Steuerdeal mit den USA vor dem Aus
18. Juni 2013Die Abgeordneten des Nationalrates, der großen Kammer des Schweizer Parlaments, lehnten es mit 126 zu 67 Stimmen bei zwei Enthaltungen ab, sich überhaupt mit der Vorlage zu befassen. Das von der Regierung erarbeite Gesetz sollte es den Schweizer Banken erlauben, der US-Justiz die verlangten Informationen zu liefern. Ohne gegen das Schweizer Bankgeheimnis zu verstoßen. Allerdings läuft der Schweiz die Zeit davon. Die Amerikaner fordern, dass das Gesetz spätestens am 1. Juli in Kraft tritt.
Die Nein-Stimmen kamen von den Sozialdemokraten, der national-konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) und den Liberalen. Die Christdemokraten, die Grünen und die Bürgerlich-Demokratische Partei von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf waren dafür.
"Ungeheures Präjudiz"
Nach den Vorstellungen der Regierung in Bern sollten mit der "Lex USA" rechtliche Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Schweizer Banken sich in Washington von der Verfolgung für Schwarzgeldgeschäfte mit Amerikanern in der Vergangenheit durch Milliardenzahlungen sowie die Preisgabe von Daten über Bankmitarbeiter, Treuhänder und Anwälten freikaufen dürfen.
Der SVP-Politiker Christoph Blocher begründete die Ablehnung des Deals damit, dass er ein ungeheures Präjudiz darstellen würde. Das Gesetz würde nur andere Länder dazu animieren, ähnliche Forderungen zu stellen. Damit drohten den Geldinstituten Strafzahlungen, die nicht mehr tragbar seien. Die Sozialdemokraten wollen den Finanzinstituten nicht aus der Patsche helfen, schließlich hätten sie wissentlich Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet. Auch Seitens der EU steht die Alpenrepublik unter Druck, ihr Bankgeheimnis zu lockern.
Regierung warnt von Banken-Crash
Viele Abgeordnete warfen den USA vor, die Schweiz mit der Androhung von Prozessen und des Ausschlusses vom US-Finanzmarkt zu erpressen. Zugleich seien die USA zu keinerlei Garantie-Erklärung bereit gewesen, dass dann ein Schlussstrich gezogen und nicht schon im nächsten Jahr weitere Milliarden-Forderungen gestellt würden. Auf Kritik stieß im Nationalrat auch, dass den Abgeordneten die finanziellen Details des Freifkauf-Deals, der mit der "Lex USA" abgesichert werden soll, nicht mitgeteilt werden. Allerdings sind auch keine Zahlungen aus Steuermitteln, sondern allein aus dem Kapital der betroffenen Banken vorgesehen.
Finanzministerin Widmer-Schlumpf warnte vor den Konsequenzen einer Ablehnung. Es bestehe die "echte Gefahr", dass weitere Institute ins Visier der USA geraten und Strafverfahren eingeleitet werden. Das könne einzelne Geldhäusern die Existenz kosten. "Es besteht die Gefahr, dass wir uns mit der Auflösung von Banken befassen müssen", sagte die Finanzministerin. Mit dem Gesetz könnten Banken, die gegen amerikanisches Recht verstoßen hätten, ihre Probleme selbst lösen. Eine bessere Lösung gebe es nicht.
Die Zeit wird knapp
Die Vorlage geht jetzt zurück an den Ständerat, die Vertretung der Kantone. Die kleine Kammer des Parlaments hatte das Gesetz in der vergangenen Woche mit 24 zu 15 Stimmen gebilligt. Für eine Einigung zwischen beiden Kammern bleibt nicht mehr viel Zeit. Die Parlamentsperiode endet am Freitag. Die US-Regierung hatte der Schweiz zur Verabschiedung des Gesetzes Zeit bis Ende Juni gegeben.
Wenn die "Lex USA" nicht verabschiedet wird, droht 15 Schweizer Banken in den USA ein Strafverfahren. Ihnen drohen heftige Strafzahlungen, wenn in ihren Büchern nicht deklarierte Mittel aus den USA gefunden werden. Im Fall der Einleitung von Ermittlungen könnten die Banken zudem von den Finanzmärkten abgeschnitten werden.
gmf/pg (afp, dpa, rtr)