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Verleger der "Koha Ditore" schlägt Verfahren zur Regierungsbildung im Kosovo vor

5. Februar 2002

– Veton Surroi legt den Parteien nahe, die Besetzung der Ämter des Präsidenten und Premiers bis zur Entscheidung über alle Sachfragen auf Eis zu legen

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Pristina, 2.2.2002, KOHA DITORE, alban.

Wir stecken (neben dem Matsch auf unseren Straßen) in einem tiefen politischen Sumpf. (...) Als Gesellschaft können wir weiterhin jammern und uns gegenseitig die Schuld geben, aber wenn der Karren im Morast feststeckt, lässt sich mit Streiten und Klagen nichts ausrichten. Schließlich wurde das auch bereits versucht. Seit drei Monaten beschuldigt die Öffentlichkeit die Parteien, die Parteien beschuldigen sich gegenseitig und die internationale Gemeinschaft macht uns allen miteinander den Vorwurf, dass wir nicht in der Lage sind, eine Regierung zu bilden.

Erstens: Vorwürfe bringen nichts, außer dem, was sie bisher schon gebracht haben. Sowohl die Parteien als auch die internationalen Vermittler müssen ihre Haltung in zwei grundlegenden Elementen ändern: Zunächst müssen sie aufhören, nach dem Schuldigen zu suchen, und zweitens, müssen sie sich, anstatt nach Rezepten für eine Regierung oder Rezepten für einen Präsidenten oder Premierminister zu suchen, sich auf die Zusammensetzung einer Regierung oder eines Regierungsbündnisses konzentrieren.

Zweitens: Lösen wir erst das Problem, das unsere Öffentlichkeit, unser öffentliches Leben vergiftet und das über Parteizeitungen und in der täglichen Kommunikation unter den Menschen unterschiedlicher Parteizugehörigkeit die Sprache des Hasses fördert und verschlimmert. Das war besonders der Fall nach dem ersten Mord an einem Abgeordneten des Parlaments von Kosova, dem LDK-Abgeordneten Smajl Hajdaraj. Nicht um Schuldzuweisungen sollte es gehen, sondern darum, den eingeschränkten Rahmen, in dem unsere Parteien operieren, zu begreifen. Die LDK hat Recht, wenn sie sagt, sie habe die meisten Stimmen errungen und das Mandat zum regieren fordert. Die PDK hat auch Recht, wenn sie sagt, sie habe genug Stimmen errungen, mit denen sie im parlamentarischen Verfahren eine LDK-Regierung, die ohne eine Vereinbarung mit der PDK gebildet wurde, blockieren kann. Gefangen in einer monatelangen Blockade haben beide Parteien Recht, aber nicht Recht genug. Die Wahlergebnisse unter dem gültigen Verfassungsrahmen sollten sie zu der Erkenntnis bringen, dass es ihnen an Macht fehlt, um ohne Partner regieren zu können. Selbst wenn es dauert, bis politische Parteien das einsehen, haben sie dennoch nicht das Recht, einander undemokratisches Verhalten oder den Versuch, etwas zu erlangen, das ihnen nicht zustehe, vorzuwerfen. Die LDK hat eine beträchtliche Mehrheit errungen, die ausreicht, um den Rhythmus der Verhandlungen zu diktieren. Die PDK hat eine starke Minderheit der Stimmen errungen, die gerade ausreicht, um sie zu einem Teil des Prozesses der Lösung des Problems zu machen.

