Sonnenstrom in der EU
10. Juni 2010Noch vor wenigen Jahren wurde die solare Energiegewinnung belächelt. Energiekonzerne bewerteten die Strom- und Wärmeerzeugung aus Sonnenkraft als nicht ernstzunehmende Konkurrenz. Diese Einschätzung hat sich inzwischen verändert. Selbst im nicht sehr sonnenreichen Deutschland decken Solarzellen, die vor allem auf Dächern installiert werden, derzeit über zwei Prozent des nationalen Strombedarfs.
Zehn Prozent Sonnenstrom bis 2020
Nach Einschätzung des Solarexperten Eike Weber, Leiter des Fraunhoferinstitut in Freiburg, wird in Europa im Jahr 2020 über zehn Prozent des Strombedarfs mit Sonnenstrom gedeckt werden. Die europäische Organisation der Photovoltaikfirmen spricht sogar von zwölf Prozent. Darüber hinaus übernehmen auch zunehmend Sonnenkollektoren die Warmwasserversorgung und Heizungsunterstützung in Gebäuden. In Deutschland und Österreich, aber auch Spanien, Italien, und Frankreich werden die solarthermischen Kollektoren vor allem bei Neubauten installiert.
Intelligente Gesetze Voraussetzung für Erfolg
Vor zehn Jahren, am 1. April 2010, trat in Deutschland das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft und ermöglichte den Boom der erneuerbaren Energien. Durch die Festlegung von Vergütungssätzen über 20 Jahre wurden Wind- und Solaranlagen kalkulierbar und rentabel. Inzwischen wurde das deutsche EEG weltweit in 47 Ländern nachgeahmt. In Deutschland wurden so vor allem Bürger zu Energieunternehmern.
Im letzten Jahr investierten sie sechs Milliarden Euro allein in die Solarenergie. Das ist mehr, als die vier großen deutschen Energieversorger zusammen für Kraftwerksneubau und -ausbau gesteckt haben. Und nach einer Forsa-Umfrage wollen 73 Prozent der Hauseigentümer in Deutschland zukünftig ihre Energie am liebsten selbst produzieren.
Europas Sonnenland Spanien
Dank viel Sonnenschein und ungenutzten Flächen hat Spanien das größte Potential zur solaren Energieerzeugung in der EU und könnte so zum Stromversorger für Europa werden. Dank des spanischen Energie-Einspeise-Gesetzes, das lukrative Renditen ermöglicht, erlebte Spanien vor allem 2008 einen Solar-Boom. Auf riesigen Flächen wurden Photovoltaikkraftwerke aus dem Boden gestampft. Fast die Hälfte der weltweiten Solarmodulproduktion wurde im Jahr 2008 in Spanien installiert. Über ein Prozent des Strombedarfs wird seit dem mit den Solarmodulen gedeckt.
Nach dem Boom reduzierte die Regierung jedoch die Solarförderung. Dies führte in 2009 zu einem drastischen Einbruch mit Konsequenzen für die noch junge Solarindustrie. Landesweit wurden Photovoltaikkraftwerke mit einer Gesamtleistung von nur noch 200 Megawatt installiert. Im Jahr zuvor lag die installierte Leistung bei über 2.600 Megawatt. Zum Vergleich: Ein neues, großes Atomkraftwerk hat eine Leistung von rund 1.000 Megawatt.
Spanien führend bei solarthermischen Großkraftwerken
Anders als bei der Photovoltaik wird bei solarthermischen Großkraftwerken die Sonnenenergie mittels Spiegel gebündelt und diese zur Dampferzeugung genutzt. Der Dampf treibt dann, wie bei einem konventionellen Kraftwerk, die Generatoren an. Der Vorteil: Durch zwischengeschaltete Wärmespeicher liefern diese Kraftwerke auch ohne Sonne in der Nacht günstigen Strom.
Derzeit sind nach Angaben des Bonner Marktforschungsinstituts EuPD-Research in Spanien solarthermische Kraftwerke mit einer Kapazität von rund 3.400 Megawatt in Bau und Betrieb. Zusammen mit den Projekten in der Konstruktion und Zulassungsphase beträgt der anvisierte Kraftwerkspark nach Angaben einer Greenpeace-Studie über 14.000 Megawatt.
Strom aus nordafrikanischer Wüste für Europa?
2009 schlossen sich Deutsche Stromkonzerne mit Banken und Versicherungen in der DESERTEC-Initiative zusammen. Sie wollen solarthermische Großkraftwerke in Nordafrika errichten und den Strom über moderne Gleichstromleitungen nach Europa transportieren. Die spanischen solarthermischen Großkraftwerke, die mit Hilfe deutscher Technologie gebaut und betrieben werden, dienen hier als Vorbild und Prototyp für die Vision der europäisch-nordafrikanischen Wüstenstromproduktion.
Italien und Frankreich ziehen vorsichtig nach
Italien und Frankreich gelten neben Griechenland und Bulgarien als Zukunftsmärkte für die Solarenergie. In Italien und Frankreich gewinnt die solare Nutzung an Bedeutung. Immer mehr solarthermische Anlagen zur Warmwassererzeugung sind auf Dächern zu sehen und Photovoltaikanlagen zur Stromgewinnung werden zunehmend durch Energieeinspeisegesetze gefördert. Dennoch bleibt das Wachstum bislang hinter den Erwartungen und dem Potential zurück. Für dieses Jahr prognostiziert das Markforschungsinstitut EuPD Neuinstallationen von Photovoltaikmodulen von 450 MW für Italien und 410 MW für Frankreich. Die noch relative geringe Bedeutung der Photovoltaik in diesen Ländern macht ein Vergleich mit Deutschland deutlich. Dort werden im Jahr 2010 voraussichtlich über zehnmal mehr Photovoltaikmodule installiert.
Kostendruck durch Kürzungen und Konkurrenz
Motor beim Ausbau der Sonnenenergienutzung in Europa ist vor allem Deutschland. Die junge Solarindustrie boomte bislang auch dank der deutschen Einspeisevergütung. Mit rund 80.000 Beschäftigten gilt sie als Zukunftsindustrie. Auch andere Länder in West- und Osteuropa setzen mit Einspeisevergütungen und Förderinstrumenten auf diesen jungen Wachstumsmarkt.
In Osteuropa lockt vor allem Tschechien Hausbesitzer und Großinvestoren mit guten Renditen. Doch trotz weltweitem Wachstum bei der Photovoltaik um derzeit rund 35 Prozent pro Jahr steigt der Druck auf die Hersteller von Solarmodulen durch die Kürzungen von Einspeisevergütungen und durch die asiatische Billigkonkurrenz. Nach Einschätzung des Solarexperten Torsten Henzelmann wird in den nächsten fünf Jahren nur rund die Hälfte der heute 50 größeren deutschen Solarunternehmen überleben.
Weiteres Wachstum durch EU-Vorgaben
Bis zum Jahr 2020 soll der Anteil der erneuerbaren Energien in der EU auf 20 Prozent steigen. Dies könnte ein entscheidender Motor für weitere Innovationen sein. Neben der Photovoltaik zur Stromerzeugung, wird künftig aber auch die Solarthermie eine Schlüsselrolle bei der Deckung des Energiebedarfs spielen, vor allem bei der Deckung des Energiebedarfs von Gebäuden, sei es zur Warmwasserbereitung, Heizung und auch Gebäudekühlung. Ein wichtiger Motor sind hier die Pläne der EU-Kommission. Danach sollen spätestens ab 2021 alle Neubauten "Fast-Null-Energiegebäude" sein.
Autor: Gero Rueter
Redaktion: Fabian Schmidt