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PolitikUkraine

Trumps "Friedensplan" - Was sagen die Ukrainer dazu?

28. April 2025

Während Washington Kyjiw zu Zugeständnissen drängt, wird Trumps Initiative als "Kapitulationsplan" kritisiert. Ist die Lage der Ukraine so aussichtslos, dass sie ihn akzeptieren muss? Das sagen Expertinnen und Experten.

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Die ukrainische Flagge wehr an einem Mast vor einem zerstörten Wohnblock in Torezk
Die ukrainische Flagge vor einem zerstörten Gebäude in TorezkBild: Wojciech Grzedzinski/AA/picture alliance

Sind die Vorschläge von US-Präsident Trump für eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts zu russlandfreundlich? Trumps Friedensplan beinhaltet laut dem Nachrichtenportal Axios und anderen westlichen Medien die Anerkennung der "de jure"-Kontrolle Moskaus über die von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim durch die USA und die "de facto"-Besetzung von Teilen der ukrainischen Regionen Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja .

Trumps Vorschläge schließen weiterhin die Zusage ein, dass die Ukraine kein Mitglied der NATO, aber möglicherweise Teil der EU wird, dass die seit 2014 gegen Russland verhängten Sanktionen aufgehoben und die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den USA, insbesondere im Energie- und Industriesektor ausgebaut werden.

Laut Axios ist demnach vorgesehen, den Krieg an der Frontlinie einzufrieren und der Ukraine Sicherheitsgarantien zu gewähren. Jedoch wird nicht näher genannt, welche dies sein sollen. Der Ukraine wird ferner die Rückgabe eines kleinen Teils der von der russischen Armee besetzten Region Charkiw sowie die ungehinderte Passage des Flusses Dnipro angeboten, der entlang der Frontlinie in der Südukraine verläuft.

Nachdem Medien über die amerikanische Initiative berichtet hatten, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, dass die Ukraine die russische Besetzung der Krim nicht anerkennen werde. Und die stellvertretende Premierministerin und Wirtschaftsministerin der Ukraine, Julia Swyrydenko, schrieb im sozialen Netzwerk X: "Die Ukraine ist zu Verhandlungen bereit, aber nicht zur Kapitulation." US-Präsident Donald Trump teilte daraufhin mit, Selenskyj habe mit seinen Äußerungen zur Krim die Verhandlungen "verkompliziert" und die Lage für die Ukraine sei "schrecklich".

Wie ist die Lage in der Ukraine tatsächlich?

Der Leiter des Ukrainischen Zentrums für Sicherheit und Zusammenarbeit, Serhij Kusan, sagt im DW-Gespräch, die Lage in der Ukraine sehe nur in der Vorstellung Donald Trumps schlimm aus. "Die ukrainischen Streitkräfte verzeichnen an bestimmten Abschnitten der Front sogar taktische Erfolge, die Rüstungsindustrie des Landes wächst, die Partner in Europa scharen sich noch stärker um die Ukraine und unterstützen sie. Unsere Lage ist viel besser als noch vor einem Jahr", so Kusan.

Er räumt aber ein, dass auch die russische Armee auf dem Schlachtfeld taktische Erfolge vorweisen könne, sowie einige Vorstöße und die Einnahme einiger kleiner ukrainischer Ortschaften im Osten des Landes. Doch dies sei nicht von strategischer Bedeutung.

"Die russische Behauptung, unsere Verteidigung würde jetzt zusammenbrechen und sie würden die gesamte Ukraine besetzen, ist Wunschdenken. Dafür haben sie einfach keine Reserven", betont Kusan. 

Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj sitzen auf Stühlen einander gegenüber und sprechen im Petersdom am Rande der Trauerfeier für Papst Franziskus in Rom am 26. April 2025
Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj sprachen zuletzt am Rande der Trauerfeier für Papst Franziskus in RomBild: Ukrainian Presidential Press Service/Handout via REUTERS

Hanna Schelest vom Thinktank "Ukrainian Prism", ist der Meinung, dass der Sondergesandte des US-Präsidenten, Steve Witkoff, Trump jedes Mal wenn er aus Moskau zurückkehrt, eine "russische Vision der Realität mitbringt", wonach Russland stärker sei, den Krieg noch lange weiterführen könne, die Ukraine hingegen schwach sei und sie niemand brauche.

"Daher ist Trump der festen Überzeugung, dass er der Ukraine etwas Gutes tut." Jeder, der ins Weiße Haus komme und sich mit Trump treffe, solle ihm vielmehr dasselbe sagen wie die Ukraine, meint Schelest.

Wie wird es für die Ukraine weitergehen?

Beobachterinnen und Beobachter sind sich einig, dass die in Trumps Vorschlägen vorgesehene rechtliche Anerkennung der Krim als russisches Territorium allgemein auf Ablehnung stoßen wird. Komplizierter wird es beim Verbot eines NATO-Beitritts der Ukraine.

"Man wird gezielt Druck auf die Ukraine ausüben, damit sie selbst von einem NATO-Beitritt Abstand nimmt. Für uns wäre es am besten, wenn diese Frage offenbliebe. Wenn nicht klar festgeschrieben wird, dass die Ukraine kein Recht hat, der NATO beizutreten, dann könnte man ihr inoffiziell einen Beitritt versprechen, zu dem es aber nicht sofort kommt. Die Regierungsverhältnisse in Washington und Moskau können sich irgendwann auch ändern", so Schelest.

Der ukrainische Politikwissenschaftler Wolodymyr Fesenko findet, dass die USA auf einem falschen Weg sind. Sie würden die Ukraine unter Druck setzen und zu erheblichen Zugeständnissen drängen. Gleichzeitig würden sie aber Russland entgegenkommen, obwohl die Kriegsparteien an der Front in etwa in der gleichen Position seien, egal was Trump sage.

Da es den USA nicht gelungen sei, die Ukraine zu einem ungünstigen Friedensabkommen zu zwingen, könnte Washington versuchen, eine Verhandlungspause einzulegen, bis ein Moment gekommen sei, der für ihre Position günstig ist, vermutet Fesenko. "Das ist schlecht für uns, aber definitiv nicht schlimmer, als die Krim als russisch anzuerkennen, denn was danach käme, wäre noch schlimmer. Es würden weitere Regionen und Forderungen hinzukommen", so Fesenko gegenüber der DW.

Unterdessen erklärte der Kyjiwer Bürgermeister Vitali Klitschko in einem Interview mit der BBC, eine der Lösungen könnte das Aufgeben von Territorien durch die Ukraine sein. "Es wird derzeit viel über eine mögliche Regelung diskutiert. Eines der Szenarien ist die Abtretung von Gebieten. Das ist unfair. Aber um des Friedens willen, eines vorübergehenden Friedens, könnte dies vielleicht eine vorübergehende Lösung sein", sagte er.

Laut Klitschko könnte der ukrainische Präsident Selenskyj angesichts des zunehmenden Drucks auf die Ukraine seitens US-Präsident Trump "zu einer schmerzhaften Entscheidung gezwungen werden".

Adaption aus dem Ukrainischen: Markian Ostaptschuk