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RechtsstaatlichkeitUkraine

Selenskyj legt neues Anti-Korruptionsgesetz vor

25. Juli 2025

Ein Gesetz schwächte die Anti-Korruptionsbehörden und sorgte international für Kritik. Nun lenkt Präsident Selenskyj ein und legt binnen weniger Tage einen zweiten Gesetzentwurf vor, der ihre Unabhängigkeit sichern soll.

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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Ukraines Präsident Selenskyj lenkt ein und legt ein neues Gesetz vor (Archivbild)Bild: Sven Hoppe/dpa/picture alliance

Nach scharfer Kritik der Europäischen Union und anhaltenden Protesten Tausender Bürger hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Unabhängigkeit der Anti-Korruptionsbehörden wiederherstellen soll. In einer abendlichen Videobotschaft kündigte Selenskyj zudem an, dass künftig alle Mitarbeiter mit Zugang zu Staatsgeheimnissen regelmäßigen Lügendetektortests unterzogen werden sollen. "Und das müssen regelmäßige Kontrollen sein", betonte er.

Neuer Entwurf ersetzt umstrittenes Gesetz

Der neue Gesetzentwurf wurde bereits dem Parlament, der Obersten Rada, übermittelt. Er sieht vor, dass Lügendetektortests innerhalb von sechs Monaten eingeführt werden. Gleichzeitig soll das Gesetz den Anti-Korruptionsbehörden ihre bisherigen Vollmachten zurückgeben.

Zuvor hatte Selenskyj am Dienstag ein umstrittenes Gesetz im Eilverfahren unterzeichnet, das die Kontrolle der Anti-Korruptionsstellen der Generalstaatsanwaltschaft und somit auch dem Präsidenten unterstellen sollte - ein Schritt, der landesweit Proteste auslöste.

Protest gegen ein Gesetz zur Einschränkung der Autonomie von Antikorruptionsbehörden
Proteste gegen die Einschränkungen der Anti-Korruptionsbehörden in Charkiw (23.07.2025)Bild: Serhii Masin/Anadolu Agency/IMAGO

In Kyjiw demonstrierten am Donnerstag erneut Hunderte Menschen in Sichtweite des Präsidentensitzes. Es war der dritte Tag in Folge mit Protesten gegen die beschlossene Einschränkung der Antikorruptionsbehörden. Die Demonstrierenden forderten, dass das neue Gesetz schnell verabschiedet wird und die Unabhängigkeit der betroffenen Institutionen garantiert bleibt.

"Es ist völlig normal, zu reagieren, wenn Menschen etwas nicht wollen, oder wenn ihnen etwas nicht gefällt", erklärte Präsident Selenskyj. "Für mich war es sehr wichtig, dass wir zugehört und angemessen reagiert haben."

Nach Bekanntwerden des neuen Entwurfs meldeten sich das Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) und die Spezialisierte Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) via Telegram zu Wort: "Der Gesetzentwurf stellt alle prozessualen Vollmachten wieder her und garantiert die Unabhängigkeit von NABU und SAP." Beide Behörden seien an der Ausarbeitung beteiligt gewesen, hieß es weiter.

Ein genauer Termin für die Abstimmung in der Rada steht bislang nicht fest. Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk versprach via Facebook, das Gesetz zur nächsten Sitzung zur Abstimmung zu stellen. Allerdings befindet sich das Parlament aktuell in der Sommerpause, die voraussichtlich bis Mitte August andauert.

Kritik aus dem Ausland

Die kurzfristige Gesetzesänderung vom Dienstag hatte nicht nur im Land, sondern auch in der EU Unverständnis ausgelöst. NABU und SAP waren 2015 mit internationaler Unterstützung gegründet worden, um die tief verwurzelte Korruption auf hoher politischer Ebene zu bekämpfen. Trotz aller Reformen zählt die Ukraine laut Transparency International weiterhin zu den korruptesten Ländern Europas.

Proteste gegen Schwächung der Anti-Korruptions-Behörden
Zahlreiche Demonstranten protestierten in der Nähe des Präsidentensitzes in KyjiwBild: Tetiana Dzhafarova/AFP

Kritiker warfen Selenskyj vor, autoritäre Tendenzen zu zeigen, indem er die bis dahin unabhängigen Institutionen unter seine Kontrolle bringen wollte. Kommentatoren bezeichneten das Umdenken nun als politische Niederlage für den Präsidenten, die ihn innenpolitisch geschwächt zurücklasse.

Selenskyj informierte nach eigenen Angaben auch Bundeskanzler Friedrich Merz über den neuen Gesetzesentwurf. "Ich habe Deutschland eingeladen, sich an der Begutachtung des Gesetzentwurfs durch Experten zu beteiligen. Friedrich hat mir seine Bereitschaft zur Unterstützung zugesichert", erklärte der Präsident. Auch Großbritannien und die EU sollen eingebunden werden.

pgr/haz (dpa, afp)

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