Russland greift erneut Selenskyjs Geburtsort an
5. April 2025Bei einem russischen Raketenangriff auf die Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sind nach Angaben aus der Ukraine 18 Menschen getötet worden. Unter den Toten in Krywyj Rih seien neun Kinder, so der örtliche Gouverneur, Serhij Lysak. 61 Menschen seien bei dem Angriff verletzt worden, darunter zwölf Kinder, teilte Lysak nach Ende des Rettungseinsatzes in der Nacht zum Samstag mit.
Das Verteidigungsministerium in Moskau vermeldet, Russland habe ein Restaurant in der Stadt angegriffen. Dort wären "Kommandeure von Formationen und westliche Ausbilder" zusammengekommen.
Von ukrainischer Seite hieß es am Samstagmorgen, Russland verbreite falsche Informationen über den Raketenangriff auf Krywyj Rih. "Die Rakete hat ein Wohngebiet mit einem Spielplatz getroffen", teilte der Generalstab des Militärs der Ukraine mit.
Bei einer weiteren russischen Attacke auf Krywyj Rih wurde nach Angaben von Gouverneur Lysak eine 56-jährige Frau getötet. Sieben weitere Menschen seien verletzt. Russland soll demnach bei diesem Angriff Drohnen eingesetzt haben.
Krywyj Rih regelmäßig Angriffsziel
Die Großstadt im Zentrum der Ukraine wird seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine regelmäßig von der russischen Armee beschossen. Krywyj Rih liegt etwa 60 Kilometer nordwestlich der Frontlinie und zählte vor dem Krieg mehr als 600.000 Einwohner.
Nach Ansicht des ukrainischen Präsidenten sind die tödlichen Angriffe in seiner Heimatstadt ein erneuter Beweis dafür, dass Russland "keine Waffenruhe will". Außer die Metropolen Krywyj Rih und Charkiw habe Russland auch ein Kraftwerk in Cherson attackiert - trotz einer Abmachung zum Schutz von Energieanlagen, sagte Selenskyj in einer Videoansprache. "Alle russischen Versprechen enden mit Raketen und Drohnen, Bomben oder Artillerie", fügte er hinzu.
Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte sich in den vergangenen Wochen für eine baldige Waffenruhe in dem seit mehr als drei Jahren andauernden Krieg eingesetzt. Russland lehnte eine von den USA und der Ukraine vorgeschlagene Feuerpause ohne Vorbedingungen allerdings ab. Beide Kriegsparteien sagten aber zu, Einrichtungen der Energie-Infrastruktur nicht mehr anzugreifen.
Landesweit hat die Luftabwehr der Ukraine nach eigenen Angaben in der Nacht 51 von 92 russischen Drohnen abgeschossen. Wie das Militär zudem mitteilt, gingen weitere 31 Drohnen verloren. Damit bezeichnet die Armee jene Flugkörper, die mithilfe elektronischer Kriegsführung umgelenkt oder gestört werden. Schäden durch die neuerlichen Angriffe aus Russland habe es in den Regionen Kyjiw, Schytomyr, Sumy und Dnipropetrowsk gegeben.
Ukrainische Angriffe auf Russland
Auch die Ukraine greift offenbar weiter Ziele in Russland an. Mit Drohnen sei in der westrussischen Republik Mordwinien eine Industrieanlage getroffen worden, heißt es von den dortigen Behörden. Es habe keine Opfer gegeben, Einsatzkräfte seien vor Ort, teilte Republikoberhaupt Artjom Sdunow mit. Er machte keine Angaben zur Art der Anlage.
Auf dem Telegram-Kanal Basa, der den russischen Sicherheitsbehörden nahesteht, heißt es, das Ziel sei eine Glasfaser-Fabrik in Saransk gewesen. Die Stadt liegt rund 820 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.
Das russische Verteidigungsministerium teilte an diesem Samstag mit, dass die Ukraine am Vortag trotz des von den USA vermittelten Moratoriums 14 Mal die russische Energieinfrastruktur angegriffen habe. Das meldet die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS.
TASS zitiert das Ministerium mit den Worten, die Angriffe hätten Schäden in den russischen Regionen Brjansk, Belgorod, Smolensk, Lipezk und Woronesch sowie in den ukrainischen Regionen Luhansk und Cherson verursacht, von denen Russland Teile kontrolliert. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Gespräche mit Vertretern Frankreichs und Großbritanniens
In Kyjiw haben sich die Armeechefs von Frankreich und Großbritannien mit Präsident Selenskyj getroffen. Dabei ging es um Möglichkeiten einer Friedenssicherung nach einem Ende des Ukraine-Kriegs. Der französische Generalstabschef Thierry Burkhard teilte jetzt mit, es sei über einen möglichen Einsatz internationaler "Rückversicherungstruppen" gesprochen worden.
"Gemeinsam wollen wir einen dauerhaften und soliden Frieden in der Ukraine gewährleisten, eine wesentliche Voraussetzung für die Sicherheit des europäischen Kontinents", so Burkhard. Der französische Generalstabschef und sein britischer Kollege Tony Radakin hatten am Freitag Gespräche mit Selenskyj, dem ukrainischen Armeechef Oleksandr Syrskyj sowie Verteidigungsminister Rustem Umerow geführt.
Selenskyj sprach im Anschluss von einem "entscheidenden" Treffen. "Wir sprechen über die Präsenz am Boden, in der Luft und auf See. Wir sprechen auch über die Luftverteidigung. Und über einige andere sensible Dinge", so der ukrainische Präsident am Freitagabend, ohne Einzelheiten zu nennen. Frankreich und Großbritannien führen derzeit eine europäische Initiative an, die im Fall einer Waffenruhe in der Ukraine dort einen Einsatz internationaler Friedenstruppen plant.
AR/wa (afp, rtr, dpa)
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