Venezuela und der Iran: Partner unter Druck
23. Februar 2025Mitte Februar hoben vom Flughafen der mexikanischen Stadt El Paso zwei Flugzeuge der venezolanischen Airline Conviasa ab. Ihr Ziel: Venezuela. An Bord: Migranten von eben dort, ein Teil von ihnen Mitglieder der kriminellen Gang Tren de Agua. Der Flug ging zurück auf Gespräche, die der Sondergesandte von US-Präsident Donald Trump, Richard Grenell, wenige Tage zuvor in Caracas mit Präsident Nicolás Maduro geführt hatte. Mit in die USA zurück nahm Grenell auch sechs US-amerikanische Staatsbürger, die in Venezuela inhaftiert waren. Die Botschaft des Treffens: Dies USA und Venezuela reden wieder miteinander.
Etwas anders präsentiert sich die Lage im Iran: Dorthin hat Trump bislang keinen Vertreter entsandt. Der Kontakt mit der dortigen Regierung läuft derzeit vor allem über politischen Druck. Iran solle keine Atombombe haben, heißt es auf der offiziellen Webseite des Weißen Hauses; iranische "Terroristen" sollten "neutralisiert" werden, der Waffenproduktion des Landes gelte es entgegenzutreten. Dazu solle das US-Finanzministerium "maximalen Druck" auf die Regierung in Teheran ausüben. Der iranische Außenminister zeigte sich nach den Verlautbarungen gesprächsbereit. "Wenn das Hauptanliegen ist, dass Iran keine Atomwaffen anstrebt, dann ist das erreichbar", sagte er vor einigen Tagen.
Offen ist, wie sich der entschiedene Kurs der Trump Regierung in Richtung Venezuela und Iran auf das Verhältnis der beiden Staaten zueinander auswirkt. Diese hatten bislang ein enges politisches Verhältnis gepflegt und wirtschaftlich eng zusammengearbeitet. Im Juni 2023 war der damalige iranische Präsident Ebrahim Raisi zu Gesprächen mit dem venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro nach Caracas gereist.
Angebot: Exil in Caracas
Dies ging so weit, dass die Regierung in Caracas der politischen Führung in Teheran im November vergangenen Jahres Asyl für den Fall angeboten hatte, dass es im Iran zu einem Umsturz kommt. So berichtete es unter anderem die chilenische Zeitung La Tercera. Die Pläne scheinen weit gediehen: Informationen der Zeitung zufolge haben Mitglieder der iranischen der Führungsriege bereits Immobilien in Venezuela erworben.
Hoher ökonomischer Druck
Beiden Staaten stehen unter hohem ökonomischem Druck, verursacht wesentlich durch starke westliche Sanktionen, vor allem der USA, der Europäische Union und mehrerer westlicher Länder, darunter Großbritannien und Kanada. Begründet werden sie mit den Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen, in Venezuela ebenso wie im Iran. Der Iran wird zudem wegen seines Atomprogramms sanktioniert.
Hinzu kommt, dass beide Staaten in ihrer jeweiligen Region sehr isoliert sind: "Der Iran hat im Nahen Osten keinen staatlichen Partner mehr", sagt die Politologin Sara Bazoobandi vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel. "Stattdessen setzt er in mehreren Ländern auf nicht-staatliche Akteure, allen voran die Hisbollah im Libanon, schiitische Milizen im Iran und die Huthi-Milizen im Jemen. Doch deren Bedeutung ist seit dem Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen massiv geschwunden."
Ähnlich gehe es Venezuela, sagt Sabine Kurtenbach, Interimspräsidentin des German Institute for Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg. "Letztlich hat das Land in Lateinamerika nur noch Unterstützung von Nicaragua, Kuba und von Teilen der Opposition in Bolivien." Darum liegt die Zusammenarbeit beider Staaten wirtschaftlich nahe, so Kurtenbach weiter. "Beiden geht es darum, die Sanktionen möglichst zu umgehen, zumindest aber ihre Auswirkungen abzumildern."