Drittens: Das zweite Problem ist etwas schwieriger als das erste. Die internationalen Vermittler, politischen Führer und ein Teil der Öffentlichkeit sind in dem Spiel gefangen, über einen Präsidenten und einen Premierminister zu entscheiden, deren Gesichter dann auf den Titelseiten der Zeitungen erscheinen und die Identität der Regierung Kosovas repräsentieren. Seit drei Monaten hat es nicht eine Diskussion über die Frage gegeben, was eine funktionierende Regierung Kosovas wirklich bedeutet. Die LDK und die PDK haben mehr oder weniger ihre Bereitschaft zur Aufteilung der Regierungsmacht erklärt. Aber sie haben es so verstanden, (so die eine Version), dass die LDK die führenden Posten besetzt, während die PDK und die AAK die Ministerien führen. Oder (so die andere Version) die LDK bekäme das Amt des Präsidenten, wenn die PDK das des Premierministers bekäme. Keine dieser Versionen gibt uns eine Vorstellung von einer Regierung. Was, zum Beispiel, wäre ihre Position zur Privatisierung, wie würde der Etat erstellt und wie sind das Sozialsystem und die Rentenfonds zu organisieren? Oder wie könnte das Monopol im Telekommunikationsmarkt beseitigt werden und so weiter, ganz zu schweigen vom Rechts- Gesundheits- und Bildungswesen. Sowohl die LDK als auch die PDK, jede auf ihre Weise, hat den Internationalen (Vertretern) gesagt, dass sie für eine Teilung der Regierungsmacht ist, aber sie haben weder den Internationalen noch uns gesagt, wie ihre Pläne für eine funktionierende Regierung aussehen. Die Ausreden der Parteien, dass zunächst darüber zu entscheiden sei, wer die Regierung führen solle und sie dann ihre Positionen offen legen würden, ergibt keinen Sinn, denn es ist eben dieser Wettlauf um Posten, der den Prozess blockiert.

Viertens: Die Blockade des Prozesses muss über Veränderungen und Annäherungen aufgehoben werden. Wenn die LDK und die PDK in der Blockade gefangen sind, dann muss von ihnen erwartet werden, dass sie die Spannungen verringern. Es folgen einige Vorschläge:

  1. Auf Eis legen: Wenn sich beide Parteien im Grundsatz einig sind, eine gemeinsame Regierung zu bilden, dann müssen sie die Debatte über den Präsidenten und den Premierminister auf Eis legen, um die Grundlagen einer funktionsfähigen gemeinsamen Regierung aufzubauen.
  2. Prinzipien: Sobald die Frage des Präsidenten und des Premierministers vorläufig auf Eis gelegt ist, könnten Kommissionen, bestehend aus bedeutenden Persönlichkeiten beider Parteien, zusammentreten und sich auf die grundlegenden Prinzipien einer gemeinsamen Regierung einigen.
  3. Regierungsprogramm: Nach einer Einigung über die Grundlagen könnten sie mit der Ausarbeitung gemeinsamer operativer Aspekte fortfahren, die dann das künftige Regierungsprogramm ergäben, dass heißt, sie würden ein Regierungsprogramm ausarbeiten.
  4. Kandidatur: Erst nachdem die Grundlagen und die Programme erfolgreich erarbeitet sind, würde die Nominierung der besten Personen für Ministerämter erfolgen. Von neun bislang vorgesehenen Ministerien würden zwei automatisch den Minderheitenvölkern zustehen, während sieben andere für die LDK und die PDK (einschließlich der AAK) blieben. Die Kommissionen würden in zwei Runden mit den Namen ihrer Experten für die entsprechenden Ministerien ins Rennen gehen, unter Beibehaltung des Proporzes, der die Stimmenzahl im Parlament widerspiegelt.
  5. Konsens mit den Minderheiten: Wenn das erfolgt ist, würden die Grundsatzdokumente der Regierung den Parteien der Minderheitenvölker vorgelegt, die an der Regierung beteiligt werden, damit diese daran mitwirken können, und zwar nicht durch einen Automatismus, sondern im Konsens.
  6. Ämter: Nachdem alle diese Schritte abgeschlossen sind, können die abschließenden Gespräche über den Präsidenten und den Premierminister beginnen. Bis dahin hätten die Parteien eine beträchtliche Strecke des Weges zurückgelegt und die Basis gegenseitigen Verständnisses aufgebaut.
  7. Zeitliche Rahmen: Es sollte Zeitrahmen für alle Phasen eines solchen Planes geben, wobei in der abschließenden Phase die Besetzung der Ämter des Präsidenten und des Premierministers erfolgt, mittels fortlaufender Diskussionen, bis eine Lösung gefunden ist.
  8. Gute Dienste: Dieser Prozess würde von Institutionen und Einzelpersonen aus der kosovarischen Zivilgesellschaft unterstützt, die den Respekt beider Parteien genießen. Internationale Vertreter, die den Respekt beider Parteien genießen, könnten in der letzten Phase des Prozesses aktiv einbezogen werden. (MK)