Trump setzt Ukraine-Hilfe aus - EU reagiert prompt
4. März 2025Die Ukraine wird vorerst keine weitere Militärhilfe der Vereinigten Staaten erhalten. Zahlreiche Medien melden unter Berufung auf ungenannte Vertreter des Weißen Hauses, Präsident Donald Trump habe angeordnet, die noch unter der Vorgängerregierung von Joe Biden bewilligten Lieferungen auszusetzen. "Wir unterbrechen und überprüfen unsere Hilfe, um sicherzustellen, dass sie zur Lösungsfindung beiträgt", sagte ein Mitarbeiter, der anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur AFP.
Der "New York Times" zufolge wird die Aussetzung unmittelbar wirksam. Es geht demnach um Waffen und Munition im Wert von mehreren Hundert Millionen US-Dollar. Die Lieferungen sollten die Ukraine in ihrem nunmehr dreijährigen Abwehrkampf gegen Russland unterstützen. Bekannt wurde die Entscheidung wenige Tage nach einem diplomatischen Eklat: Am Freitag hatte Trump seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenkskyj in Washington vor laufenden Kameras gedemütigt und sich mit ihm heftige Wortgefechte geliefert.
EU-Kommission legt "Plan zur Wiederaufrüstung Europas" vor
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen legte unterdessen einen milliardenschweren "Plan zur Wiederaufrüstung Europas" vor. Zwei Tage vor einem EU-Krisengipfel zur Ukraine schlug sie in einem Fünf-Punkte-Papier eine Lockerung der Schuldenregeln und Anreize zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben vor. Insgesamt könne Europa so "nahezu 800 Milliarden Euro" mobilisieren, sagte von der Leyen.
Die Christdemokratin stellte den Mitgliedsländern unter anderem Kredite in Höhe von 150 Milliarden Euro in Aussicht, um gemeinsam Raketen oder Luftabwehrsysteme zu beschaffen. Damit könnten die EU-Staaten ihre Militärhilfen für die Ukraine sofort deutlich steigern, erklärte sie. Weitere Mittel sollen über den EU-Haushalt, die Europäische Investitionsbank (EIB) und durch Anreize für Privatinvestoren generiert werden.
Selenskyj pocht auf Sicherheitsgarantien
Selenskyj hatte zuvor erklärt, er wolle den Krieg "so bald wie möglich" beenden. In seiner allabendlichen Videoansprache bestand er zugleich auf Sicherheitsgarantien für sein Land als Voraussetzung für eine Waffenruhe. Weil damals Sicherheitsgarantien für die Ukraine gefehlt hätten, habe Russland vor elf Jahren mit der Besetzung der Krim und mit dem Krieg im Donbass beginnen können, erklärte Selenskyj. Gleiches gelte für die groß angelegte russische Invasion seit 2022.
Trump hatte in den vergangenen Tagen seine verbalen Attacken gegen Selenskyj weiter verschärft. Der ukrainische Präsident werde "nicht mehr lange da sein", sollte es nicht zu einer Waffenruhe kommen, sagte Trump. Später fügte er hinzu, er werde sich die Haltung Selenskyjs - dem er fehlenden Friedenswillen vorwarf - "nicht mehr lange gefallen lassen".
Selenskyj bezeichnet Streit mit Trump als "bedauerlich"
Inzwischen hat Selenskyj seinen Streit mit US-Präsident Donald Trump als "bedauerlich" bezeichnet. Er sei bereit, unter der Führung des US-Präsidenten an einem dauerhaften Frieden zu arbeiten, und es sei "Zeit, die Dinge richtig zu stellen", schreibt der ukrainische Staatschef auf X.
"Unser Treffen in Washington, am Freitag im Weißen Haus, ist nicht so verlaufen, wie es geplant war. Es ist bedauerlich, dass es so gekommen ist. Es ist an der Zeit, die Dinge richtig zu stellen. Wir möchten, dass die künftige Zusammenarbeit und Kommunikation konstruktiv ist."
US-Hilfe teilweise unersetzlich
Unter der Regierung Biden waren die Vereinigten Staaten der wichtigste Verbündete und größte Waffenlieferant der Ukraine. Seit Beginn der russischen Invasion stellten die USA mehr als 65 Milliarden Dollar (gut 62 Milliarden Euro) an militärischer Hilfe für Kyjiw bereit. Außerdem leisteten sie Hilfe bei der Ausbildung ukrainischer Kampfjet-Piloten und teilten Geheimdienstinformationen mit dem Land. Ein Teil der Unterstützung lässt sich mangels Technik und Fertigkeiten nicht durch andere Verbündete wie die EU-Staaten ersetzen. Das gilt etwa für das bisher gelieferte US-Flugabwehrraketensystem Patriot.
Zahlreiche westliche Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen von EU und NATO hatten am Sonntag ohne die USA über die Lage der Ukraine beraten. Bei dem Treffen in London wurde beschlossen, dass eine von Großbritannien und Frankreich angeführte Staatengruppe mit der Ukraine an einem Friedensplan arbeiten soll. Dieser solle dann mit den USA erörtert und bestenfalls auch gemeinsam mit Washington umgesetzt werden, hieß es.
Die Ukraine hatte im Jahr 1994 eingewilligt, die seit der Sowjetzeit dort befindlichen Atomwaffen an Russland abzugeben. Im Gegenzug hatten die USA und Großbritannien den Schutz der Ukraine zugesichert. Neuerliche Sicherheitsgarantien lehnen die Vereinigten Staaten bislang ab. Statt dessen hatte Trump Selenskyj gedrängt, einem Rohstoffabkommen zuzustimmen, das die USA am Abbau Seltener Erden beteiligt. Die Ukraine verfügt über bedeutende Lagerstätten dieser Elemente, die für die Produktion moderner digitaler Geräte wie Smartphones und Computer benötigt werden.
jj/se/pg/ehl (dpa, afp, rtr)
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