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Usbekistan vor den Parlamentswahlen

18. November 2004

– Keine einzige Oppositionspartei tritt an

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Bonn, 17.11.2004, DW-RADIO / Russisch

Die Zentrale Wahlkommission Usbekistans hat bekannt gegeben, welche Kandidaten über Parteilisten, welche im Alleingang antreten und welche überhaupt nicht zugelassen wurden. Vertreter der Opposition wollen die Wahlen boykottieren. Sie erklärten, das Vorgehen der Zentralen Wahlkommission sein einer der Gründe für diese Entscheidung.

Bis zu den Wahlen zum usbekischen Parlament bleiben noch 39 Tage. Auf einer Pressekonferenz in Taschkent fasste die Zentrale Wahlkommission zusammen, wer von Initiativgruppen und wer von politischen Parteien als Abgeordnetenkandidat nominiert wurde. Die Zentrale Wahlkommission veröffentlichte auch einen Beschluss, der die Tätigkeit der Presse während des Wahlkampfes regelt. Unter anderem ist vorgesehen, dass unabhängige Kandidaten und Kandidaten von Parteien nach einem von der Zentralen Wahlkommission festgelegten Zeitplan die Möglichkeit erhalten, sich in der Presse und im Rundfunk vorzustellen. Geplant sind sogar Fernsehdebatten. Vertreter aller von der Zentralen Wahlkommission zugelassenen Parteien erklärten aber vor Journalisten, bis jetzt an eine solche Form des politischen Kampfes noch nicht gedacht zu haben.

Die Zentrale Wahlkommission ließ alle fünf im Parlament der jetzigen Legislaturperiode vertretenen Parteien zu den Wahlen zu. Somit wird es auf der Wahlkampfbühne keine Neulinge geben, darunter auch keine einzige Oppositionspartei. Um von der Zentralen Wahlkommission eine Zulassung zu erhalten, muss eine Partei im Justizministerium mindestens ein halbes Jahr als gesellschaftliche Organisation geführt werden. In diesem Frühjahr wurde die Opposition aber von mehreren Auseinandersetzungen, Spaltungen von Fraktionen, Führungswechseln und Umverteilungen von Posten erschüttert. Dabei ging viel Zeit verloren und keine der Parteien konnte das Zulassungsverfahren bestehen. Man könnte meinen, dass die Staatsmacht dies mit Genugtuung verfolgt habe.

Der Pressesprecher der Zentralen Wahlkommission, Schersod Kudratchodschajew, teilte auf einer Pressekonferenz in Taschkent mit, der Staat unterstütze den Wahlkampf jedes Kandidaten mit umgerechnet 700 US-Dollar. Das Geld würden sowohl Kandidaten von Parteien als auch solche erhalten, die im Alleingang antreten, also solche, die von Initiativgruppen aufgestellt werden. Vor allem auf solche Kandidaten setzte die Opposition. Aber die Frist für die Zulassung der Kandidaten verstrich und man muss feststellen, dass die Opposition auch hier kaum über reale Chancen verfügt. 150 Kandidaten, die im Alleingang antreten wollen, reichten ihre Anträge ein, und nach Informationen, die der Deutschen Welle vorliegen, ist nur einer von ihnen Mitglied einer oppositionellen Partei. Schersod Kudratchodschajew sagte in diesem Zusammenhang:

"Die Zentrale Wahlkommission interessiert überhaupt nicht, welche Organisation sie vertreten, wer hinter ihnen steht, wobei solche Fragen bei uns oft provoziert werden. Wir prüfen nur, ob die zusammengetragenen Dokumente und die Unterschriften korrekt sind. Erst danach entscheiden wir."

Der Direktor des Zentrums für demokratische Initiativen, Iskandar Chudajberganow, ist aber anderer Meinung:

"Das erste Problem betrifft die Unterschriftensammlung. Das zweite Problem besteht darin, wie diese Unterschriften bei den Kommissionen in den Wahlkreisen abgegeben werden müssen. Als die Kandidaten die Unterlagen mit den Unterschriften der Mitglieder der Initiativgruppen dorthin brachten, stießen sie auf Ablehnung. Zurückgewiesen wurden sie auf verschiedene Weise. Manchmal war einfach niemand da. Andere erklärten, dass die Unterschriften nicht korrekt gesammelt worden seien, weil keine Versammlungen veranstaltet worden seien. Wenn es gelang, die Unterlagen abzugeben, dann kam der Druck von den Gouverneuren oder den Rechtsschutzorganen."

