Was die Länder tun, um das Mittelmeer besser zu schützen
13. August 2025In der libyschen Küstenstadt Sirte bereitet sich Mokhtar al-Rammash darauf vor, mit seinem ramponierten Plastikboot zum Fischfang auszufahren. Während er seine abgenutzten und ausgefransten Netze entwirrt, zeigt er auf die mit Müll übersäte Meeresoberfläche .
"Die Netze fangen jetzt nur noch Plastik", sagt er. "Es fühlt sich an, als würden wir das Meer säubern, anstatt damit unseren Lebensunterhalt zu verdienen."
Laut den Vereinten Nationen landen täglich 730 Tonnen Plastikmüll im Mittelmeer. Für al-Rammash ist das jedoch nicht die einzige Sorge. Dazu kommen die industriellen Fischerboote die "alles mitnehmen, sogar die kleinen Jungfische" und das Meer "jeden Tag leerfischen."
Abwässer aus Städten nahe der libyschen Hauptstadt Tripolis sind ein zusätzliches Problem, sie töten viele Fische und Schwämme. Und die Landgewinnung an der Küste zerstört die Laichgebiete für zahlreiche Arten.
"Was hier passiert, ist nicht normal", sagt al-Rammash. Manchmal scheint es, als hätte Libyen kein Meer vor der Haustür, sagt er. "Wir haben eine der längsten Küsten in der Region, aber wir importieren Fisch aus dem Ausland."
Al-Rammash und andere Fischer hofften, dass das libysche Umweltministerium Maßnahmen zum Schutz des Meeres ergreift, denn das werde "kontinuierlich zerstört" und sei ihre einzige Einkommensquelle. "Wir haben Briefe und Forderungen verschickt, aber niemand antwortet."
Ähnliche Probleme an anderen Küsten im Mittelmeer
Rund 1500 Kilometer östlich sitzt Haj Abdel Nabi auf einem Steg in der Nähe der ägyptischen Stadt Alexandria und inspiziert seine Netze. Er ist in den Sechzigern und erinnert sich an Zeiten, als das Meer noch reichhaltige Fänge bot.
"Früher kamen wir mit 100 Kilogramm Fisch zurück, heute sind es nur noch 10 und manchmal kommen wir mit gar nichts zurück."
Er sagt, dass die industriellen Fischerboote zumindest teilweise an dieser Situation schuld seien. Denn ein einziges dieser Schiffe fange "mehr als alle lokalen Fischer zusammen". Auch er hat seine Bedenken der Gemeinde und dem ägyptischen Umweltministerium vorgetragen, ohne Antwort.
Umweltberichte aus Algerien, das eine gemeinsame Küste mit Libyen und Ägypten hat, zeigen einen anhaltenden Rückgang von Fischbeständen, besonders bei Sardinen und anderen Arten, die für die Fischereiindustrie des Landes besonders wichtig sind.
Algerische Behörden teilten der DW mit, dass jährlich 1.300 Tonnen Sardinen-Jungfische – mit einer Länge von weniger als elf Zentimetern – gefischt werden, oft illegal. Forscher warnen, dass der Fang von Jungfischen die Populationen schädigt und die Nahrungsketten im Meer unterbricht.
Was sind die Lösungen?
Lokale Fischer wie Mokhtar al-Rammash und Haj Abdel Nabi spüren die vielfältigen Probleme des Mittelmeers hautnah. Ägypten hat im Juli einen nationalen Plan zur Verbesserung seiner Küstenumwelt vorgestellt.
Geplant ist demnach die Renaturierung von zwei Küstenseen und der Bau von rund 70 Kilometern Küstenschutz in Form von Sanddünen-Deichen. Die Regierung in Kairo will außerdem den Plastikverbrauch durch eine erweiterte Herstellerverantwortung reduzieren. Hersteller und Importeure von Plastiktüten sollen dafür künftig Gebühren zahlen.
Umweltministerin Yasmine Fouad kündigte außerdem Initiativen an, um den Fischern zusätzliche Einkommensquellen zu verschaffen. Sie sollen zukünftig Abfälle sammeln, in das Recycling einbezogen werden und die Wasserqualität überwachen.
"Der Schutz des Mittelmeers ist keine Frage der Umweltpolitik mehr. Er ist eine soziale und wirtschaftliche Notwendigkeit", so Fuad.
Es ist auch eine klimapolitische Notwendigkeit. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Meere seit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert etwa 90 Prozent der globalen Erderwärmung aufgenommen haben. Dadurch wurden die empfindlichen marinen Ökosysteme zusätzlich belastet. Laut Experten beeinträchtigen steigende Temperaturen, sinkende Niederschläge und der Anstieg des Meeresspiegels das Mittelmeer zunehmend.
Reichen die weltweiten Verpflichtungen zum Schutz der Meere?
Algerien kündigte vor kurzem ein Projekt zur Digitalisierung der Fischereiüberwachung an und will seine Häfen an elektronische Ortungssysteme anschließen. Dafür ist die Zusammenarbeit mit der Union für den Mittelmeerraum geplant, einer zwischenstaatlichen Organisation aus 43 Ländern.
Im letzten Juni unterzeichneten 55 Länder den Hochsee-Vertrag, der bis 2030 30 Prozent der Weltmeere schützen soll. Dieser Meilenstein in der globalen Meerespolitik – der unter anderem Schutzgebiete schaffen und Aktivitäten wie Fischerei, Schifffahrt und Tiefseebergbau regulieren wird – tritt in Kraft, sobald 60 Länder ihn ratifiziert haben. Dies könnte bis Ende 2025 geschehen.
Im Juni trafen sich außerdem 170 Länder in Frankreich, um den "Aktionsplan für die Meere von Nizza" bekannt zu geben. Dieser fordert die Einbeziehung von Fischern in die Erhebung von Umweltdaten, das Verbot der Hochseefischerei in empfindlichen Meeresregionen und die Unterstützung von Projekten der "blauen Wirtschaft" als Weg zum Erhalt von Ökosystemen mit neuen Jobs.
Die europäischen Länder haben zugesagt, in den kommenden Jahren eine Milliarde Euro in Initiativen zum Meeresschutz zu investieren. Dazu gehören die Unterstützung von Ländern des Globalen Südens, ein strengerer Meeresschutz und eine verbesserte Überwachung der Verschmutzung des Mittelmeeres.
Doch nicht alle sind von den Schutzversprechen überzeugt. "Es ist schwer zu glauben, wenn einige der größten Geldgeber gleichzeitig die schlimmsten Umweltverschmutzer der Welt sind", sagt Samir Scheich al-Zaghnani, ein ehemaliger tunesischer Kapitän und heute unabhängiger Umweltaktivist, der DW.
Fischer wie al-Rammash würden sich gern stärker für den Schutz ihrer Gewässer einsetzen. "Wir kennen das Meer und können es schützen, aber uns fehlen die Mittel dazu", sagt er. "Wenn sie uns weiterhin Versprechungen machen, während sie anderen die Netze geben, bleibt für uns nichts mehr übrig."
Adaption aus dem Englischen von Gero Rueter. Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Arabisch verfasst. Er entstand im Rahmen des 2025 UN Ocean Conference Fellowship, organisiert vom Earth Journalism Network von Internews.