Trump vs Harvard: Elite-Uni ohne ausländische Studierende?
23. Mai 2025Die 1636 gegründete Harvard-Universität gehört zu den renommiertesten Bildungseinrichtungen der Welt und hat zahlreiche Nobelpreisträger und acht US-Präsidenten hervorgebracht. Für den gegenwärtigen Präsidenten Donald Trump jedoch ist Harvard "ein Witz" - und keiner, über den man lachen sollte. Man lehre dort "Hass und Dummheit" und beschäftige "linke Idioten", schrieb Trump Mitte April in einem Post auf seiner eigenen Social-Media-Plattform "TruthSocial" und erklärte, dass die Eliteuniversität deshalb keine öffentlichen Fördergelder mehr erhalten sollte.
Prompt froren verschiedene Regierungsorgane 2,2 Milliarden US-Dollar (rund 2 Mrd. Euro) ein, die für die Hochschule vorgesehen waren. Mitte Mai teilte eine Antisemitismus-Taskforce der Regierung der Universitätsleitung mit, dass sie weitere 450 Millionen US-Dollar streiche. Nun hat die Trump-Regierung die Auseinandersetzung weiter eskaliert und Harvard verboten, weiterhin ausländische Studenten anzunehmen und auszubilden.
Wie begründet die Trump-Regierung ihr Vorgehen gegen Harvard?
Wie Trump selbst und Personen aus seinem Umfeld mehrfach durchblicken ließen, stört sie, dass dort in ihren Augen vor allem linke Inhalte und Ideologien gelehrt und erforscht würden. Allerdings darf die Regierung die freie Meinungsäußerung laut US-Verfassung in nur in wenigen Ausnahmen beschränken. Auf diese beriefen sich unter anderem mehr als 100 US-Universitäten in einem offenen Brief, in dem sie gegen die "beispiellose staatliche Bevormundung und politische Einflussnahme" protestierten.
Der juristische Aufhänger für die Fördereinschnitte sind pro-palästinensische Demonstrationen an vielen US-Universitäten, die sich als Reaktion auf Israels Krieg gegen die Hamas formiert hatten. Der Krieg ist Israels Antwort auf den Terroranschlag von Islamisten aus dem Gazastreifen unter Führung der Hamas am 7. Oktober 2023, die in den USA, Deutschland und zahlreichen weiteren Ländern als Terrororganisation angesehen wird. Bei den Protesten in den USA hat es diversen Berichten zufolge antisemitische Übergriffe auf jüdische Studenten gegeben.
Warum geht die US-Regierung gerade gegen Harvard so hart vor?
Insgesamt hat die US-Regierung rund 60 Hochschulen Fördergelder entzogen oder ihnen dies zumindest angedroht. Im März etwa strich die US-Regierung der Columbia-Universität in New York City 400 Millionen US-Dollar an Förderung. Der Vorwurf: Die Uni-Leitung bleibe "angesichts der anhaltenden Schikanen gegenüber jüdischen Studenten" untätig.
Die Columbia University hat gegen den Förderstopp geklagt, ist aber gleichzeitig einer Reihe Regierungsforderungen nachgekommen - darunter denen, das Tragen von Masken bei Protesten zu untersagen, neue Sicherheitsbeamte einzustellen und die Leitung der Abteilung für Nahost-, Südasien- und Afrikastudien neu zu organisieren. Dennoch bekräftigte das US-Ministerium für Gesundheit und Soziale Dienste den Vorwurf.
Harvard ist bisher allerdings die einzige Universität, die sich den Forderungen der Regierung offen widersetzt. Die Hochschule in Cambridge, im Speckgürtel von Boston, kann sich die Auseinandersetzung mit der Regierung unter anderem wohl deshalb leisten, weil sie über ein Stiftungsvermögen von mehr als 50 Milliarden Dollar verfügt. Doch genau darauf könnten die neuen Maßnahmen abzielen.
