VOA-Aus gefährdet Pressefreiheit in Afrika
5. April 2025Als das Weiße Haus die De-facto-Auflösung der pro-demokratischen US-Auslandssender Voice of America (VOA) und Radio Free Europe/Radio Liberty anordnete, gingen Schockwellen durch die Radiowellen von Prag bis Addis Abeba.
"In den vergangenen 40 Jahren war VOA eine wichtige Informationsquelle für die politischen und sozialen Fragen Äthiopiens. Wenn der Radiosender seine Sendungen einstellt, wird es viel negativen Druck geben", sagt Endalekachew Haile Michael, ein in den Vereinigten Staaten ansässiger Medienforscher.
Die Haltung der Trump-Administration gegenüber Medieninstitutionen untergrabe den "vorbildlichen Status der Vereinigten Staaten in Bezug auf die Pressefreiheit weltweit", fügt er hinzu.
Stimme des Volkes
Für Hörer wie Alemayehu Gebreheywet war VOA "ein Sender, der neben den täglichen Nachrichten auch viel Lehrreiches sendete. Seit dem Beginn des sozialistischen Regimes in Äthiopien war VOA die Stimme des Volkes".
VOA begann 1942 mit der Ausstrahlung von Sendungen, zunächst um der nationalsozialistischen Propaganda in Europa entgegenzuwirken. Während des Kalten Kriegs positionierte sich der Sender gegen den Kommunismus. Seine Programme erreichten Osteuropa, Asien und Afrika. Nach dem Kalten Krieg wurde VOA zunehmend als zuverlässige Nachrichtenquelle in Ländern mit geringer Pressefreiheit angesehen.
Als Reaktion auf die US-Kürzungen forderten europäische Sender wie France Medias Monde und die Deutsche Welle Maßnahmen, um die Lücke zu füllen, die der Rückzug der staatlich finanzierten internationalen US-Sender hinterlassen wird. Auch wenn ein US-Gericht die Schließung von VOA vorerst gestoppt hat, bleibt die Zukunft des Senders ungewiss. Wer in diesen Tagen eines der VOA-Programme in afrikanischen Sprachen anklickt, erhält statt Informationen nur einen englischsprachigen Platzhalter in Dauerschleife.
US-Kürzungen erschüttern die afrikanische Medienlandschaft
Die Einstellung von VOA, die in 13 afrikanischen Ländern sendet, ist nur der jüngste Schlag gegen prodemokratische Medien in Afrika.
Zuvor hatten schon die Mittelkürzungen bei der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) und anderen ausländischen Hilfsprogrammen indirekt Auswirkungen auf die Medien, angefangen bei der Ausbildung über Faktenüberprüfungsteams bis hin zu Verlagen.
Im Jahr 2024 trugen die USA rund 12,7 der globalen 41 Milliarden-Hilfe für Subsahara-Afrika, die afrikanischen Länder profitierten vor allem von US-finanzierten globalen Programmen zur Bekämpfung von Krankheiten wie HIV/Aids.
"Viele afrikanische Medien, die von Gemeinschaften oder Start-ups gegründet wurden, haben sich lange Zeit auf die Finanzierung durch Geber verlassen. Wir erleben eine große Unsicherheit", sagt Nancy Booker, Professorin für Journalismus, Medien und Kommunikation an der Aga-Khan-Universität in Nairobi der DW.
Simon Allison von der unabhängigen südafrikanischen Publikation "The Continent", beschreibt die Situation als "ein Ereignis, das für einige Medienhäuser das Aussterben bedeuten wird".
"The Continent" ist nicht von Kürzungen betroffen. "Selbst diejenigen, die nicht von der US-Hilfe abhängig sind, haben zu kämpfen, vor allem in Südafrika. Ich glaube nicht, dass es irgendein Medienhaus gibt, das floriert oder große Gewinne macht", sagt Allison der DW.
Laut Booker haben die Mittelkürzungen einen Dominoeffekt, der auch Programme betrifft, die nicht von der US-Regierung gefördert wurden. "Es geht nicht nur um die nationalen Agenturen, sondern auch um bilaterale Kooperationen, weil der Druck auf sie wächst, nicht weiterzumachen", sagt sie der DW.
