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"Pilion verdient mehr Gäste"

Iveta Ondruskova13. August 2015

Schon seit Jahren macht Rainer Scheppelmann aus Hamburg Urlaub in Griechenland. Weil es den Menschen dort zunehmend schlecht geht, hat er beschlossen, seinem Ferienort zu helfen - direkt vor Ort, aber auch im Internet.

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Rainer Scheppelmann bei einer Wanderung mit seinen griechischen Freunden Foto: Rainer Scheppelmann
Rainer Scheppelmann (sitzend in Bildmitte) unter Inselbewohnern von PilionBild: Rainer Scheppelmann

Herr Scheppelmann, Sie haben eine Webseite für die griechische Halbinsel Pilion erstellt. Kann das wirklich helfen?

Rainer Scheppelmann: Das große Problem ist, dass der griechische Tourismus ausgeblieben ist. Der hat dort früher 90 Prozent der Gäste ausgemacht. Jetzt macht er vielleicht zehn Prozent aus. Der ausländische Tourismus ist zwar gewachsen, kann aber die ausbleibenden griechischen Reisenden noch nicht voll ersetzen. Selbst jetzt im Hochsommer, im Juli und August, ist es auf Pilion leer. An einer Taverne oder an einem kleinen Hotel hängt finanziell aber eine ganze Familie dran, mehrere Menschen, die den ganzen Tag arbeiten. Es tut einfach weh, wenn man abends in der Taverne sitzt und mit acht oder neun Leuten der einzige Gast ist - dann sagt man, die haben mehr verdient. Durch meine Webseite kommen hierher nachweislich inzwischen jedes Jahr etwa 80, 90 zusätzliche Touristen.

Aufgrund der von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble geforderten strikten Sparpolitik in Athen ist Deutschland in Griechenland nicht gerade beliebt. Werden Sie dort als Deutscher nicht beschimpft?

Nein, überhaupt nicht. Die Griechen sind ziemlich schlau und können sehr gut zwischen Politik und Menschen unterscheiden. Zweitens: die Deutschen sind dort fast die einzigen Touristen neben ein paar Engländern und ein paar Israelis, die da kommen. Man wird einfach überall herzlich aufgenommen. Das Wort Gastfreundschaft, glaube ich, ist in Griechenland erfunden worden.

Können die Einheimischen nicht selbst für ihre schöne Halbinsel, die auf dem halben Weg zwischen Athen und Thessaloniki liegt, werben?

Die Pilioner haben keinen Hotelverband. Jedes Hotel hier hat eine eigene Homepage. Die wird in Deutschland aber natürlich nicht gefunden. Es ist hier genauso wie bei uns vor 40 oder 50 Jahren: Jeder wirbt nur für sich selbst und denkt nicht daran, dass man die Gegend insgesamt bewerben müsste.

Griechenland Pilion Halbinsel
Geheimtipp: die griechische Halbinsel PilionBild: picture-alliance/akg-images/Rainer Hackenberg

Deswegen habe ich meine Webseite gemacht (www.damouchari.info), die zu den Angeboten der hiesigen Hotels führt. Das Bewusstsein, etwas gemeinsam machen zu sollen und nicht in Konkurrenz zu anderen - das muss hier erst noch wachsen.

Was haben Sie für ihren beliebten Ferienort außer der Webseite noch gemacht?

Allein der Wanderführer, den ich geschrieben und auch online gestellt habe, der ist seit Anfang Juni bis heute, also etwas über zwei Monate 1240 mal downgeloadet worden. Das sind ja alles potentielle Gäste. Die Menschen laden sich doch so etwas aus dem Netz, weil sie dahin fahren wollen. Das wird sicherlich dazu führen, dass jetzt im September weitere Gäste in die Region reisen werden.

Was macht die Halbinsel besonders?

Sie ist ungewöhnlich grün. Stellen Sie sich ein deutsches Mittelgebirge etwa 1500 Meter hoch vor, aber eben an die Ägais verlagert. Unten gibt es kleine Badebuchten mit Stränden bis zu zwei Kilometern Länge. Und da unten, fast direkt an der Küste, beginnt gleich der Mittelmeerwald mit Eichen, Kastanien und Buchen. Das ist das Besondere, die Berge und Wälder. So etwas gibt es vielleicht noch an der italienischen Riviera, aber bestimmt nicht so grün. Hier wurde 2008 auch die Filmversion von "Mamma Mia" gedreht. Dabei spielt das ABBA-Musical gar nicht hier, sondern auf einer fiktiven Insel. Man brauchte aber für die Dreharbeiten so einen idyllischen Ort.

Haben Sie noch weitere Ideen, wie man den Tourismus auf Pilion ankurbeln könnte?

Bis 1930 gab es in der bergigen Region keine richtigen Straßen, sondern nur Eselswege. Diese Eselspfade könnte man zum Beispiel als Weltkulturerbe anmelden. Oder man könnte sogar Kräutertourismus machen. Pilion ist ein Kräuterparadies. Und es gibt ihn inzwischen schon, den Kräutertourismus. Aber das kann so ein Auswärtiger wie ich, der da zwei mal im Jahr Urlaub macht, gar nicht bewerkstelligen. Übrigens, es gäbe Geld von der Europäischen Union, wenn man ein vernünftiges Konzept vorlegt.

Rainer Scheppelmann, Jahrgang 1948, war bis 2013 als Leitender Beamte in mehreren Hamburger Behörden tätig.

Das Gespräch führte Iveta Ondruskova.