Trump und die Royals: Protokoll und drohende Fettnäpfchen
16. September 2025Der Begriff "Staatsbesuch" ist unausweichlich mit dem Begriff "Protokoll" verbunden. Besonders, wenn es um das britische Königshaus geht - genauer gesagt: um Schloss Windsor, wo König Charles III. US-Präsident Donald Trump zu dessen zweitem Staatsbesuch im Vereinigten Königreich empfängt. Wegen Renovierungsarbeiten bleibt der prunkvolle Buckingham-Palast diesmal geschlossen.
Normalerweise wird US-Präsidenten in ihrer zweiten Amtszeit kein offizieller Staatsbesuch mehr zuteil, sie werden lediglich zum - wenn auch festlichen - Tee oder Mittagessen mit dem Monarchen eingeladen. Donald Trump ist der erste US-Präsident, dem ein zweiter Staatsbesuch angeboten wird. Eine Tatsache, die der britische Premierminister Keir Starmer als "wahrhaft historisch" und "beispiellos" bezeichnete.
Insgesamt gab es übrigens weit weniger formelle Staatsbesuche von US-Präsidenten, als man vermuten könnte: Während der 70-jährigen Regentschaft von Königin Elizabeth II. (1952-2022) gab es nur drei solcher Besuche - von George W. Bush, Barack Obama und Donald Trump.
Kutschfahrt inklusive
Donald Trump - der Anfang des Jahres mit dem Tweet "Lang lebe der König" in Bezug auf sich selbst für Aufsehen in den USA sorgte - wird am Mittwoch von Prinz William und Prinzessin Catherine in Windsor empfangen und darf sogar in der royalen Kutsche mitfahren. Bei seinem ersten Staatsbesuch 2019 wurde darauf verzichtet, die Sicherheitsanforderungen für London galten als zu komplex.
Laut US-Sender Sky News gehören zum Programm des zweiten Staatsbesuchs eine Militärparade, ein Besuch am Grab von Königin Elizabeth II. in der St.-Georgs-Kapelle mit Kranzniederlegung, ein Überflug von Red Arrows- und F-35-Kampfjets, ein festliches Dinner sowie weitere zeremonielle Höhepunkte.
Der Ablauf ist traditionell festgelegt und folgt einem strengen Protokoll - doch hinter dem poliertem Silber und zeremoniellen Schwertern wartet ein Minenfeld königlicher Etikette: ein Labyrinth aus Regeln, in dem selbst erfahrene Staatsmänner schon ins Stolpern geraten sind.
(Un)vergessene Verstöße von Präsidenten - und ihren Ehepartnern
Beim Staatsbesuch 2019 sorgte Donald Trump für Schlagzeilen, als er vor Königin Elizabeth II. herging, und die kleine Monarchin kurzzeitig hinter seiner imposanten Erscheinung verschwand - ein Fauxpas, der weltweit für Gesprächsstoff sorgte. Allerdings ist Trump nicht der erste US-Präsident, der im königlichen Regelwerk den Überblick verloren hat.
Sein Vorgänger Joe Biden etwa wurde 2021 von Etikette-Experten kritisiert, als er die Queen mit einer seiner typischen Ray-Ban-Sonnenbrillen im Gesicht begrüßte. "Wenn man der Queen persönlich begegnet, sind Sonnenbrillen absolut tabu - denn Augenkontakt ist bei jeder Vorstellung sehr wichtig", erklärte Grant Harrold, ehemaliger Butler von Prinz Charles, gegenüber dem Magazin Newsweek.
Präsidentengattin Michelle Obama sorgte 2009 für Aufsehen, als sie der Queen den Arm um die Schultern legte - eine Geste, die Herzen erwärmte, aber auch für missbilligend hochgezogene Augenbrauen sorgte.
