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Russland: Trump erwägt Sekundärsanktionen - eine gute Idee?

14. August 2025

Können Sanktionen gegen Sanktionsbrecher Russlands Aggression in der Ukraine bremsen oder wenigstens die russische Wirtschaft schwächen? Manche glauben an eine Abschreckung, andere warnen, sie seien nicht durchsetzbar.

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Russland Wladiwostok 2024 | Öltanker Yarobor in der Nähe eines Leuchtturms auf der Insel Skryplev
Ein russische Öltanker am Bosporus: Wer weiß, was er für wen von wo nach wo transportiert? Bild: Yuri Smityuk/TASS/dpa/picture alliance

Bevor man über Sekundärsanktionen sprechen kann, muss man erst einmal Primärsanktionen angewendet haben - wie im Fall des russischen Überfalls auf die Ukraine: Nachdem Moskau im Februar 2022 den Krieg gegen die Ukraine begonnen hatte, wurde der Aggressor mit Wirtschaftssanktionen der USA, Großbritanniens, der Europäischen Union und anderer Länder belegt. Diese Sanktionen schränkten inländische Unternehmen und Einzelpersonen in ihrem Handels- und Geschäftsverkehr mit Russland ein.

Die Sanktionen waren ein Versuch, Russland zu einem Kurswechsel zu bewegen, ohne auf direkte militärische Gewalt zurückzugreifen. Seitdem wurden sie ausgeweitet: Russlands Auslandsvermögen wurden eingefroren und die Mehrheit der russischen Banken vom globalen Bankensystem abgeschnitten.

Russland-Vermögen beschlagnahmen?

Um seine Wirtschaft am Laufen zu halten, hat Russland seinen Handel auf andere Länder wie China, Indien, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate umgeleitet. Um sein Öl weltweit zu transportieren, greift das Land auf eine sogenannte Schattenflotte von Tankern zurück.

Was sind Sekundärsanktionen?

Um dieses wirtschaftliche Katz-und-Maus-Spiel zu beenden und Russland an den Verhandlungstisch zu zwingen, arbeitet der US-Senat an der Verabschiedung eines parteiübergreifenden Gesetzes, das Ländern, die weiterhin Geschäfte mit Russland machen, "sekundäre Sanktionen" androht.

Primäre Sanktionen richten sich gegen ausländische Länder oder Unternehmen. Sie schränken jedoch auch Bürger und Unternehmen des sanktionierenden Landes selbst ein, indem sie deren Zusammenarbeit mit den sanktionierten Parteien der "Gegenseite" einschränken oder verbieten.

Sekundäre Sanktionen gehen aber noch einen Schritt weiter und erstrecken sich auf Drittländer, Unternehmen oder Einzelpersonen, die Geschäfte mit sanktionierten Parteien tätigen. Obwohl diese Drittunternehmen nicht direkt an die Gesetze des sanktionierenden Landes gebunden sind, werden sie zur Einhaltung gedrängt: Man droht ihnen mit Konsequenzen, sollten sie mit dem sanktionierten Land Geschäfte machen.

"Sekundäre Sanktionen zielen nicht darauf ab, ausländische Tochtergesellschaften zur Befolgung der Richtlinien eines sanktionierenden Landes zu zwingen", so John F. Forrer in einem Papier des Atlantic Council, einer Denkfabrik mit Sitz in Washington.

Stattdessen würde das sanktionierende Land (also die USA) "seine eigenen Firmen oder Bürger darin einschränken, Handelsbeziehungen mit bestimmten Firmen oder Personen zu unterhalten." Der US-Gesetzentwurf würde Zölle von 500 Prozent auf Waren aus Ländern ermöglichen, die russisches Öl, Uran, Erdgas und Erdöl oder petrochemische Produkte kaufen oder verkaufen.

Waffe in der Hand des Stärkeren

Die Vereinigten Staaten sind der größte Befürworter von Sekundärsanktionen. Ihre Macht rührt von der Bedeutung des US-Dollars auf globaler Ebene und von der Angst anderer Länder her, den Zugang zum US-Markt oder seinem Finanzsystem zu verlieren.

