War türkischer Geheimdienst an Planung des Attentats auf Turkmenbaschi beteiligt?
6. Februar 2003Am Mittwoch (5.2.) hat eine Quelle in den turkmenischen Rechtsschutzorganen der Deutschen Welle mitgeteilt, die Inszenierung des Terroranschlags in Aschgabad vom 25. November vergangenen Jahres habe der türkische Staatsbürger Yilmaz Mehmet Ihsan, ein Oberst des türkischen Geheimdienstes MIT, geleitet. Im Rahmen der Operation, die auf direkte Anweisung von Präsident Saparmurat Nijasow und des Leiters der Leibwache des Präsidenten, Akmurad Redschepow, organisiert worden sei, sei der in Turkmenistan bekannte türkische Geschäftsmann Ahmet Calyk als Vermittler aufgetreten, der das Vertrauen des Turkmenbaschi genieße, so die Quelle. Ahmet Calyk sei kurdischer Abstammung und er arbeite mit dem türkischen Geheimdienst MIT eng zusammen. Jedoch sei mehrmals beobachtet worden, dass er gleichzeitig Kontakte zu Vertretern der Kurdischen Arbeiterpartei unterhalte und kurdische Separatisten finanziell unterstütze. Die Quelle teilte ferner mit, dass Ahmet Calyk in Europa - in den Niederlanden und Deutschland - Scheinfirmen gegründet habe, die sich mit Geldwäsche befassten. Über Ahmet Calyk sagte der ehemalige turkmenische Landwirtschaftsminister Saparmurat Iklymow folgendes:
"Ahmet Calyk ist in Turkmenistan sehr bekannt. Er ist Nijasows Anhänger, ein Geschäftsmann aus einer gebildeten Familie. Er kontrolliert den Handel mit Textilien und Baumwolle, aber auch das Bauwesen und bis vor kurzem kontrollierte er sogar das Erdgas- und Erdölgeschäft. 1996 versuchte er zu erreichen, dass ich von Schweden an Turkmenistan ausgeliefert werde und im Jahr 2000 plante er meine Ermordung. Das erfuhren wir aus dem Kreis seiner Leute, aber dies erfuhren auch die schwedischen Geheimdienste, die danach die Sicherheitsmaßnahmen verstärkten."
Die jüngste Aktion von Ahmet Calyk im Dienste des Turkmenbaschi war die Lobbyarbeit des türkischen Vertreters bei der OSZE. Erreicht werden sollte, dass der sogenannte "Moskauer Mechanismus" verhindert wird. Mit diesem Begriff ist Paragraf 12 des in Moskau 1991 verabschiedeten Dokuments gemeint, das der OSZE erlaubt, Experten-Missionen in jedes Mitgliedsland zur Beobachtung der Lage vor Ort zu entsenden. Ende Dezember 2002 und Anfang 2003 setzte sich Ahmet Calyk mehrmals mit Vertretern der Türkei bei der UNO und OSZE in Verbindung. Die Folge war, dass sich die Türkei als einziges OSZE-Land gegen die Entsendung einer Mission nach Turkmenistan im Rahmen des "Moskauer Mechanismus" aussprach. Die wahren Motive für den angeblichen Anschlag auf Präsident Nijasow sieht Saparmurat Iklymow wie folgt:
"Das Ziel des Anschlags ist heute bekannt. 50 000 Kinder und Frauen, Verwandte und Bekannte der Verurteilten, haben kein Dach über dem Kopf und sie haben auch kein Geld zum Leben mehr. Der Begriff "Vaterlandsverräter" hat in Turkmenistan jetzt oberste Priorität. Ziel war es, Angst zu schüren, die Schrauben anzuziehen und das Land von der Außenwelt zu isolieren. Unter dem sogenannten Anschlag leidet nur das turkmenische Volk, sonst niemand."
Dieser Meinung schließt sich der im Exil lebende ehemalige Mitarbeiter des turkmenischen Innenministeriums, Aleksandr Petrow, an:
"Die Methoden, die Geheimdienste anwenden, sind sehr unterschiedlich. Ich nehme an, dass der Anschlag eine gut geplante Inszenierung war und dass daran nicht nur Dilettanten beteiligt waren. Man muss aber auch nicht besonders intelligent sein, um zu verstehen, dass der Terroranschlag eine schmutzige Erfindung war. Primitiv aber effektiv. Es gibt einen Anlass und es gibt Feinde und es war einfach, alle Feinde über einen Kamm zu scheren und zu beseitigen."
Ein weiterer Beweis für die engen Kontakte zwischen türkischen und turkmenischen offiziellen Kreisen im Zusammenhang mit dem angeblichen Anschlag auf Turkmenbaschi ist der Besuch einer türkischen Regierungsdelegation unter Leitung von Recep Erdogan am 9. Januar 2003 in Turkmenistan. Während des Besuchs wurde vereinbart, dass die türkischen Staatsbürger, die wegen der Beteiligung am Anschlag festgenommen wurden, an Ankara ausgeliefert werden. Dazu Aleksandr Petrow:
"Das ist eine bequeme Lösung. Die türkischen Staatsbürger, die sich an der Inszenierung des Anschlags beteiligt hatten, wurden in die Türkei zurückgeschickt und ihnen droht nichts mehr. Alles wurde genauestens geplant."
Jüngsten Meldungen aus Turkmenistan zufolge werden ab dem 1. März im Lande die Ein- und Ausreiseregelungen verschärft. Vorgesehen ist auch, eine staatliche Behörde zu gründen, die ausländische Staatsbürger registriert. Außerdem soll eine entsprechende Kommission unter Leitung des turkmenischen Außenministers Raschid Meredow gebildet werden. Diese Kommission soll künftig die Erteilung von Visa an ausländische Bürger prüfen. Die turkmenischen Botschaften im Ausland werden dann nur nach Genehmigung dieser Kommission ein Visum erteilen. Ferner ist geplant, die Ausreise von Bürgern aus dem Lande einzuschränken. (...) (MO)