Wahrheit über Kriege in Ex-Jugoslawien gefordert
22. September 2004Podgorica, 21.9.2004, BETA, serb.
Die Politiker aus dem ehemaligen Jugoslawien interessieren sich für die Wahrheit der Kriege, die dort seit dem Zerfall des Staates getobt haben, überhaupt nicht, behauptet der Vorsitzende der montenegrinischen Kriegsveteranen-Vereinigung seit 1990, Radan Nikolic.
"Die Politiker in den ehemaligen Republiken der SFRJ (Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien – MD) erzählen Märchen über die Kriege, wie es denen so passt", sagte Nikolic gegenüber der Nachrichtenagentur Beta. "Die Politiker manipulieren die Wahrheit der unmittelbaren Vergangenheit zu Gunsten ihrer engen Interessen und ihrer eigenen Macht". Die Wahrheit über die Kriege sollten Nikolic zufolge die Kriegsteilnehmer und ihre Familien erzählen. Sie wüsten am besten, was damals geschah.
Nikolic sagte, seine Veteranen-Vereinigung habe im Prinzip den Vorschlag der kroatischen Veteranen-Verteidiger des Heimatkrieges angenommen, dass jeder in seinem Land und durch gemeinsame Veranstaltungen die Wahrheit über die Kriege auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien erforscht und veröffentlicht. Die kroatischen Veteranen hätten das gleiche mit den Vereinigungen in Serbien und in Bosnien und Herzegowina besprochen und sich erst "sehr spät" daran erinnert, die montenegrinische Vereinigung zu kontaktieren.
Nikolic und sein kroatischer Kollege Vladimir Gojanovic sind zu der gemeinsamen Feststellung gekommen, dass es in den vorherigen Kriegen "keine Sieger und keine Besiegten gab, sondern nur Verlierer". Die Vorsitzenden beider Vereinigungen, deren Mitglieder sich einmal durch die Ziel-Fernrohre gesehen haben, fordern alle Kriegsteilnehmer in den ehemaligen jugoslawischen Republiken auf, "die volle Wahrheit über die Kriege zu sagen". "Wir sollten gemeinsam sehen, welche Lehre wir aus den tragischen Kriegen gezogen haben und wie wir eventuelle neue Kriege auf dem Balkan verhindern können", sagte Nikolic. (...) Nikolic warnt, dass es nicht leicht sei, eine bürgerliche Gesinnung zu erreichen, solange sich die ehemaligen und die jetzigen Verantwortlichen für die politischen, religiösen und anderen Teilungen sowie die Manipulatoren frei äußern dürfen.
Die Kriegsteilnehmer könnten das Projekt "Wahrheit für die Zukunft" für ihren künftigen Status in allen Staaten umsetzen, weil alle ehemaligen Kriegsteilnehmer sich Nikolic zufolge eher als Opfer fühlen. (...) Nikolic erwartet dabei massiven Wiederstand seitens der Machthaber und der Politiker in allen Staaten gegenüber der Initiative "Wahrheit für die Zukunft". Nikolic bestätigt diese Behauptung mit der Tatsache, dass das montenegrinische Verteidigungs-Amt sein mehr als bescheidendes Büro beschlagnahmt habe und zwar nur einen Tag nach seinen Gesprächen mit dem kroatischen Kollegen über die "Versöhnung" in dem Ort Herzeg Novi. (...)
Man sollte auf die individuelle Verantwortung der Soldaten, der Politiker und selbstverständlich der Kriegsgewinnler sowie der Vertreter der internationalen Gemeinschaft drängen, fordert der Vorsitzende der montenegrinischen Kriegsveteranen-Vereinigung seit 1990, Radan Nikolic. (fp)