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Karl Schlögel erhält Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Sabine Kieselbach mit dpa
29. Juli 2025

Der Historiker und Essayist gilt als einer der profiliertesten Kenner Osteuropas und als scharfer Kritiker von Putins aggressiver Expansionspolitik.

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Historiker Karl Schlögel in hellem Jackett mit Brille
Erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2025: Karl SchlögelBild: Peter-Andreas Hassiepen

In seinem Werk, schreibt die Jury in der Begründung für ihre Entscheidung, verbinde Karl Schlögel empirische Geschichtsschreibung mit persönlichen Erfahrungen. Als einer der Ersten habe er zudem vor dem autoritär-nationalistischen Machtanspruch des russischenPräsidenten Wladimir Putin gewarnt: "Seine Mahnung an uns: Ohne eine freie Ukraine kann es keinen Frieden in Europa geben." 

Osteuropa-Kenner Schlögel

Karl Schlögel wird 1948 im bayerischen Allgäu geboren. Sein Interesse an Osteuropa entwickelt er schon als Schuljunge. Bereits in den 1960er-Jahren bereist er die Sowjetunion. 1969 beginnt er in Berlin sein Studium der osteuropäischen Geschichte, Philosophie, Soziologie und Slawistik, 1981 promoviert er an der Freien Universität mit einer Dissertation über Arbeiterkonflikte in der Sowjetunion. Von 1990 bis 1994 ist Schlögel Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Konstanz, von 1994 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2013 an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Und immer wieder reist er in die Sowjetunion, später nach Russland. Auch jenseits der Wissenschaft als öffentlicher Intellektueller. 

Mit Werken wie "Moskau lesen", veröffentlicht 1984 und 2011 als erweiterte Fassung neu erschienen, profiliert sich Schlögel als Historiker mit persönlicher Perspektive. Für sein Buch "Terror und Traum. Moskau 1937“ (2008), in dem er die Gleichzeitigkeit von Utopie und Gewalt in der Stalinzeit thematisiert, erhält er 2009 den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.

Selbstkritik nach dem russischen Überfall auf die Ukraine

Und dann - mit der Annexion der Krim 2014 - zwingt sich der da bereits emeritierte Historiker, sich noch einmal intensiv mit der Geschichte und Identität der Ukraine auseinanderzusetzen. Und er übt Selbstkritik: Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 habe er sein Russlandbild revidieren und als Wissenschaftler noch einmal ganz von vorne beginnen müssen - als scharfer Kritiker Putins und als Stimme für eine freie Ukraine. "Man traut es sich kaum auszusprechen: Es bedurfte eines Krieges, um die Ukraine auf unsere mentale Landkarte zu bringen, aus dem Abseits ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken", sagt er 2024 in seiner Dankesrede zum Gerda-Henkel-Preis.

Über die Auszeichnung mit dem Friedenspreis zeigt sich Karl Schlögel erfreut. Und er appelliert an den Westen, die Ukraine weiter zu unterstützen. Verteidigung sei das beste Mittel, sich gegen die Aggression und Ausweitung eines Krieges zur Wehr zu setzen. sagte Schlögel der Deutschen Presse-Agentur (dpa) anlässlich der Bekanntgabe. "Deswegen ist die Unterstützung der Ukraine áuch der beste Weg, um den Frieden in Europa zu sichern",

Friedenspreis mit 25.000 Euro dotiert

Der Börsenverein vergibt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels alljährlich an eine "Persönlichkeit, die in hervorragendem Maße vornehmlich durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen hat". 

Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert und wird zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse am 19. Oktober in der Paulskirche verliehen.  2024 erhielt ihn die amerikanisch-polnische Journalistin und Historikerin Anne Applebaum, im Jahr davor der britisch-indische Schriftsteller Salman Rushdie.