Der stellvertretende Vorsitzende der Oppositionspartei "Birlik", Pulat Achunow, nannte ein Beispiel dafür, wie seinen Kollegen die Zulassung verweigert wurde:

"Nachdem ihre Unterlagen abgelehnt wurden, richteten sie ein Schreiben an die Wahlkommission des Wahlkreises, dem sie alle Unterlagen beifügten. Sie erhielten auch eine Antwort. Darin heißt es, dass sich unter der angegebenen Adresse keine Wahlkreis-Kommission befinde."

Der Pressesprecher der Zentralen Wahlkommission, Schersod Kudratchodschajew, übte Kritik an den Kandidaten, die im Alleingang antreten wollen:

"Die Zentrale Wahlkommission prüfte die Unterlagen, die von den 150 Initiativgruppen eingereicht wurden. Leider wurden zahlreiche Gesetzesverstöße und Unterschriftenfälschungen festgestellt. In einem Wahlkreis wussten von 325 Mitgliedern einer Initiativgruppe 46 überhaupt nicht, dass sie der Initiativgruppen angehören. Das bedeutet, dass die vom Gesetz vorgesehenen 300 Personen nicht vorhanden waren. Und dann beschwert sich eine solche Initiativgruppe auch noch, dass man sie nicht zulässt. Natürlich kann man sie dann nicht zulassen. Die Zentrale Wahlkommission ist dafür da, um Gesetzesverstöße festzustellen. Wenn sie schon heute gegen das Gesetz verstoßen, was wäre dann morgen, wenn sie im Parlament säßen?"

Zu der Fälschung von Unterlagen sagte Iskandar Chudajberganow der Deutschen Welle folgendes:

"Wenn die Unterschriften gefälscht sind, dann ist das eine Straftat. Das ist dann nicht ein Fall für die Wahlkreis-Kommission, sondern für die Justiz."

Auch auf dem Lande ist eine Diskussion mit der Opposition entbrannt. Darüber berichtet der Deutschen Welle der Jurist der "Partei freier Dechkane", Farchad Mirachmedow:

"Nigora Chidojatowa schickte zwei Mitglieder der ‚Partei freier Dechkane‘ in einen Wahlkreis des Landes, damit sie dort eine Versammlung einer Initiativgruppe abhalten, die sie als Kandidatin aufstellen sollte. In einem Hotel der Stadt Fergana wurden sie von Unbekannten überfallen. Es kam zu einer Schlägerei. Danach wurde ihnen von den Rechtsschutzorganen vorgeworfen, gegen die öffentliche Ordnung verstoßen zu haben. Sie wurden für 15 Tage inhaftiert. Nigora Chidojatowa versuchte, ihre Anhänger freizubekommen. Ihr Vertreter verhandelte mit dem Richter, der das Urteil fällte. In einem persönlichen Gespräch sagte dieser, das Urteil könne so lange nicht revidiert werden, so lange keine entsprechende Genehmigung aus Taschkent vorläge."

Solche unberechenbaren Methoden zeigen, dass Beobachter notwendig sind. Schersod Kudratchodschajew sagte dazu vor Journalisten:

"Die OSZE wird Beobachter entsenden, etwa 12 Personen. Darüber hinaus werden GUS-Beobachter kommen, aber auch Vertreter vieler Länder und internationaler Organisationen. Alle Einzelheiten werden bald veröffentlicht. Neben den internationalen Beobachtern wird es aber auch lokale geben."

So wie die Beobachter sind auch die Journalisten an einen transparenten Wahlgang interessiert. Am Dienstag (16.11.) wurde klar, dass eine Akkreditierung der Zentralen Wahlkommission nicht ausreicht, damit ein Journalist seiner Arbeit nachgehen kann. Der Pressesprecher der Zentralen Wahlkommission sagte zu dem neuen Verfahren folgendes:

"Laut Gesetz können Medien auch Beobachter sein. Das heißt aber nicht, dass sie automatisch zu welchen werden. Sie müssen innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Frist, ich glaube das sind 25 Tage vor den Wahlen, Ihre Dokumente bei der Zentralen Wahlkommission einreichen. Binnen fünf Tagen können Sie dann ein Beobachtermandat erhalten."

Die Korrespondenten der Deutschen Welle und deren Kollegen in Taschkent haben nun neue Sorgen ...

Die Parlamentswahlen in Usbekistan finden am 26. Dezember statt. (MO)