Später erklärte Michelle Obama in ihrer Autobiografie "Becoming", dass der Moment aus schmerzenden Füßen und geteilter Menschlichkeit entstand: "Vergessen wir, dass sie manchmal eine Diamantenkrone trug und ich mit dem Präsidentenjet nach London geflogen war - wir waren einfach zwei erschöpfte Frauen, geplagt von unseren Schuhen. Ich tat dann, was für mich ganz natürlich ist, wenn ich mich jemandem verbunden fühle: Ich drücke meine Gefühle körperlich aus. Also legte ich ihr liebevoll den Arm über die Schulter." Weiter schrieb sie, dass ihre Geste womöglich "unangemessen" im Sinne des Protokolls gewesen sei. Aber sie habe das menschlich Naheliegende getan.
Ein Blick weiter zurück zeigt, dass auch Jackie Kennedys Besuch 1961 mit Präsident John F. Kennedy für royales Aufsehen sorgte. Wie später in der Netflix-Serie "The Crown" dramatisiert dargestellt, soll die strahlende Präsenz der amerikanischen First Lady die damals noch junge Königin Elizabeth II. verunsichert haben. Auch wenn die Serien-Episode künstlerische Freiheiten nutzt, zeigt sie zumindest die Spannung, die entstehen kann, wenn britische Etikette auf amerikanische Ausstrahlung trifft.
Mit königlicher Gelassenheit
Königin Elizabeth II., die jeden US-Präsidenten von Truman bis Biden (mit Ausnahme von Lyndon B. Johnson) in unterschiedlich formellen Rahmen empfing, beherrschte das diplomatische Parkett meisterhaft. Sie bewahrte stets Haltung und Humor - sei es bei George W. Bushs Patzer 2007, als er andeutete, sie habe die USA bereits 1776 besucht. Oder beim gemeinsamen Ausritt mit Ronald Reagan in Windsor im Jahr 1982.
Diese Gelassenheit wurde Teil ihres Mythos: Ob verspätete Ankunft, übertriebene Gesten oder missglückte Gespräche - die Queen zeigte selten eine Regung. Nun setzt König Charles III. die sensible Tradition fort, Staatsoberhäupter mit royaler Etikette zu empfangen. Sein Stil gilt als gesprächiger und weniger undurchschaubar - doch die diplomatischen Herausforderungen bleiben bestehen.
Potenzial für lustige Internet-Momente
Wie bei hochrangigen Treffen üblich, wird jede Geste, jeder Schritt, Blick oder sogar die Kleiderwahl genau beobachtet, analysiert - und möglicherweise zum viralen Meme. Und Trump, der nie vor einem großen Auftritt zurückschreckt, könnte liefern: Sei es mit seinem typischen "Zugreifen-und-Ziehen"-Handschlag oder einem Kommentar, der vom Skript abweicht.
Erst im Juli bei einer Pressekonferenz in Schottland teilte er gegen Londons Bürgermeister Sadiq Khan aus und nannte ihn einen "unangenehmen Menschen", der "einen schrecklichen Job gemacht" habe - Premierminister Keir Starmer, der neben ihm saß, war kurzzeitig sichtlich irritiert.
Trotz möglicher Protokollpannen dienen Staatsbesuche dazu, Beziehungen zu stärken und Allianzen zu festigen. Einladungen zu Staatsbesuchen werden vom britischen Monarchen auf Empfehlung der Regierung ausgesprochen. Angesichts der geopolitischen Lage und Trumps Fähigkeit, Spannungen entweder zu schüren oder zu entschärfen, bezeichnete die britische Presse diesen Besuch als "royale Charmeoffensive" und "Schmeichel-Offensive".
"Es geht nicht nur um Kutschen und Diademe. Es geht um die globale Agenda", sagte Lord Simon McDonald, ehemaliger Staatssekretär im Außenministerium und Leiter des diplomatischen Dienstes, gegenüber Sky News mit Bezug auf den Trump-Besuch 2019. Doch für Presse und Publikum sind es vor allem der Pomp und das Potenzial für Fehltritte, die solche Besuche spannend machen und Stoff für Berichterstattung, Klicks und Klatsch liefern.