk noch weiter, unterstellte Starmer, er verwandele Großbritannien in einen Polizeistaat und forderte seinen Rücktritt.

Ein Mann zeigt sein T-Shirt mit der Aufschrift #freetommy
Ein Robinson-Unterstützer wartet im Oktober 2024 vor dem Gerichtsgebäude auf das Urteil gegen den RechtsextremenBild: Lab Ky Mo/SOPA Images/ZUMA/picture alliance

Gezielte Falschinformationen?

Imran Ahmed von der Nichtregierungsorganisation "Centre for Countering Digital Hate" wirft dem X-Chef vor, gezielt Falschinformationen zu verbreiten. Er wolle extremen Stimmen eine Plattform geben, um Klicks zu bekommen und den Umsatz zu steigern. Musk habe X dadurch in eine Plattform verwandelt, die die Verbreitung von Hass und Desinformation in der britischen Gesellschaft beschleunigt habe, sagte Ahmed der DW. In einer Studie war seine Organisation zu dem Schluss gekommen, dass extreme Accounts wie der von Robinson zusätzliche Werbeeinnahmen von bis zu 19 Millionen Dollar im Jahr erzielen könnten.

Tim Bale, Politikwissenschaftler an der Queen Mary University of London geht noch weiter. Er vermutet, dass Musk Vertrauen in die britische Regierung zu untergraben versuche, weil die Politiker mit einem neuen Gesetz die Macht der US-amerikanischen Tech-Giganten einschränkten. Tatsächlich müssen Online-Anbieter dem Gesetz "Online Safety Act" zufolge dafür sorgen, dass auf ihren Diensten keine illegalen oder schädlichen Inhalte veröffentlicht werden, bei Verstoß drohen hohe Strafen von bis zu zehn Prozent des Umsatzes.

Werben für die AfD

Ist Musk aus einem ähnlichen Grund das europäische Establishment ein Dorn im Auge? Auch die EU will mit ihrem Digital Services Act die Verbreitung von Falschinformationen in sozialen Medien einschränken, nimmt die Tech-Giganten stärker in die Pflicht - und hat besonders Musk und seine Plattform X im Blick. Einige Abgeordnete im EU-Parlament fordern sofortige Maßnahmen, seitdem Musk offen für die AfD wirbt, die in Teilen rechtsextreme deutsche Partei. Anfang Januar hatte Musk deren Chefin Alice Weidel als "Deutschlands beliebteste Politikerin" bezeichnet, sich über eine Stunde lang mit ihr auf X unterhalten und sich zuletzt auch zum AfD-Wahlparteitag zuschalten lassen.

Elon Musk ist beim Wahlkampfauftritt der AfD per Video zugeschaltet und auf einer großen Leinwand hinter Alice Weidel zu sehen, die auf einer Bühne vor Deutschlandflaggen steht
Elon Musk und Alice Weidel beim Wahlkampfauftritt der AfD Bild: REUTERS

Den deutschen Regierungschef Olaf Scholz hingegen verspottet er als "Oaf Schitz", die ehemalige Vizepräsidentin der EU-Kommission für Werte und Transparenz Věra Jourová musste sich anhören, sie sei "der Inbegriff des banalen, bürokratischen Bösen".

Musk wolle die Politiker dazu bringen, die bestehenden Regulierungen zurückzudrängen, spekuliert Politikprofessor Tim Bale. Parth Patel vom progressiven Thinktank IPPR sorgt sich, dass Verschwörungserzählungen durch Musks Engagement in Großbritannien zum Mainstream werden könnten: "Es ist plausibel, dass es ihm gelingt, die Menschen in dieser Hinsicht zu indoktrinieren. Wenn das passiert, ist das sehr gefährlich."

Lob von Konservativen

Konservative britische Beobachter dagegen loben Musk: Dominic Cummings, ehemaliger Chef-Berater des Ex-Premiers Boris Johnsons, postete auf X: "Ein Glück für uns, dass Elon Musk Twitter gekauft hat." Ebenfalls auf X postete Andrew Griffith, Wirtschaftsminister im konservativen Schattenkabinett: "Da X zu einer echten Plattform für Meinungsfreiheit wird, wird die öffentliche Meinung nicht mehr von einer linksgerichteten Elite bestimmt."

Die britische Regierung hat unterdessen ein besonderes Auge auf X und andere Plattformen. Zur Zeit beschäftigt sich der Technologie-Ausschuss mit Falschinformationen und schädlichen Algorithmen in sozialen Medien, auch im Hinblick auf die rassistischen Ausschreitungen im vergangenen Sommer.

Menschen mit britischen und weiteren Fahnen
Rechte Demonstration im Oktober 2024 in London, die von Robinson unterstützt wurdeBild: Jordan Pettitt/dpa/PA Wire/picture alliance

Imran Ahmed vom Centre for Countering Digital Hate stand dort diese Woche Rede und Antwort, appellierte an die Politiker, die entsprechenden Aufsichtsbehörden finanziell besser auszustatten - man könne sich nicht ausschließlich auf die Zivilgesellschaft verlassen. Und nachdem Regierungschef Starmer die Angriffe des Trump-Vertrauten Musk monatelang ignorierte, fühlte er sich schließlich genötigt, öffentlich Stellung zu nehmen: Diejenigen, die Lügen verbreiteten, seien nur an sich selbst interessiert.

"Silenced", die Dokumentation, in der Robinson Falschaussagen über einen minderjährigen syrischen Flüchtling verbreitet hatte, kann unterdessen immer noch auf X abgerufen werden - über einhunderttausend Mal geteilt, unter anderem von Elon Musk.

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Birgit Maaß UK-Korrespondentin