Welche neuen Maßnahmen kommen nun auf Harvard zu?
Die US-Heimatschutzministerin Kristi Noem hat der Harvard-Leitung eine Frist von 72 Stunden gesetzt, um ihren Protest aufzugeben. Andernfalls werde sie der Universität die Lizenz zur Ausbildung ausländischer Studenten entziehen. Inhaber von Studienplätzen könnten damit sogar ihre Aufenthaltserlaubnis verlieren, wenn sie sich nicht an einer anderen Hochschule einschreiben.
Dies könnte für die Hochschule nicht nur einen Verlust internationaler Talente bedeuten. Die rund 6800 Immatrikulierten ohne US-Pass in Harvard zahlen jährlich rund 400 Millionen US-Dollar an Studiengebühren. Für US-Studenten gilt zwar die gleiche Studiengebühr - rund 59.000 US-Dollar pro Jahr. Viele von ihnen erhalten aber ein Stipendium, das aus den Mitteln der Universität kommt. Harvard verdient also im Schnitt mehr an ausländischen Studenten als an einheimischen.
Zudem erwägt die US-Regierung, die Steuern auf Kapitalerträge aus Universitätsfonds zu erhöhen. Die Stiftungsvermögen sind größtenteils in Wertpapieren angelegt, die jedes Jahr hunderte Millionen ausschütten. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump für Universitäten mit mehr als einer halben Million US-Dollar Stiftungsvermögen pro Studienplatz eine Vermögensgewinnsteuer von 1,4 Prozent eingeführt. Künftige soll es weitere Stufen geben. In der höchsten sollen dann Gewinne aus einem Stiftungsvermögen von mehr als zwei Millionen US-Dollar pro Studienplatz mit 21 Prozent besteuert werden.
Laut "USA Today" schätzt der Ökonom Phillip Levine, dass Eliteunis wie Yale, Stanford, MIT, Princeton und natürlich Harvard dadurch jeweils zwischen 400 und 850 Millionen US-Dollar pro Jahr an Steuern zahlen müssten.
Was fordert die US-Regierung von Harvard?
Die US-Regierung fordert laut einem Schreiben dreier Regierungseinrichtungen an die Universitätsleitung, dass sie bis August 2025 umfassende Reformen verabschiedet, die offensichtlich der - in den Augen der US-Regierung - Dominanz linker Ideologien an den Fakultäten entgegenwirken sollen.
So seien unter anderem neue Richtlinien zu erlassen, um die "Macht" von Studenten und Dozenten einzuschränken sowie von Universitätspersonal, das sich "stärker dem Aktivismus als der Forschung widme". Stellen und Studienplätze sollen künftig ausschließlich nach dem Leistungsprinzip vergeben werden; ethnische oder religiöse Merkmale sowie das Geschlecht dürften dabei keine Rolle mehr spielen. Programme für "Diversität, Gleichheit und Inklusion" seien zu beenden.
Außerdem sollen die Reformen das Spektrum der Standpunkte erweitern und sicherstellen, dass keine ausländischen Studenten mehr akzeptiert werden, die amerikanischen Werten und Verfassungsinstituten "feindlich" gesinnt seien.
Etappensieg - aber wie geht es weiter?
Die weitere Entwicklung ist unklar. Am Freitag gab es einen ersten Erfolg für Harvard vor Gericht: Eine Richterin gab der Eliteuniversität recht und stoppte vorerst das Vorhaben der US-Regierung, ausländische Studierende auszuschließen.
Die Richterin Allison D. Burroughs kam zu dem Schluss, dass die Universität nachgewiesen habe, dass die Anordnung der Regierung einen "unmittelbaren und irreparablen Schaden" für Harvard bedeute. Die Entscheidung dürfte nur der erste Schritt in einem langen Rechtsstreit sein, denn es handelt sich nicht um ein endgültiges Urteil.