Trump-Regierung schürt Zensur-Ängste in der Kulturszene
26. Februar 2025Oscar-Preisträgerin Julianne Moore schrieb in einem Instagram-Post, sie sei "geschockt" und "wirklich traurig" über die Entscheidung der Trump-Regierung, ihr Kinderbuch "Freckleface Strawberry" aus dem Jahr 2007 - in Deutschland unter dem Titel "Sommersprossenfeuerkopf" erschienen - aus den Schulen des Verteidigungsministeriums, die Kinder von US-Militärangehörigen und zivilen Verteidigungsangestellten betreuen, zu verbannen.
Das Buch erzählt die Geschichte eines rothaarigen Mädchens, das seine Sommersprossen hasst, aber schließlich lernt, sie zu lieben - ebenso wie die Andersartigkeit der anderen Kinder. Laut der englischen Tageszeitung "The Guardian" hat das Verteidigungsministerium ein Memo in Umlauf gebracht, in dem es heißt, dass alle Bibliotheksbücher, die "möglicherweise mit der Gender-Ideologie oder der Gleichstellungsideologie in Verbindung stehen", überprüft werden. Dabei wurde eine "kleine Anzahl von Büchern" identifiziert, die zur "weiteren Überprüfung" zurückgehalten werden – im Rahmen des harten Durchgreifens der Trump-Regierung gegen Diversitäts-, Gleichstellungs- und Integrationsprogramme.
"Es ist ein Buch, das ich für meine Kinder genauso wie für alle anderen geschrieben habe, um sie daran zu erinnern, dass wir alle Probleme haben, aber durch unsere Menschlichkeit und unsere Gemeinschaft vereint sind, schrieb sie weiter. "Ich bin wirklich traurig und hätte nie gedacht, dass ich so etwas in einem Land erleben würde, in dem Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung ein verfassungsmäßiges Recht sind."
Viele Kunstschaffende und Geisteswissenschaftler befürchten, dass die Zensur um sich greift - und das ist bei weitem nicht ihre einzige Sorge.
Angriff auf die freie Meinungsäußerung
Im Januar unterzeichnete US-Präsident Donald Trump ein Dekret, das allen Bundesbehörden die Beendigung von Programmen zur Förderung von Diversität, Chancengleichheit und Inklusion (Diversity, Equity and Inclusion - DEI) vorschreibt. Das bekam auch die Kulturszene zu spüren - insbesondere mehrere Dutzend große Museen, die staatliche Fördergelder erhalten, darunter das Naturkundemuseum Smithsonian und die National Gallery of Art in Washington. Diese Häuser mussten nachprüfen, ob ihre Programme mit den neuen Richtlinien übereinstimmen. Bemühungen um Vielfalt werden gemäß dem neuen Dekret als diskriminierend eingestuft. Die National Gallery of Art hat bereits angekündigt, dass sie ihr "Office of Belonging and Inclusion" (Büro für Zugehörigkeit und Inklusion) schließen wird.
"Der DEI-Angriff der Trump-Regierung und (... ) die Zensur von Aktivitäten, die in irgendeiner Weise mit Ethnien zu tun haben, ist da. Und er ist sehr inkohärent, weil es keine klare Richtlinie dafür gibt, was es bedeutet, rassistisch voreingenommen zu sein - wenn man eigentlich nur versucht, Missstände der Vergangenheit zu beseitigen", sagt Maxwell Anderson, ehemaliger Museumskurator am Metropolitan Museum of Art und Direktor des Whitney Museum of American Art in New York. "Es handelt sich also um eine Art Angriff auf die freie Meinungsäußerung."
Anderson leitet die Stiftung "Souls Grown Deep", die schwarze Künstlerinnen und Künstler im Süden der USA unterstützt. Er sagt, dass er und andere Organisationen, die sich für Gleichberechtigung einsetzen, die Manöver der neuen Regierung genau beobachten.
"Es sieht so aus, als ob es in den Vereinigten Staaten jetzt verboten wird, über die Geschichte der Ethnie zu sprechen", so Anderson. "Diese Art der Auslöschung erinnert so sehr an die faschistischen Bewegungen in den 30er-Jahren. Für uns in den USA ist das schockierend. Wir sind alle davon ausgegangen, dass die Wahl von Trump ein verheerender Schlag für die Kultur sein würde, aber wir wussten nicht, wie tief der Einschnitt sein würde."
Staatliche Förderung der Kunst wird gestrichen
Während seiner ersten Amtszeit löste Trump das "President's Committee on the Arts and Humanities" auf, ein überparteiliches Gremium, das vom republikanischen Präsidenten Ronald Reagan gegründet wurde - wegen dessen "tiefer Überzeugung, dass Kreativität, Vielfalt und Demokratie untrennbar miteinander verbunden sind, und dass die Künste und Geisteswissenschaften eine starke Kraft für den sozialen Wandel sein können".
