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Terror in Usbekistan hält an

1. April 2004

– Behörden machen zu Opfern und Tätern keine Angaben

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Bonn, 31.3.2004, DW-RADIO/Russisch

Am Mittwochabend (31.3.) sind in Taschkent erneut Terroranschläge verübt worden, bei denen vermutlich wieder Menschen ums Leben gekommen sind. Unser Korrespondent Jurij Tschernogajew berichtet:

In der usbekischen Hauptstadt dauert der "Bombenkrieg" an. Am Mittwochabend wurden Besucher des Filmtheaters "Nukus" Ziel eines weiteren Terroranschlags. Das Filmtheater befindet sich im Studentenviertel, weswegen man auch mit einer hohen Anzahl von Opfern rechnen muss. Eine weitere Explosion ereignete sich vor dem Jugend-Theater, wo es ebenfalls Opfer gegeben hat. Journalisten, aber auch die Bürger sind darüber erstaunt, dass die Behörden zu den Ereignissen nicht Stellung nehmen. Das einzige, was Journalisten erfahren haben, ist, dass Generalstaatsanwalt Raschidschon Kadyrow einem Diplomaten gesagt haben soll, dass die Geheimdienste bereits 30 Verdächtige festgenommen hätten. Die Deutsche Welle hat erfahren, dass die Behörden am Mittwoch ein Dokument erarbeitet haben, das eine Antwort auf die Frage gibt, wer die Auftraggeber der Anschläge sind. Das Dokument wird aber geheim gehalten. In der Presse und im Fernsehen wird erklärt, man werde sich verteidigen, aber gegen wen? Die Behörden schweigen.

Aus Taschkent wurde gemeldet, dass ein Terrorist in einem Haus am Stadtrand Geiseln genommen hat. Ungewöhnlich sieht es in den letzten Tagen an den Milizposten an der Stadtgrenze Taschkents aus. Normalerweise stehen vor ihnen Autoschlangen, die Menschen, Lebensmittel und Rohstoffe in die Hauptstadt bringen. Jetzt will kaum noch jemand in die Stadt, im Gegenteil, es stauen sich sehr viele Autos, mit denen die Taschkenter ihre gefährlich gewordene Stadt verlassen wollen. Folgende Eindrücke erhielt in Taschkent Jurij Tschernogajew:

Schätzungen von Journalisten zufolge haben die Stadt in den vergangenen Tagen etwa 30 000 Autos verlassen, das ist ein Viertel aller Fahrzeuge der Hauptstadt. Die meisten Taschkenter fliehen, wie sie sagen, für etwa eine Woche, zumal die Schulferien gerade um eine Woche verlängert wurden. Das Geschäftszentrum der Hauptstadt ist wie ausgestorben. Geschäfte und öffentliche Einrichtungen sind geschlossen. Geschäftsleute sind vor allem darüber enttäuscht, dass die größte internationale Lebensmittel-Messe in der Region, die am Mittwoch hätte eröffnet werden sollen, abgesagt wurde. Die Ausstellungsstände sind bereits aufgebaut und die Verkaufsleiterin der Gesellschaft ITESA-Osiyo, Irina Danilowa, sagte, dass sie einfach nicht wisse, was sie jetzt mit den auszustellenden Waren tun solle, weil es sich bei den meisten um schnell verderbliche Lebensmittel handele. Als großen Verlust empfinden die Taschkenter die Absage des Konzerts von Elena Obraszowa und Surab Sotkilawa. Die Karten waren schon lange ausverkauft. Das hätte das erste Konzerte der Künstler in Zentralasien werden sollen. Es hätte am Mittwoch stattfinden sollen und die Künstler erfuhren erst am Morgen bei der Generalprobe, dass das Konzert abgesagt wurde. Übrigens haben viele, die das Konzert besuchen wollten, ohnehin die Stadt verlassen.

Wegen der jüngsten Terroranschläge hat Usbekistan einseitig die Grenze zu Tadschikistan geschlossen. Duschanbe hält sich mit entsprechenden Maßnahmen vorerst noch zurück. Hier nun ein Bericht unseres Korrespondenten Chajrullo Mirsaidow aus der Stadt Chudschand im Norden Tadschikistans:

Der Vorsitzende des tadschikischen Komitees zum Schutz der Staatsgrenze, Abdurachmon Asimow, erklärte, das Land ergreife dennoch Maßnahmen zum Schutz der Grenze zu Usbekistan. Am Mittwoch wurde mit der Verlegung einiger Grenzeinheiten von der tadschikisch-afghanischen Grenze zur Passierstelle im Gebiet Sogi begonnen, über den Terroristen nach Tadschikistan gelangen könnten. Der tadschikische Präsident Emomali Rachmonow bedauerte in einem Telefongespräch mit seinem usbekischen Kollegen Islam Karimow die Ereignisse in Usbekistan und versicherte ihm, dass er alles unternehmen werde, um Terroristen festzunehmen und diese auszuliefern, wenn sie auf tadschikisches Territorium vordringen sollten. Übrigens verlautete aus einer Quelle in der Abteilung des Innenministeriums im Bezirk Isfar im Gebiet Sogdi, wo bereits mehrere Verbrecher festgenommen wurden, die mit islamischen und terroristischen Gruppierungen in Verbindung gebracht werden, dass dort bereits eine Anti-Terror-Operation begonnen habe. In Isfar seien bereits mehrere extremistische Gruppierungen entdeckt worden, hieß es. Am aktivsten sind die Anhänger der Hisb-ut-Tahrir, deren Sympathisanten Ende 2003 eine Kundgebung vor dem Gebäude des Gebiets-Gouverneurs veranstaltet hatten. Die Behörden sind aber der Ansicht, dass derzeit keine Gefahr besteht, dass Terroristen von Usbekistan aus nach Tadschikistan eindringen. (MO)