Zu diesem Zweck arbeiten beide Länder eng zusammen. So exportiert der Iran raffinierte Ölprodukte nach Venezuela, da das venezolanische Erdöl wegen mangelnder Infrastruktur vielfach nicht verarbeitet werden kann. Zudem unterstützt der Iran Venezuela beim Aufbau von Raffinerien, Infrastruktur und Industrie. Auch Waffen, etwa Drohnen, finden laut La Tercera den Weg aus dem Iran nach Venezuela.
Venezuela seinerseits liefert Rohöl und Erdölprodukte sowie Agrarerzeugnisse - etwa Kaffee, Kakao und tropische Früchte - in den Iran. Die technischen Dienstleistungen des Iran bezahlt die Regierung in Caracas auch mit venezolanischem Gold.
Ideologische Verbundenheit
Grundlage des engen Verhältnisses der beiden Staaten sei ihreideologische Verbundenheit, sagt die Iberoamerikanistin Sabine Kurtenbach. "Beide Staaten sind durch ihre Ideologie des so genannten 'anti-imperialistischen Kampfes' gegen die USA verbunden. Im Iran begann der mit der Revolution des Jahres 1979, in Venezuela seit den späten 1990er Jahren, genauer, der Präsidentschaft von Hugo Chávez 1999."
Dies veranlasse Venezuela, sich als Vorreiter einer multipolaren Weltordnung zu inszenieren, so Kurtenbach. "Die Regierung Maduro zielt auf eine Konstellation, in der die USA global weniger Macht und einen geringeren Einfluss hat. Denn allein in einer solchen Konstellation könnte die Regierung Maduro langfristig bestehen."
Entsprechend gehören verbale Attacken auf die USA zum ideologischen Inventar von Nicolás Maduro. So sprach er im vergangenen Oktober von einem "neokolonialen und imperialen Verhalten der USA."
Ähnlich sieht es auch Sara Bazoobandi mit Blick auf den Iran. Der Iran teile nicht nur mit Venezuela, sondern auch mit China, Russland und Nordkorea eine gemeinsame Weltanschauung. "Diese setzt auf den Niedergang der gegenwärtigen liberalen Ordnung und den Niedergang der globalen Macht des Westens, angeführt von den USA." Entsprechend ist auch die von der Staatsführung gepflegte Rhetorik. "Egal, wer in den USA an die Macht kommt, ihre Politik gegenüber dem Iran ist die gleiche: Feindschaft, Arroganz, Heuchelei", erklärte der iranische Ali Chamenei, das religiöse und politische Oberhaupt des Irans, im November 2020, kurz nach den damaligen US-Präsidentschaftswahlen. "Sie sind das wahre Gesicht des Bösen."
Ungewisse Zukunft
Entsprechend teile der Iran die Ambitionen Venezuelas, sagt Sara Bazoobandi. "Auf der Grundlage dieser gemeinsamen Erzählung fassen diese Staaten Vertrauen zueinander. Und Vertrauen ist in diesen Beziehungen enorm wichtig. Denn darauf gründet dann auch ihre tatsächliche Zusammenarbeit." Offen sei aber, wie sich das Verhältnis der beiden Staaten angesichts der Trump-Administration entwickeln wird.
"Der strategische Kurs Irans befinde sich an einem Wendepunkt", sagt Sara Bazoobandi. Trump wolle, dass Teheran seine nuklearen Ambitionen aufgibt. Andernfalls steige das Risiko eines Militärschlags Israels gegen die Nuklearanlage. "Sollte Iran diese Bedingung aber akzeptieren, werden die Sanktionen voraussichtlich gelockert, wodurch sich mehr Möglichkeiten für Iran eröffnen, sich wieder in die globale Wirtschaft zu integrieren. In diesem Fall wäre Venezuela möglicherweise kein attraktiver Partner." Entscheide sich Iran jedoch, die US-Bedingung abzulehnen und sein Nuklearprogramm fortzusetzen, könnten Länder wie Venezuela wirtschaftlich für Iran mehr Bedeutung gewinnen, so Bazoobandi.
Ähnlich sieht es Sabine Kurzenbach. "Sollten die USA bei der venezolanischen Ölförderung künftig kooperieren, wäre das für die Regierung Maduro sicher interessant."