Tiere und Pflanzen im Winter: Jetzt ist mal Ruhe, oder?
1. Februar 2025Ob Pflanzen, Vögel, Insekten, Säugetiere oder Amphibien – sie alle haben Strategien für die kalte Jahreszeit entwickelt. Einige verschlafen sie, andere überwintern in wärmeren Regionen und manche halten sich einfach besonders gut warm. Mit dem Klimawandel aber werden die Winter milder, und das wirkt sich auf die Natur aus. Manchen Arten stört das nicht sehr, andere profitieren und für wieder andere sind mildere Winter eine echte Gefahr.
So meistern Vögel den Winter
Wird es kalt, ziehen viele Vögel in Richtung Süden, denn dort lässt sich mehr Nahrung finden. Störche, Nachtigall oder der Kuckuck legen tausende Kilometer zurück. Andere, die sogenannten Kurzstreckenzieher, fliegen nur etwas weiter nach Süden, in Europa etwa ans Mittelmeer.
Vögel, die auch im Winter in ihrer Heimat bleiben, nennt man Standvögel. Sie halten sich warm, indem sich ihr Gefieder aufplustern. So bleibt, wie unter einer Daunendecke, ihre Wärme nah am Körper. Ein ausgeklügeltes Blutsystem sorgt dafür, dass die nackten Vogelbeine kühl bleiben, fast bei Null Grad Celsius. Deswegen frieren Enten auf zugefrorenem Wasser auch nicht am Eis fest.
Um ausreichend warm zu bleiben, brauchen Standvögel aber vor allem genügend Nahrung. Da im Winter kaum Insekten unterwegs sind, fressen viele nun Nüsse und Samen. Andere legen gezielt Vorräte an: Eichelhäher vergraben sie im Boden, bestimmte Meisenarten nutzen Spalten in der Rinde von Bäumen als Versteck. Dort oder in Blätterhaufen finden Vögel auch Spinnen oder Insektenlarven.
Milde Winter bereiten nicht nur Zugvögeln Probleme
In milden Wintern entscheiden manche Teil- oder Kurzstreckenzieher, wie beispielsweise Kraniche oder Stare, Buchfinken oder Rotkehlchen, immer kurzfristiger, ob sie die Reise antreten oder nicht. Einige fliegen weniger weit. Und die, die sich trotzdem auf den Weg gemacht haben, kommen in der Regel früher zurück.
Standvögel balzen und brüten dann früher im Jahr. Das kann ein Vorteil sein, denn je früher die Brutzeit beginnt, desto mehr Chancen gibt es, vielleicht zwei oder drei Bruten großzuziehen. Zum Problem wird es, wenn dann noch nicht genügend Insekten unterwegs sind, um den Nachwuchs zu versorgen. Doch stirbt die erste Brut, wird meistens einfach später nochmal gebrütet.
Langstreckenzieher dagegen haben ein Problem. Sie kehren nicht früher zurück und finden durch die frühere Brutaktivität der Standvögel weniger Nistplätze. Auch Beutegreifer, die Vögel auf dem Speiseplan haben, sind in milden Wintern früher aktiv.
Ein Problem mit milderen Wintern haben auch die Vögel, die besonders gut an kalte Temperaturen angepasst sind, wie etwa das Alpenschneehuhn oder nordische Gänsearten. Sie ziehen sich in Höhenlagen oder nordwärts zurück. Doch weil diese Rückzugsorte geografisch begrenzt sind, schrumpfen ihre Bestände.
So überwintern Insekten
Insekten sind wechselwarme Tiere, das heißt, ihre Körpertemperatur hängt von der Umgebung ab. Deswegen ziehen manche Schmetterlingsarten im Winter in den Süden, etwa der Admiral oder der Distelfalter.
Hummeln und Käfer suchen sich Verstecke in der Erde, Mauerbienen spinnen sich in einen Kokon und überleben so den Winter. Einige Insekten überwintern als Ei, etwa in vertrockneten Pflanzenresten, oder als Puppe, andere suchen sich schützende Überwinterungsstellen auf Dachböden, in Schuppen, Blätterhaufen oder Totholz. Dort fallen sie in eine Kältestarre, das spart Energie.