Dass ein erheblicher Teil des grenzüberschreitenden Handels in Dollar abgewickelt wird oder über das US-Bankensystem läuft, verschafft dem Land großen Einfluss. Für viele Länder ist die Aufrechterhaltung dieses Zugangs wichtiger als ihre Geschäfte mit sanktionierten Regimen.

Viel Öl aus Russland - Sind die Sanktionen wirkungslos?

"Sekundärsanktionen können zwar als Teil des Gesamtpakets funktionieren, aber Absicht, Zeitpunkt und Glaubwürdigkeit der Drohung sind entscheidend", sagte Lena Surzhko Harned. Die Politologin ist stellvertretende Direktorin der Public Policy Initiative an der Penn State Behrend in den USA.

Sie seien ein wichtiges Instrument mit symbolischer Kraft, sagte Harned zur DW. "Wie alle Drohungen verliert es jedoch seine Macht, wenn es nicht als glaubwürdig wahrgenommen wird oder andere Schlupflöcher gefunden werden."

Gegen wen wurden sie bereits eingesetzt?

Die Obama-Regierung setzte Sekundärsanktionen gegen Banken und andere Unternehmen ein, die im Iran Geschäfte machen, und konnte das Land so zu Verhandlungen über die Begrenzung seines Atomprogramms bewegen. In jüngerer Zeit haben die USA Sekundärsanktionen gegen chinesische Unternehmen verhängt, die mit Nordkorea Handel treiben oder Finanztransaktionen abwickeln.

Lastwagen passieren in beiden Richtungen die Grenzen zwischen Russland, China und Nordkorea in der Nähe der Stadt Hunchun.
Sekundärsanktionen können eigentlich jeden treffen: Grenzverkehr am Dreiländereck von Russland, China und Nordkorea in der Nähe der Stadt HunchunBild: Yan Linyun/Xinhua/picture alliance

Die USA erließen Sekundärsanktionen gegen Unternehmen, die mit Venezuela Geschäfte machen, insbesondere im Öl- und Finanzsektor. So sollte das Regime von Nicolás Maduro isoliert werden. Im vergangenen April verhängte Präsident Donald Trump Sekundärzölle gegen Länder, die venezolanisches Öl importieren.

Ein zweischneidiges Schwert

Nicht jedes Land fürchtet Sekundärsanktionen und manche finden kreative Schlupflöcher, um ihr Geschäftsgebaren zu verschleiern. Sie setzen auf alternative Währungen wie den chinesischen Yuan oder auf Kryptowährungen. Unternehmen oder Länder, die Sanktionen unterliegen, können Tauschhandel betreiben oder Zwischenhändler oder Briefkastenfirmen einsetzen, um Geschäfte abzuschließen.

Sekundärsanktionen sind schwer durchzusetzen und bergen das Risiko von Vergeltungsmaßnahmen. Und sie können betroffene Länder einander auch näherbringen - und damit weiter vom US-Einfluss entfernen.

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Viele Experten hielten Sekundärsanktionen für kein wirksames Instrument, so John F. Forrer, der außerordentlicher Professor an der School of Business der George Washington University ist. Sie seien der Ansicht, dass sie das Risiko mit sich brächten, "neue Konflikte mit Verbündeten und Gegnern zu provozieren, die gegen Beschränkungen und wirtschaftliche Härten für ihre eigene Industrie und Bevölkerung Einspruch erheben", argumentierte Forrer.

"Nur unter ganz bestimmten Umständen"

Letztendlich ist es schwierig zu sagen, was genau ein Land zu einem Kurswechsel bewegt, wenn so viele Variablen zu berücksichtigen sind. "Sekundärsanktionen sollten bei der Ausgestaltung von Wirtschaftssanktionen als Option in Betracht gezogen werden, aber nur unter ganz bestimmten Umständen", schloss Forrer. "Wie bei jeder Wirtschaftssanktion können sie, falsch eingesetzt, mehr Schaden als Nutzen anrichten."

"Sekundärsanktionen gegen Dritte nicht einzusetzen, ist eine Verschwendung eines potenziell nützlichen Instruments", fasst Lena Surzhko Harned zusammen. Sie warnt jedoch davor, sie für "ein Allheilmittel" zu halten.

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Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.

Timothy Rooks, Deutsche Welle
Timothy Rooks ist Reporter und Redakteur in Berlin.