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Strompreise in Bulgarien drastisch angehoben

Jana Dimitrowa5. Juli 2002

– Bürger fragen sich, ob sie ihre Stromrechnungen künftig überhaupt noch bezahlen können

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Sofia, 5.7.2002, 1010 GMT, RADIO BULGARIEN, deutsch,

Seit dem 1. Juli gelten neue, natürlich höhere Strompreise in Bulgarien. Seit Montag (1.7.) zahlen wir um ein Drittel mehr für den elektrischen Strom. Die Argumente der Regierung für diese nicht unbedingt geringe Preiserhöhung sind an den Fingern einer Hand abzuzählen. Darunter zeichnet sich aber die Vereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds ab, die bulgarischen Strompreise an die international geltenden anzupassen. Daher erwartet uns eine neue Welle der Preissteigerung bis 2004, die in zwei Phasen erfolgen soll. Eine weitere Bestimmung des Internationalen Währungsfonds ist, dass die Strompreise für die privaten Haushalte und für die Industrie anzugleichen sind. In Bulgarien galten bisher niedrigere Preise für die Haushalte, übrigens ein Überbleibsel aus sozialistischen Zeiten.

Dem bulgarischen Finanzministerium zufolge seien die teueren Strom- und Heizungspreise auf dem Weg in die Europäische Union und im Gange der Wirtschaftsreformen in unserem Land unumgänglich. Der Gewerkschaftsorganisation zufolge wird sich jedoch diese Preiserhöhung auf die Familienhaushalte sehr negativ, ja sogar schmerzhaft auswirken und wie immer die einkommensschwachen Bevölkerungsschichten treffen. Angaben des Gewerkschaftsbundes zufolge werden etwa 13 Prozent der monatlichen Einkommen unserer Landsleute, bei einem Durchschnittsgehalt von umgerechnet 145 Euro, für Strom und Heizung ausgegeben. Eine Folge wäre die Senkung der ohnehin niedrigen Kaufkraft der Bulgaren. Die teuren Strom- und Heizungspreise wird man verständlicher Weise im Winter am stärksten spüren. Dem Vorsitzenden der Gewerkschaft "Potkrepa", Konstantin Trentschew, zufolge werden 85 Prozent der bulgarischen Familien ihre Stromrechnungen nicht zahlen können. Grund dafür sind die niedrigen Gehälter in den staatlichen Unternehmen und die niedrigen eher lachhaften Renten. Die vom Kabinett geplante fünfprozentige Gehaltserhöhung in den staatlichen Unternehmen ist keine Lösung, behaupten die Gewerkschafter. Sie erinnern auch daran, dass in zahlreichen Familien mindestens ein Mitglied arbeitslos ist. Der laufende Stellenabbau in den Schulen und in der Armee lässt noch mehr Menschen ohne Erwerb, und die neue Preiserhöhung wird sie in die Enge treiben, zwischen Ernährung und Strom zu entscheiden. Die Gewerkschafter haben außerdem ausgerechnet, dass eine vierköpfige Familie, die ihre 75 Quadratmeter Wohnung mit Strom heizt, etwa 60 Euro im Monat an Strom zu zahlen haben wird. Laut Statistik heizen 20 Prozent der Bulgaren mit Strom. Grund dafür ist wiederum die mehrmalige Preiserhöhung für Fernheizung. Man muss aber auch sagen, dass die Regierung spezielle Ausgleichzahlungen für sozialschwache Familien vorgesehen hat. Außerdem steigen die Strompreise bei einem monatlichen Stromverbrauch unter 125 Kilowattstunden nicht. Davon werden jedoch nur Singles profitieren, scherzen die Gewerkschafter. (fp)