Secondhand als Hobby
Samstags steht Rita Weingarten früh auf. Schon um acht Uhr ist die 57-jährige Rentnerin auf den Beinen. Sie stellt Kisten mit gebrauchten Sachen, die sie von Freunden geschenkt bekommen hat, auf den Bürgersteig vor ihrem Haus. Sie verkauft sie - nicht, weil sie es muss, sondern weil es ihr Spaß macht. Ihre Kinder sind längst aus dem Haus, ihr Mann ist vor ein paar Jahren gestorben. Rita wusste nicht, was sie tun sollte. Dann hatte sie eine Idee: Sie eröffnete ihren eigenen Laden.
Ritas Haus steht in einer Seitenstraße in Köln. Jeden Samstag wird das Erdgeschoss zum Secondhandladen. Ein junger Mann schaut sich im Laden um und stöbert in den Regalen. Er erzählt: "Man muss sehr viel Zeit mitbringen, um hier das zu finden, was man sucht. Aber es ist bestimmt etwas dabei." Ein anderer Kunde hat das Richtige für sich bereits gefunden - ein altes Computerkabel. Er fragt, wie viel es kostet. "Ein Euro fünfzig", sagt Rita. Der Mann feilscht und handelt den Preis herunter - sie einigen sich auf einen Euro.
In Deutschland gibt es mehr als 10 000 Secondhandläden. Das Geschäft läuft gut, die meisten Kunden kommen wegen der günstigen Preise. Rita selbst verdient wenig: 20-30 Euro pro Arbeitstag. Aber darauf kommt es ihr nicht an. Leben muss die Rentnerin von dem Geld nicht - da kann sie auch mal Dinge verschenken. Viele Menschen in ihrem Bezirk sind arbeitslos. Da kommt es schon mal vor, dass jemand vorbeischaut und nach ein paar Socken fragt. Dann schenkt sie ihm welche.
Obwohl der Gewinn klein ist, muss Rita einmal im Jahr eine Steuererklärung machen. Sie schreibt ganz genau auf, was sie verkauft hat. Und auch, wenn es viel Arbeit ist - für Rita lohnt es sich. Sie erklärt: "Es ist mein Hobby. Ob ich 70 Cent oder drei Euro für ein Teil bekomme, ist mir eigentlich egal. Das ist einfach der Spaß, immer wieder neue Menschen kennenzulernen".
Glossar
Secondhandladen, der - ein Laden, in dem bereits gebrauchte Dinge (zum Beispiel Kleidung) verkauft werden
etwas boomt (aus dem Englischen)- etwas ist gerade sehr beliebt
Rentner/in, der/die - jemand, der nicht mehr arbeiten muss, weil er schon sehr alt ist
(früh) auf den Beinen sein - hier: früh aufstehen
gebraucht - nicht mehr neu; bereits benutzt
aus dem Haus sein - hier: ausgezogen sein; in eine eigene Wohnung gezogen sein
sich umschauen - sich umsehen
stöbern - sich umsehen; nach etwas suchen
Zeit mitbringen - umgangssprachlich für: Zeit haben
feilschen - über den Preis verhandeln
etwas herunterhandeln - durch Handeln einen geringeren Preis zahlen müssen
sich auf etwas einigen - hier: einen Preis festlegen
etwas läuft gut - umgangssprachlich für: etwas ist erfolgreich
darauf kommt es ihr nicht an - das ist für sie nicht so wichtig
von etwas leben - sein Leben durch etwas finanzieren
es kommt vor - es passiert manchmal
vorbeischauen - vorbeikommen; zu Besuch kommen
Steuererklärung, die - die Angabe beim Finanzamt, wie viel Geld man in einem Jahr verdient hat
Teil, das - hier: die Sache
Fragen zum Text
1. Rita Weingartens Secondhandladen hat … geöffnet.
a) montags bis freitags
b) jeden Samstag
c) immer dienstags
2. Die meisten Kunden kommen in Ritas Laden, um …
a) Socken zu kaufen.
b) zu handeln.
c) günstig einzukaufen.
3. Das Geld, das Rita mit dem Laden verdient, ist ihr nicht so wichtig, denn sie …
a) muss nicht davon leben.
b) verkauft nur gebrauchte Dinge.
c) macht keinen Gewinn.
4. Setzen Sie das richtige Wort in den folgenden Satz ein: "Manche Kunden … bei Rita …, um zu feilschen."
a) schauen - um
b) schauen - an
c) schauen - vorbei
5. Suchen Sie das passende Verb: "Der junge Mann ist …, um eine Jacke für seine Freundin zu finden."
a) vorbeigeschaut
b) vorgekommen
c) vorbeigekommen
Arbeitsauftrag
Stellen Sie sich vor, Sie sind Verkäufer/in in einem Secondhandladen. Spielen Sie mit einem Partner eine kurze Szene, in der Sie und Ihr Partner um den Preis einer alten Waschmaschine feilschen.
Autor/in: Olga Kapustina/Lukas Völkel
Redaktion: Shirin Kasraeian