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Südkorea: Kein Amtsenthebungsverfahren gegen Han Duck Soo

24. März 2025

Neues Kapitel in Südkoreas Staatskrise: Interimspräsident Han Duck Soo darf weiterregieren. Das hat das höchste Gericht des ostasiatischen Landes entschieden.

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Südkorea Seoul 2025 | Han Duck Soo verbeugt sich bei Pressekonferenz (24.03.2025)
Zwischenzeitlich geschasster Premier Han: Rückkehr ins Amt des InterimspräsidentenBild: Ahn Young-joon/Pool/REUTERS

Es ist das erste von zwei mit Spannung erwarteten Urteilen in Südkorea. Im Fall von Han Duck Soo hat das Verfassungsgericht in Seoul nun eine Entscheidung gefällt. Die höchsten Richter wiesen einen Antrag auf Amtsenthebung gegen den vom Parlament abgesetzten Regierungschef und Kurzzeit-Interimspräsidenten ab. Die Mehrheit der Richter stimmte dagegen. Han darf die Amtsgeschäfte wieder übernehmen.

Ein Urteil in einem noch gewichtigeren Verfahren steht aber noch aus: Dabei geht es um die Frage, ob der entmachtete Präsident Yoon Suk Yeol endgültig des Amtes enthoben wird. Eine Entscheidung fällt möglicherweise noch in dieser Woche, heißt es aus Südkorea - sicher ist das aber nicht. Einen Termin dafür haben die obersten Richter bislang nicht angekündigt.

Was führte zu Südkoreas Staatskrise?

In der Staatskrise geht es um massives Fehlverhalten der höchsten Politiker, aber auch um die Legitimität des eigentlich unterbesetzten Verfassungsgerichts. Präsident Yoon hatte Anfang Dezember wegen eines Haushaltsstreits das Kriegsrecht in Südkorea ausgerufen und das ostasiatische Land damit in eine politische Krise gestürzt.

Er warf der Opposition damals unter anderem vor, von kommunistischen Kräften unterwandert und Handlanger der Diktatur in Nordkorea zu sein. Beweise dafür gibt es nicht.

Zivilisten verhindern, dass Soldaten in der Nacht in das Parlament in Seoul eindringen (04.12.2024)
Soldaten vor dem Parlament in Seoul nach Verhängung des Kriegsrechts (Anfang Dezember)Bild: JUNG YEON-JE/AFP/Getty Images

Das Parlament in Seoul stimmte daraufhin für die Absetzung Yoons, die Staatsanwaltschaft leitete strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn ein. Der konservative Politiker Han war zu diesem Zeitpunkt Ministerpräsident und wurde vorübergehend Yoons Nachfolger.

Zwei Wochen nach Yoons Absetzung stimmte das Parlament in Seoul dann auch für Hans Absetzung als Interimspräsident. Die Opposition hatte die Abstimmung beantragt, weil Han verhindert habe, das Amtsenthebungsverfahren seines Vorgängers Yoon abzuschließen. An Hans Stelle rückte Finanzminister Choi Sang Mok.

Die Abgeordneten begründeten Hans Absetzung damals mit seiner Weigerung, mehr Richter für das zu dieser Zeit aus nur sechs Richtern bestehende Verfassungsgericht zu ernennen. Hätte sich auch nur ein Richter in der personell unterbesetzten Kammer geweigert, die Amtsenthebung von Hans Vorgänger Yoon zu unterstützen, wäre dieser wieder als Präsident eingesetzt worden. Denn in so einem Verfahren müssen in Südkorea mindesten sechs Verfassungsrichter zustimmen - unabhängig davon, mit wie viel Juristen das Gericht zum Zeitpunkt der Entscheidung besetzt ist.

Die Opposition forderte damals die Ernennung von drei weiteren Richtern und damit eine vollständige Besetzung des Gerichts. Zwei neue Richter kamen am 1. Januar ins Amt - ernannt vom inzwischen zweiten Interimspräsidenten Choi.

