Politische Formation des bulgarischen Premiers noch immer keine Partei
29. Januar 2002Sofia, 29.1.2002, 1008 GMT, RADIO BULGARIEN, deutsch
Bekanntlich fand die langerwartete Gründungsversammlung der Partei Nationale Bewegung Simeon II. am vergangenen Samstag (26.1.) zur Überraschung aller nicht statt. Der zweite Anlauf soll in drei Monaten stattfinden. Dies verkündete der Vorsitzende der NBS persönlich, Premierminister Simeon von Sachsen, Coburg und Gotha. Am 6. April, ein Jahr nach dem schicksalsträchtigen Tag, als der ehemalige König vor aller Öffentlichkeit bekannt gab, dass er die bulgarische politische Bühne betreten will, soll nun die Nationale Bewegung in eine Partei umgewandelt werden. In seiner Ansprache an die Möchtegern-Parteifunktionäre betonte Simeon von Sachsen, Coburg und Gotha, die Politik der Bewegung bedürfe einer Neubewertung. Dazu müsse auch der Statutentwurf bearbeitet werden, um die Wahl des künftigen Vorstandes anschaulicher zu machen und jedem bulgarischen Staatsbürger die Möglichkeit zu geben, Mitglied der neuen Partei zu sein. Außerdem sei er nicht bereit, Ehrenvorsitzender oder gar Parteivorsitzender zu werden. "Wir haben die NBS nicht deshalb ins Leben gerufen, um eine neue politische Elite zu schaffen, sondern um das Leben unserer Landsleute zu verbessern", betont der Ministerpräsident. (...)
Von dieser scharfen Kritik des Ministerpräsidenten wird klar, dass er sich über das sinkende Vertrauen in die NBS und die Regierung innerhalb von nur sechs Monaten wohl bewusst ist. Viele Beobachter werteten die Verschiebung der Gründungsversammlung als gut überdachte Taktik des Königs, um sein eigenes und das Ansehen seines Kabinetts aufzupolieren. Nach diesen kritischen Äußerungen wird er ganz bestimmt in die Gunst der Wähler kommen. (...)
"Die Abgeordneten des Zaren fordern massenweise Rücktritte", lautet eine Überschrift in der Zeitung "Standard." Ein richtiger Krieg ist in der Fraktion der Nationalen Bewegung Simeon II. bei der gemeinsamen Sitzung mit dem Kabinett ausgebrochen, schreibt das Blatt.
"Der Staatspräsident Georgi Parwanow wird Umbesetzungen im Kabinett unterstützen", lautet die Überschrift auf der Titelseite der Zeitung der oppositionellen Bulgarischen Sozialistischen Partei "Duma." Die Leute des Zaren wollen den Fraktionsvorsitzenden Plamen Panajotow heute (29.1.) stürzen, schreibt mit einem Fragezeichen dahinter das Blatt weiter.
"Der Parlamentspräsident Ognjan Gertschikow von der Nationalen Bewegung Simeon II. überlegte in dieser Nacht, ob er den Rücktritt von Ministern fordern soll", lautet eine Überschrift in der Zeitung "Trud." Unter der Überschrift die "Abgeordneten des Zaren haben die Menschen vergessen", bringt die Zeitung eine Analyse auf zwei Seiten. Das Interview mit der prominenten Abgeordneten von der Nationalen Bewegung, Tiliana Grosdanowa, hat die Überschrift "Der Zank in der Bewegung wird nicht aufhören." Aber der Regierungschef selbst, der diese Rücktrittsforderungen und scharfe Auseinandersetzungen in der Regierungsmehrheit durch seine Kritik an dem misslungenen Konstituierungsparteitag ausgelöst hat, pfeift seine Anhänger nun zurück. (...) (fp)