Schröder sieht Bulgarien mittelfristig in der EU und in der NATO
6. November 2002Köln, 6.11.2002, DW-radio / Bernd Gräßler
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat am Dienstag (5.11.) in Berlin den bulgarischen Präsidenten Georgi Parwanow empfangen. Dieser hält sich zu einem viertägigen Staatsbesuch in Deutschland auf.
In der Warteschlange der Kandidaten für die Europäische Union stehen die Bulgaren zu ihrem Leidwesen ziemlich weit hinten. Nach dem Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder zeigte sich der bulgarische Präsident Georgi Parwanow jedoch ermutigt. Schröder hatte ihm Hoffnung gemacht auf ein Signal zum EU-Beitritt des Landes im Jahr 2007:
"Bulgarien hat ja den Wunsch, 2007 beitreten zu können und zu wollen. Und wir wollen alles dazu tun, dass dieser Wunsch auch in Erfüllung gehen kann. Dazu wird es in Kopenhagen das geben, was man neudeutsch eine 'roadmap' nennt, also einen genauen Plan hin zu diesem Zeitpunkt. Und natürlich wird es auch Hilfen geben müssen, auch materielle Hilfen, um den Zeitpunkt erreichen zu können."
Bulgarien erhält von Brüssel jährlich Zuschüsse in Höhe von 300 Millionen Euro zur Vorbereitung des Beitritts in die Europäische Union.
Zügig dürfte es für Bulgarien mit der Mitgliedschaft in der NATO gehen. Schon beim Gipfeltreffen in Prag in diesem Monat rechnet man mit einer Einladung zum Beitritt. Er habe in seinen Gesprächen mehrmals unterstrichen, dass Bulgarien ein Faktor für Sicherheit in Osteuropa sei, sagte Präsident Parwanow. Bulgariens Aufnahme in die Allianz werde diese als Ganzes stärken.
Der 45-jährige Georgi Parwanow gehört den aus der kommunistischen Partei hervorgegangenen bulgarischen Sozialisten an und ist seit Januar Präsident. Nach seiner Wahl hat er unter anderem zur Ökonomisierung der Außenpolitik aufgerufen. Bei seinem Besuch in Deutschland wird er von zahlreichen Geschäftsleuten begleitet. Deutschland ist der zweitwichtigste Handelspartner und leistet auch Hilfe bei den Wirtschaftsreformen und in der öffentlichen Verwaltung des Transformationslandes.
Der bulgarische Präsident warb um Investitionen in die Infrastruktur, darunter für wichtige europäische Verkehrskorridore wie die Autobahn zwischen Nis und Sofia und die Eisenbahnlinie Sofia-Skopje. Schröder sagte in diesem Zusammenhang:
"Wir haben gemeinsam festgestellt, dass die Realisierung dieses Wunsches natürlich auch die eine oder andere Anstrengung in Bulgarien selber erfordert, was die Sicherheit und die rechtlichen Rahmenbedingungen für Investitionen angeht."
Zu den Stilllegungsfristen für das veraltete bulgarische Atomkraftwerk Kosloduj, die zwischen Brüssel und Sofia ungeklärt sind, äußerten sich Schröder und Parwanow nicht. Bulgarien möchte aus wirtschaftlichen Gründen zwei Blöcke des Atommeilers länger in Betrieb halten als ursprünglich mit der EU verabredet. (fp)