US-Zölle: Donald Trumps Drohkulisse gegen Lateinamerika
2. Februar 2025Nach einem kurzen, aber heftigen Schlagabtausch zwang US-Präsident Trump vor wenigen Tagen Kolumbien zum Einlenken. Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro hatte erklärt, er werde keine Abschiebeflüge aus den USA akzeptieren, wenn die grundlegenden Rechte der Abgeschobenen nicht respektiert würden. Trump drohte daraufhin mit Zöllen gegen Kolumbien. Petro kündigte an, mit Zöllen auf US-Produkte zu reagieren. Trump verschärfte seine Drohung weiter, und letztlich lenkte Petro ein und akzeptierte die Flugzeuge, die abgeschobene Kolumbianer wieder zurück in ihr Herkunftsland befördern sollen.
"Ich kann Kolumbien vollkommen verstehen", sagt Holger Görg, Direktor des Zentrums für Globalisierung am Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW), denn "das Land ist stark von den USA als Handelspartner abhängig". Mehr als ein Viertel des kolumbianischen Außenhandels entfällt auf die Vereinigten Staaten. Umgekehrt gehört Kolumbien jedoch nicht einmal zu den zwanzig wichtigsten Handelspartnern der USA. "US-Zölle würden die kolumbianische Wirtschaft erheblich treffen", erklärt Görg. Doch umgekehrt wäre dies nicht der Fall - Kolumbien hätte in einem Handelskrieg deutlich mehr zu verlieren.
Zölle verstoßen gegen internationale Handelsregeln
Die Welthandelsorganisation (WTO), der beide Länder angehören, verbietet diskriminierende Zölle gegen andere Mitglieder, außer in Ausnahmefällen, etwa bei einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht oder einer Bedrohung der nationalen Sicherheit. Letzteres war das von Trump angeführte Argument, wenn auch offensichtlich übertrieben. "Das ist hier ganz klar", sagt Görg: "Die Zölle wären ein klarer Verstoß gegen die WTO-Regeln."
Für den Kieler Experten für internationalen Handel "ist offensichtlich, dass Trump diese Regeln und die internationale Handelsordnung nicht interessieren. Das war bereits in seiner ersten Amtszeit deutlich und ist jetzt umso mehr der Fall." Der erste Fall, in dem das WTO-Streitbeilegungsverfahren zur Anwendung kam, war 1995 ein Konflikt zwischen Venezuela und den USA. Das Schiedsgericht entschied zugunsten Venezuelas, und Washington hielt sich an das Urteil. "Ich befürchte jedoch, dass Trump sich nicht an ein WTO-Urteil halten würde", sagt Görg.
Drohungen zeigen Wirkung
Meist hatte Trump mit seinen Drohungen Erfolg. Wie im Fall von Kolumbien, ein paar Beiträge in sozialen Netzwerken genügten, um Kolumbien zum Einlenken zu bringen. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass diese Strategie häufiger angewandt wird und auch andere Länder wie China zu diesem Mittel greifen könnten."
Bei Mexiko machte Trump seinen Drohungen jetzt wahr und verhängte weitreichende Zölle auf Waren aus Mexiko. Demnach werden Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Importe aus dem südlichen Nachbarland fällig. Die Auswirkungen dürften enorm sein, denn tatsächlich ist Mexiko derzeit der größte Handelspartner Washingtons. "Das bedeutet, dass US-Zölle auf mexikanische Produkte enorme Auswirkungen auf die US-Wirtschaft hätten und die Inflation zweifellos steigen würde", sagt Görg.
Ricardo Carciofi, leitender Forscher des Programms für wirtschaftliche Entwicklung im argentinischen Think Tank CIPPEC, rät dazu, Trumps Drohungen in Lateinamerika ernst zu nehmen: "Sie sind ein Verhandlungsmittel und können je nach Verlauf der Gespräche umgesetzt werden." Und er warnt: "Jedes lateinamerikanische Land würde wirtschaftlich unter US-Zöllen leiden." Deshalb sei es ratsam, nicht ins Visier Washingtons zu geraten.
Einige Länder Lateinamerikas wären jedoch weniger empfindlich gegenüber Strafzöllen aus Washington als andere. "Für Argentinien machen die USA nur sechs bis sieben Prozent der Exporte aus. Das ist wichtig, aber nicht entscheidend", erklärt Carciofi. Zudem könnte die politische Nähe zwischen Trump und dem argentinischen Präsidenten Javier Milei dafür sorgen, dass argentinische Produkte von Zöllen verschont bleiben.
Doppelte Natur von Zöllen
Bislang wurde die Androhung von US-Zöllen als politisches Druckmittel eingesetzt, ob gegen Kolumbien oder Dänemark. Der designierte US-Handelsminister Howard Lutnick sagte dazu bei einer Anhörung vor dem Senat: "Das ist keine Zollmaßnahme per se, sondern eine innenpolitische Strategie: Schließt eure Grenzen, stoppt den Fentanyl-Schmuggel, dann gibt es keine Zölle."
Doch Carciofi sieht eine zweite Dimension: "Trump wird Zölle auch aus rein wirtschaftlichen Gründen verhängen. Die wirtschaftliche Dimension ist für Trump entscheidend. Bislang war er gegenüber China extrem vorsichtig." Es koste wenig, Kolumbien mit Zöllen zu drohen. Bei China sei das anders.
Aber auch in China beließ es Trump nicht bei seinen Drohungen. In Zukunft werden Zölle in Höhe von 10 Prozent auf alle Einfuhren aus China erhoben. Auch Peking kündigte als Reaktion "entsprechende Gegenmaßnahmen" an. Zudem werde man eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) einreichen, um die Interessen Chinas zu schützen, teilte ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums mit. Ob es sich bei den angekündigten Gegenmaßnahmen um Gegenzölle handelt, ließ das Handelsministerium offen.
Es bleibt abzuwarten, wie die angekündigten Zölle auch die US-Wirtschaft beeinflussen könnten, sagt Forscher Carciofi. "Das beobachtet die Wall Street genau." Eine schlechte Marktreaktion sei für Trump wohl das größte Risiko: "Die Meinung der US-Bevölkerung und der Finanzmärkte - das sind die beiden Faktoren, die Trump am meisten im Auge behält."