Die Leitung einer Medienorganisation in Tansania, die nicht namentlich genannt werden will, sieht in der Medienfinanzierung nur eine Komponente eines von Gebern finanzierten Systems, das praktisch über Nacht auf den Kopf gestellt worden sei. "Das geschieht nicht isoliert", so die Führungskraft im Gespräch mit der DW. "Wenn der größte Geldgeber der Welt sagt, dass er nicht mehr an Klima- oder Umweltfragen, Inklusion, Vielfalt und Gleichberechtigung interessiert ist, setzt das die Agenda für andere Organisationen."
Ein zentrales Problem ist der Verlust von Arbeitsplätzen für Journalisten, deren Angehörige und Unternehmen, die im Umfeld von geberfinanzierten NGOs entstanden sind. "In den meisten afrikanischen Ländern ist es so, dass, wenn es einer Person in einer Gemeinde gut geht, plötzlich 50 bis 100 Menschen von ihr abhängig sind. Organisationen wurden geschlossen, Menschen wurden entlassen aus Jobs, die bisher als die sichersten galten", so die tansanische Medienführungskraft.
Ein strategischer Fehler?
Die VOA-Auflösung und die Kürzungen von Hilfsprogrammen, die unabhängige Medien unterstützten, wurden in den USA scharf kritisiert. Auch auf dem afrikanischen Kontinent gab es deutliche Kritik.
Für den äthiopischen Journalismus, so Endalekachew Haile Michael, wird das "erste Opfer" der Verlust einer faktenbasierten Berichterstattung sein. "Das zweite Problem ist, dass die USA damit freiwillig auf Soft Power verzichtet haben. Heute entwickeln China, Russland und die Länder des Nahen Ostens ihre eigenen Medienkanäle."
Während das Weiße Haus das Aus von VOA damit rechtfertigt, dass die Steuerzahler "nicht länger für radikale Propaganda" zahlen müssten, bezeichnen Kritiker in den USA die Kürzungen als gefährlich für die Pressefreiheit und als strategischen Fehler.
"Die einzigen, die dies bejubeln, sind Gegner und autoritäre Staaten auf der ganzen Welt, in denen es keine Pressefreiheit gibt", stellte der Kongressabgeordnete Raja Krishnamoorthi von der Demokratischen Partei fest. Die staatliche chinesische Zeitung "Global Times" schrieb in einem Leitartikel: "Das Informationsmonopol einiger traditioneller westlicher Medien wird gebrochen."
Trump kritisiert die Medienberichterstattung über ihn regelmäßig. Zugleich stellte er den Sinn der VOA-Finanzierung infrage, nachdem klar war, dass der US-Auslandssender nicht bereit war, seine redaktionelle Unabhängigkeit aufzugeben.
Die in Nairobi lebende Booker fürchtet, dass die Zurechtweisung kritischer Medien durch die US-Administration auch anderen Staatsoberhäupter als Vorlage dienen könnte, in ähnlicher Weise auf kritische Berichterstattung zu reagieren. "Die USA sind ein Vorbild für viele Dinge, auch im Hinblick auf die Regierungsführung", sagt sie und fügt an: "Einige unserer Politiker könnten jetzt denken, dass dies der Weg ist, auf Medien und Journalismus zu reagieren."
Der Weg in die Zukunft
Jahrzehntelang haben Hilfsgelder dazu beigetragen, journalistische Kapazitäten in den Bereichen Ausbildung, Faktenüberprüfung und Menschenrechte aufzubauen. "Grundsätzlich ist es für uns alle eine gute Idee, uns von der Finanzierung durch Geberländer zu lösen, aber die plötzliche Entscheidung der USA hat viele Medienhäuser unvorbereitet getroffen", so Allison von "The Continent".
Die Notwendigkeit schneller Anpassungen lässt nicht allzu viele Alternativen zu, da die lokalen und nationalen Regierungen bereits über zu wenig Mittel verfügen. "Wir beobachten eine wachsende Unterstützung auf lokaler Ebene und arbeiten hart daran, Werbekunden davon zu überzeugen, dass es wichtig ist, mit unabhängigen Medienhäusern zusammenzuarbeiten", so Allison.
Allison, Booker und andere Beobachter glauben, dass die US-Kürzungen trotz des Schocks, den sie ausgelöst haben, Anstoß für afrikanische Medien sein können, alternative Finanzierungsmodelle zu finden. "Wenn wir dem Publikum klarmachen können, dass es sich lohnt, für uns zu zahlen, dann sind wir auf dem Weg in eine viel nachhaltigere Zukunft", betont Allison.
Aus dem Englischen adaptiert von Martina Schwikowski.