Schweden: Möglicherweise erneut Sabotage in der Ostsee
21. Februar 2025Schweden untersucht einen neuen Verdachtsfall mutmaßlicher Sabotage an einem Unterwasser-Kabel in der Ostsee. Die Küstenwache entsandte ein Schiff zu der Stelle in der schwedischen Wirtschaftszone vor der Insel Gotland. Die Ermittlungsbehörde habe eine Voruntersuchung eingeleitet, teilte Küstenwachen-Sprecherin Karin Cars mit. Der mutmaßliche Tatort liegt östlich von Gotland. "Wir helfen bei der Ermittlung am Tatort", fügte die Sprecherin hinzu.
"Die vorläufige Untersuchung bezieht sich auf den Verdacht der Sabotage", sagte ein Sprecher der Polizei in Stockholm der Nachrichtenagentur Reuters. Bei der Leitung handelt es sich erneut um das Datenkabel C-Lion1, das Finnland und Deutschland verbindet. Verdächtige gebe es derzeit nicht. Weitere Einzelheiten könne man zunächst nicht nennen, heißt es von Schwedens Polizei.
Der finnische Betreiber Cinia teilte mit, dass leichte Beschädigungen an der Glasfaserleitung festgestellt worden seien. Die Funktionalität sei jedoch nicht beeinträchtigt.
Mehrfach Beschädigungen von C-Lion1
C-Lion1 verläuft auf einer Länge von 1173 Kilometern zwischen der finnischen Hauptstadt Helsinki und der norddeutschen Hafenstadt Rostock. Das Glasfaserkabel verbindet mitteleuropäische Telekommunikationsnetzwerke mit Finnland und anderen nordischen Ländern.
Es ist das dritte Mal binnen vier Monaten, dass die Leitung beschädigt wurde. Bei Vorfällen im November und Dezember war C-Lion1 zeitweise vollständig lahmgelegt worden. Das Kabel wurde jeweils einige Tage später von einem Spezialschiff repariert.
Aufgrund der gegenwärtigen Sicherheitslage seien Schäden an der Unterwasserinfrastruktur besonders besorgniserregend, sagte Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson. Die Regierung werde auf dem Laufenden gehalten.
EU-Aktionsplan für Untersee-Infrastruktur
Angesichts dieses und zahlreicher anderer Fälle will die Europäische Union mit einem Aktionsplan die kritische Infrastruktur am Meeresboden besser schützen. Die EU-Kommission stellte dazu an diesem Freitag in Helsinki ein Maßnahmenpaket vor. Es sieht schnellere Reparaturen, eine bessere Überwachung und eine engere Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft vor.
Dabei sollen Daten verknüpft und Drohnen in der Luft und unter Wasser eingesetzt werden. Zudem wird an der Einrichtung eines regionalen Zentrums in der Ostseeregion gearbeitet, das als Test für den neuen Überwachungsansatz dienen soll.
Ein weiteres Ziel ist es, die Versorgungssicherheit mit Ersatzteilen zu gewährleisten und mittelfristig eine Flotte aufzubauen, die im Notfall zur Verlegung oder zur Reparatur von Unterseekabeln eingesetzt werden soll.
Konkret soll die Kapazität bestehender EU-Reparaturschiffe erhöht werden. Zusätzlich sollen als Reserve spezialisierte Mehrzweck-Kabelschiffe hinzukommen. Auch die Zusammenarbeit mit der NATO will die EU verstärken.
"Die Zahl der Vorfälle, die sich in den letzten Monaten in unserer kritischen Unterwasserinfrastruktur ereignet haben, gibt Anlass zu großer Sorge", sagte die zuständige EU-Kommissarin Henna Virkkunen bei einem Besuch in Helsinki. Diese Vorfälle würden lebenswichtige Dienste wie die Stromübertragung stören.
"Wir wollen sicherstellen, dass Europa nicht nur in der Lage ist, Sabotageakte an Kabeln zu verhindern und zu erkennen, sondern auch aktiv Bedrohungen für kritische Infrastrukturen abzuschrecken, die für unsere Wirtschaft und kollektive Sicherheit von entscheidender Bedeutung sind, Schäden zu reparieren und darauf zu reagieren", so Virkkunen.
"Schattenflotte" unter Verdacht
In den vergangenen Monaten sind immer wieder Beschädigungen an Kommunikationskabeln und Stromleitungen in der Ostsee aufgetreten. In mehreren Fällen wurde wegen möglicher Sabotage ermittelt, ohne dass die konkrete Ursache der Kabelbrüche klar wurde. Es steht jedoch der Verdacht im Raum, dass vorbeifahrende Schiffe sie - vorsätzlich oder unabsichtlich - mit ihren Ankern beschädigt haben.
Verdächtige Schiffe wurden im Zuge der Ermittlungen immer wieder tagelang festgehalten, dann aber wieder freigegeben. Russland steht dabei besonders im Fokus und unter Verdacht, an zumindest einzelnen der Vorfälle mit seiner sogenannten "Schattenflotte" beteiligt gewesen zu sein. Damit sind Tanker und andere Frachtschiffe mit undurchsichtigen Eigentümerstrukturen gemeint, die von russischen Stellen genutzt werden, um Sanktionen infolge seines Angriffskriegs gegen die Ukraine etwa beim Öltransport zu umgehen.
Gegen Dutzende dieser Schiffe hat die EU Sanktionen erlassen. Der tatsächliche Umfang der "Schattenflotte" dürfte weitaus größer sein.
AR/wa (rtr, dpa, afp)
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