Der Ausschuss brachte prominente Kunstschaffende, Akademiker und Museumsfachleute zusammen, um über die Kulturpolitik zu beraten. In der Vergangenheit gehörten ihm unter anderem Frank Sinatra und der Cellist Yo-Yo Ma an.
Im Jahr 2017 verbot Präsident Trump die Gruppe, nachdem 17 Mitglieder wegen seiner Reaktion auf die tödliche Kundgebung weißer Nationalisten in Charlottesville, Virginia, zurückgetreten waren (Trump sagte damals, die Gewalt sei von beiden Seiten ausgegangen und unter den rechten Demonstranten seien auch "sehr feine Menschen" gewesen, Anm. d. Red.). Joe Biden setzte die Gruppe 2022 wieder ein und verwies auf die Bedeutung von Kunst und Geisteswissenschaften. Im Januar löste Trump sie dann erneut auf.
Die National Endowment for the Arts (NEA), eine Bundesbehörde, die landesweit der größte Geldgeber für Kunst und Kunsterziehung ist, hat bereits Bundesmittel in Millionenhöhe gekürzt, mit denen kleine Kunstorganisationen unterversorgte Gemeinden in die Kulturszene einbezogen. Die Organisation kündigte an, dass die Gelder und Arbeitskräfte nun für den Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung verwendet werden sollen - ein Projekt des Präsidenten, der auch einen neuen nationalen Skulpturengarten plant.
Übernahme des Kennedy Centers
Fast schon ironisch mutet an, dass sich Präsident Trump kürzlich selbst zum Chef einer der größten Institutionen für darstellende Künste in den USA gemacht hat: das Kennedy Center for Performing Arts in Washington, D.C.
Der Präsident inszenierte eine regelrechte Übernahme des Kulturunternehmens, das - was einzigartig ist - der US-Regierung untersteht. Es bietet jährlich mehr als 2.000 Aufführungen in verschiedenen künstlerischen Disziplinen und beherbergt das National Sympony Orchestra und die National Opera.
Donald Trump feuerte viele der bisherigen Vorstandsmitglieder und ersetzte sie durch handverlesene Verbündete, darunter die Frau seines Vizepräsidenten, Usha Vance, seinen Berater Dan Scavino und seine Stabschefin Susie Wiles. Sie wählten ihrerseits ihn zum Vorsitzenden.
Trump betonte, er wolle, dass sich die Institution von der "Woke-Kultur" abwende. In den Sozialen Medien schrieb er, es werde "KEINE DRAG SHOWS ODER ANDERE ANTI-AMERIKANISCHE PROPAGANDA mehr geben - NUR DAS BESTE".
Eine Reihe von Künstlerinnen und Künstlern hat aus Protest gegen die Übernahme anstehende Aufführungen abgesagt - gleichzeitig gab es einschneidende Programmänderungen, die angeblich nichts damit zu tun haben. So wurde das Kindermusical "Finn" über einen jungen Hai, der merkt, dass er sich eher mit kleineren Fischen als mit anderen Haien versteht, gecancelt. Und das Konzert des Nationalen Symphonieorchesters mit dem Titel "A Peacock Among Pigeons" (Ein Pfau unter Tauben), das als "Feier der Liebe, der Vielfalt und des lebendigen Geistes der LGBTQ+-Gemeinschaft" angekündigt wurde, wurde kurz nach dem Personalwechsel im Vorstand ebenfalls auf unbestimmte Zeit verschoben.
Was passiert mit den Museen?
Anderson weist darauf hin, dass Museen ihre Ausstellungen in der Regel Jahre im Voraus planen - also weniger flexibel sind als die Theaterszene.
„Das Problem wird also sein, dass es im Kalender von Museen im ganzen Land viele Ausstellungen gibt, die Werke schwarzer Kunstschaffender oder Werke, die ideologisch in den Augen der neuen Regierung umstritten sind, enthalten und immer noch im Programm sind. Sie zu streichen, so Anderson, könnte eine größere Herausforderung sein.
In der Zwischenzeit hofft er, dass die Leiter von Kunstinstitutionen den Mut haben, sich den Anordnungen zu widersetzen - trotz der vielen Probleme, die das mit sich bringen wird.
Und er stellt klar: "Selbstzensur ist in mancher Hinsicht eine gefährlichere Kraft als der Druck, dem wir heute ausgesetzt sind."
Adaption aus dem Englischen: Suzanne Cords