Doch bei Temperaturen um die zehn Grad erwachen viele Insekten aus der Kältestarre. Zwar fallen sie bei Kälte einfach wieder in ihre Starre, doch jedes Aufwachen verbraucht Energie. Außerdem gibt es im Winter für die meisten kaum Nahrung, wenn Blumen und Sträucher noch nicht blühen.
Säugetiere: Winterschlaf, Winterruhe oder ein dickes Fell
Bei den Säugetieren unterscheidet man Winterschlaf und Winterruhe. Echte Winterschläfer sind zum Beispiel Fledermäuse, Siebenschläfer, Hamster, Igel und Murmeltiere. Sie senken ihre Körpertemperatur und alle Körperfunktion drastisch ab. Igel atmen statt 40 bis 50 Mal pro Minute noch ein bis zwei Mal, das Herz schlägt statt 200 noch fünf Mal pro Minute. Die Körpertemperatur sinkt von 36 auf ein bis acht Grad Celsius.
Für den Impuls zum Schlafen spielen der Jahresrhythmus der "inneren Uhr", hormonelle Umstellungen und die Tageslänge eine Rolle. Letztere beeinflusst die Bildung von Fettdepots und damit die Schlafbereitschaft.
Bei Winterschläfern wechseln sich Ruhephasen ab mit kurzen Wachphasen, in denen die Tiere aktiv sind. Sie geben mitunter Kot und Urin ab oder wechseln den Schlafplatz.
Dass etwa Igel bei hohen Temperaturen im Winter aufwachen, ist bei gesunden Tieren unproblematisch. Gefährlich wird es für Winterschläfer erst, wenn milde Phasen zu häufig mit Kälteeinbrüchen wechseln. Dann reichen die angelegten Fettreserven unter Umständen nicht mehr aus, um den Winter komplett zu überstehen. Deswegen sollten Winterschläfer auch möglichst wenig gestört werden.
Winterruhe ohne Absenkung der Körpertemperatur aber mit dickem Winterfell halten Dachs, Eichhörnchen, Waschbär und Braunbär. Sie sind häufig wach und wechseln die Schlafposition. Braunbären etwa verbringen bis zu sieben Monaten in echtem Schlaf ohne zu koten, urinieren, fressen oder trinken.
Kälteeinbrüche in milden Wintern dezimieren Frosch und Co
Ist der Winter sehr kurz oder mild und kommt es dann wieder zu Kältephasen, haben vor allem Amphibien wie Frösche, Kröten und Molche sowie Reptilien wie Schlangen und Eidechsen ein Problem. Auch sie sind wechselwarm, können also ihre Körpertemperatur nicht selbst steuern. Wird es sehr plötzlich wieder kalt, schaffen es vor allem wandernde Amphibien nicht mehr, sich einzugraben oder in Komposthaufen oder anderweitig vor der Kälte zu schützen und erfrieren.
Was machen milde Winter mit der Pflanzenwelt?
Immer häufiger starten Frühblüher wie Hasel und Erle, Kornelkirsche oder Schneeball schon im Januar. Auch Frühlingsblumen wie Schneeglöckchen, Krokusse, Primeln, Veilchen und Scharbockskraut zeigen in milden Wintern dann schon ihre Blütenpracht. Das kann dazu führen, dass der Zeitpunkt der Pflanzenblüte nicht mehr mit dem Zeitpunkt übereinstimmt, in dem Insekten zu fliegen beginnen. Legen sie los, können manchen Pflanzen schon verblüht sein, das Nahrungsangebot wird knapper.
Bäume wiederum haben in milden Wintern ein Problem mit spätem Frost. Denn milde Temperaturen führen dazu, dass sie zu früh die ersten Blatttriebe ausbilden. Bei Kälteeinbrüchen sterben diese ab. Zwar treiben Bäume dann später nach dem Frost wieder aus. Doch dann haben sie schon einen Teil ihrer Energie verbraucht und werden anfälliger gegenüber Krankheiten und Schädlingen.
Erfrieren die Blütenknospen von Obstbäumen, bilden diese allerdings keine neuen Blütenknospen und in der Folge dessen auch kein Obst aus. Sie blühen dann erst wieder ein Jahr später – wenn es nicht wieder zu Spätfrösten kommt.