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Vor den Wahlen in Jugoslawien

28. August 2002

- Die Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro

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Köln, 28.8.2002, DW-radio / Bosnisch, Ejub Stitkovac

Der Verfassungsentwurf für den Gesamtstaat von Serbien und Montenegro, über den sich die Regierungschefs von Serbien und Montenegro Anfang des Jahres geeinigt haben, ist in Serbien heftig umstritten. Kritik kommt auch von der Seite einzelner Koalitionsmitglieder. In einem Interview für die Deutsche Welle betont Premierminister Zoran Djindjic, dass der Entwurf die einzige Möglichkeit ist, das Problem ehrlich zu lösen. Ein Beitrag von Ejub Stitkovac:

Die Regierungen der beiden Republiken haben sich entschieden, ihren Verfassungsentwurf für den gemeinsamen Staat vorzulegen, wenn sich herausstellt, dass die Verfassungsgebende Kommission nicht in der Lage ist, ihr Werk zu vollenden. Denn keine Seite war bisher bereit, Kompromisse in Kernfragen zu schließen. Dies sind insbesondere Streitigkeiten über die Kompetenzen der Bundesregierung. Daher stammt auch eine starke politische Uneinigkeit innerhalb Serbiens und Montenegros. Davon zeugt auch, dass ein Treffen mit den Unterzeichnern des Belgrader Abkommens, anberaumt vom jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica, nicht stattgefunden hat. Das Belgrader Abkommen regelte die Einsetzung der Verfassungskommission und bildet so die Grundlage für die neue Verfassungsgebung.

Der serbische Premierminister Zoran Djindjic sagte gegenüber der Deutschen Welle, dass die Anberaumung des Treffens durch Kostunica mindestens problematisch gewesen sei:

"Praktisch wurde dieses Treffen zwischen Kostunica und Djukanovic anberaumt, aber es wurden auch andere informiert, die kommen sollten. Jetzt ist das nicht so wichtig. Wichtig ist, dass das Thema dieses Treffens bereits veraltet ist. Auf diesem Treffen sollten die Mitglieder der Verfassungskommission einen Bericht über Fragen vorlegen, die sie bisher noch nicht lösen konnten. Wir sollten uns das anhören und eine Lösung finden, wie wir weiterarbeiten können. Aber das ist bereits entschieden. Es ist so, als ob wir unsere Wettscheine jetzt ausfüllen, der Wettkampf aber schon vorgestern stattgefunden hat."

Djindjic, so scheint es, kümmert sich nicht um die Angriffe von Seiten seiner politischen Gegner, der Medien aber auch jener, die ihm schon seit längerer Zeit zugeneigt waren:

(Djindjic) "Es ist interessant, dass Milosevic seine ganze Kampagne des Jahres 1999 gegen mich geführt hat. Dabei war ich überhaupt nicht sein Gegenkandidat. Und es lief so, wie es laufen musste. Jetzt sehe ich, dass sich die ganze Kampagne [der Opposition] wieder nur damit beschäftigt, was ich mache, wohin ich gehe, mit wem ich mich treffe, womit ich mich beschäftige, aber nicht mit den eigenen Gegenkandidaten. So vermute ich also, dass es so laufen wird, wie es für Milosevic gelaufen ist. Ich wende dem nicht viel Aufmerksamkeit zu. In diesen Angriffen sehe ich, dass diese Leute kein eigenes Konzept haben. Es wäre sehr viel besser für das politische Leben in Serbien und für die politische Kultur, wenn wir zwei, drei klare Konzepte für die Zukunft dieses Landes hätten und dass sich die Menschen um diese Konzepte und Visionen gruppieren."

Ein großes Problem in Serbien besteht darin, dass ein großer Teil der Politiker sich mehr mit der Vergangenheit beschäftigt als mit der Zukunft. Der Mangel an Visionen eines zukünftigen Serbiens, welches, gemeinsam mit Montenegro oder ohne es, ein integraler Bestandteil der entwickelten Welt sein soll, hemmt die begonnenen Reformen.

(Djindjic) "Derzeit gibt es das Konzept der serbischen Regierung und alle versammeln sich darum, um es anzugreifen. Ich wüsste gerne, was sie [anstelle dessen] vorschlagen. Wie würde das Leben in diesem Land aussehen, wenn die Präsidentschaftskandidaten Vojislav Seselj, Velimir Ilic, Vojislav Kostunica oder Vuk Draskovic sich durchsetzen? Im Unterschied zu unseren politischen Gegnern haben wir ein Konzept. Das einzige, was ich sagen kann, ist, dass wir möglicherweise schlecht sind, bzw. dass ich schlecht bin. Vielleicht bin ich das tatsächlich auch. Aber das Problem meiner politischen Gegner besteht darin, dass sie [mein Verhalten] nicht beeinflussen können."

Djindjic konstatiert, dass Serbien in den Medien immer häufiger als ein schwarzer Fleck beschrieben wird. Auf unsere Frage, ob sich dieser Vorwurf an die Adresse der Journalisten oder der heimischen Politiker richtet, antwortete er:

"Medien leben von Ereignissen, sowohl in den USA als auch in England oder Serbien. Niemand kann erwarten, dass Medien Ereignisse nicht untersuchen. Wenn Sie neun von zehn Präsidentschaftskandidaten haben, die zugeben, dass die Lage in diesem Lande katastrophal ist, wem sollen dann ausländische Investoren vertrauen? Sollen sie den neun Kandidaten glauben, oder dem einen, der sagt, dass es nicht so ist. Die serbische Regierung wird dieser Tage [eine Strategie entwickeln] wie wir unsere Wirtschaft in der Welt besser darstellen können."

Djindjic denkt, dass es am wichtigsten ist, dass bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen derjenige gewinnt, der bereits gezeigt hat, dass er mit der entwickelten Welt zu kommunizieren weiß. Dabei erwähnte er auch den Kandidaten Miroljub Labus, der sich als ausgezeichneter Unterhändler, insbesondere mit internationalen Finanzinstitutionen erwiesen hat. (TS)