US-Kampfjets greifen Afghanistan die vierte Nacht in Folge an
10. Oktober 2001In Kabul hat es am Mittwochabend mehrere Explosionen gegeben. Der US-Sender CNN berichtete vom Einsatz mehrerer Flugabwehrraketen. Nach Angaben der in Pakistan ansässigen afghanischen Nachrichtenagentur AIP griffen US-Kampfflugzeuge auch Taliban-Stellungen nahe der Grenze zu Pakistan an. Ziel sei eine Militärbasis im sechs Kilometer von der Grenze entfernten Schamschaad gewesen. Augenzeugen berichteten von fünf oder sechs Explosionen.
Ein Sprecher der oppositionellen Nordallianz erklärte am Mittwoch, amerikanische Kampfflugzeuge hätten am Dienstagabend außerdem Stellungen der Taliban in Schakardara bombardiert, einem Bezirk etwa 25 Kilometer nördlich von Kabul.
Die USA hatten am Dienstag erstmals Ziele in Afghanistan bei Tageslicht angegriffen. Dies sei ein Zeichen dafür, dass man die Kampfjets für ausreichend sicher vor der afghanischen Flugabwehr halte, sagte ein Pentagon-Sprecher am Dienstag. Das Pentagon erklärte, amerikanische Kampfflugzeuge könnten Tag und Nacht gefahrlos über Afghanistan hinwegfliegen. "Der Himmel ist jetzt frei", sagte US-Präsident George W. Bush. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld forderte die afghanischen Dissidenten auf, das Terrornetzwerk El Kaida und die Taliban aus dem Land zu vertreiben.
Der Taliban-Botschafter in Pakistan, Abdul Salam Saif, bestritt aber, dass die Flugabwehr des Taliban-Regimes ausgeschaltet sei. Auch Osama bin Laden habe die amerikanischen Angriffe unversehrt überstanden. Der Nordallianz sei es bislang nicht gelungen, trotz der Luftangriffe gegen die Taliban Boden zu gewinnen. Die Opposition habe in der afghanischen Bevölkerung keine Unterstützung.
Taliban: Mindestens 76 Tote bei Luftangriffen
Nach amtlichen afghanischen Angaben sind bei den Angriffen bis Mittwoch mindestens 76 Menschen getötet und rund 100 verletzt worden. In Kandahar, dem Sitz der radikal-islamischen Taliban-Regierung, seien 28 Menschen und in der Hauptstadt Kabul 25 ums Leben gekommen, berichtete die afghanische Nachrichtenagantur AIP am Mittwoch. Die Zahlen wurden von den Taliban-Behörden in den angegriffenen Städten bestätigt. Demnach wurden in Dschalalabad sechs, in Herat zwei, in Masar-i-Scharif acht und in in der Farah-Provinz im Westen sieben Personen getötet.
Hinterbliebene der Opfer vom 11. September wollen klagen
Europäische Hinterbliebene der Opfer des Terroranschlags auf das World Trade Center in New York vom 11. September wollen die USA auf Schmerzensgeld und Schadenersatz verklagen. Das kündigte der Münchner Anwalt Michael Witti am Mittwoch in Berlin an. Es würden entsprechende Sammelklagen vorbereitet. Tausende Hinterbliebene hätten neben dem seelischen Schmerz auch materielle Verluste erlitten.
Witti sagte nicht, um wie viele Betroffene es sich allein in Deutschland handelt. Sowohl Familienangehörige als auch Firmen wollten Ansprüche geltend machen. Die USA müssten nun zeigen, ob ihr Rechtssystem mit einem solchen Großschaden fertig werde.
Nach Angaben von Witti befürchten Hinterbliebene, Opfer zweiter Klasse zu werden. Er hoffe, dass die USA in der Lage seien, entgegen dem europäischen Management von Großschäden eine zeitnahe und angemessene gesetzliche Regelung zu schaffen. Bei dem Terroranschlag waren mehrere Tausend Menschen ums Leben gekommen. Die endgültigen Zahlen stehen noch nicht fest. Auch die genaue Zahl der ums Leben gekommenen deutschen Staatsbürger ist noch nicht ermittelt.