Gericht sieht keine Beweise für Komplizenschaft

Ihre Entscheidung zur Wiedereinsetzung von Han als Interimspräsident begründeten die Richter jetzt damit, dass die Nichternennung von Richter-Kandidaten zwar rechtswidrig gewesen sei. Dies reiche aber nicht aus, um eine Absetzung Hans zu rechtfertigen, zitiert der Fernsehsender YTN aus der Begründung.

Südkorea Seoul 2025 | Achtköpfiges Verfassungsgericht in Seoul, Chung Kye sun, Kim Bok hyeong, Jung Jung mi, Lee Mi son, Moon Hyung bae, Kim Hyung du, Cheong Hyung sik und Cho Han chang, im Gerichtssaal (24.03.2025)
Verfassungsgericht in Seoul: Gründe für Amtsenthebung unzureichendBild: Yonhap Pool/picture alliance

YTN zufolge sah das Gericht zudem "keine Beweise" für Hans Rolle bei mutmaßlichen Plänen im Zusammenhang mit der Kriegsrechtsverhängung durch Yoon. Han wurde vorgeworfen, als Yoons Komplize agiert zu haben. Han selbst stritt dies stets ab.

Han Duck Soo begrüßte die Entscheidung des Gerichts und übernahm danach sofort wieder das Amt des Präsidenten. Er dankte dem Verfassungsgericht für seine "weise Entscheidung". Es gebe nun "keinen Platz für Spaltungen", erklärte er. "Die Priorität unseres Landes ist es, voranzukommen."

Südkorea Seoul 2025 | Han Duck Soo bei Pressekonferenz (24.03.2025)
Interimspräsident Han: "Weise Entscheidung"Bild: Ahn Young-joon/REUTERS

Der Anführer der Opposition, Lee Jae Myung, sagte, er respektiere das Urteil. Er drängte das Gericht gleichzeitig, im Fall der Amtsenthebung Yoons möglichst bald zu einer Entscheidung zu kommen. "Die gesamte Nation hat wegen Yoon Suk Yeols illegalem Militärputsch schlaflose Nächte", so Lee. Es sei schwer verständlich, warum die Verfassungsrichter ihre Entscheidung immer weiter aufschieben. Die derzeit laufenden Verhandlungen zu dem Fall sind die längsten in der Geschichte des Gerichts.

Befürchtung vor einer Rückkehr Yoons

Das mit Hochspannung erwartete Urteil der Verfassungsrichter über eine die endgültige Amtsenthebung Yoons würde auch darüber entscheiden, wie lange Nun-wieder-Interimspräsident Han das höchste Staatsamt innehaben wird. Die Entscheidung war bereits für Mitte März erwartet worden.

Der freigelassene Yoon Suk Yeol winkt (08.03.2025)
Entmachteter Präsident Yoon nach seiner Haftentlassung (Anfang März): Rückkehr ins Amt möglichBild: Kim Hong-ji /REUTERS

Sollte Yoons Amtsenthebung vom Verfassungsgericht bestätigt werden, müssten innerhalb von 60 Tagen nach dem Urteilsspruch Neuwahlen stattfinden. Andernfalls würde Yoon wieder ins Präsidentenamt zurückkehren.

Laut dem Politologen Yoo Jung Hoon sagt das Urteil im Fall Han nichts über den Fall Yoon aus. "Die Richter haben nicht die Rechtmäßigkeit des Kriegsrechts beurteilt, sondern Hans Verwicklung in die Vorgänge", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Demos für und gegen Yoon

Die Krise sorgt weiter für Spannungen im Land: Am Samstag nahmen Hunderttausende Menschen an Demonstrationen teil - für und gegen Yoon. Die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen des Verfassungsgerichts schüren bei Gegnern des entmachteten Präsidenten Ängste vor dessen Rückkehr ins Amt.

Nach seiner Festnahme im Januar saß Yoon einige Wochen in Haft, ehe ein Gericht Anfang März den Haftbefehl gegen ihn aufhob. Um Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens gegen Yoon zu beseitigen, erklärte das zentrale Bezirksgericht in Seoul am 7. März, dieser Schritt erscheine "angemessen". Nachdem die Staatsanwaltschaft dann darauf verzichtete, Berufung einzulegen, wurde Yoon schließlich freigelassen.

AR/se (afp, rtr, dpa)

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