Pilgerfest Kumbh Mela: Religion und die Diskussion um Umwelt
21. Februar 2025Maha Kumbh Mela, das große Fest der dem Hinduismus angehörigen Inder im nördlichen Bundesstaat Uttar Pradesh, ist das, was man als eine Mega-Veranstaltung bezeichnen kann: Ein knappes Drittel der über 1,4 Milliarden Inder sucht die sechswöchige, dieses Jahr von einer Massenpanik überschattete Veranstaltung an den Ufern der Flüsse Ganges und Yamuna auf.
Dieses Jahr übertraf die Zahl der Besucher des alle zwölf Jahre stattfindenden Festes sämtliche Erwartungen, erklärte dieser Tage die Landesregierung. "Bereits jetzt sind zum größten religiösen Fest der Welt über 520 Millionen Menschen gekommen. Das macht im Durchschnitt über zehn Millionen pro Tag", sagte dieser Tage Manoj Kumar Singh, der Ministerpräsident von Uttar Pradesh. Das Fest Maha Kumbh Mela endet in diesem Jahr am 26. Februar.
Allerdings bringt ein Ereignis dieser Größenordnung ernsthafte Umweltprobleme mit sich. Der Zustrom von Millionen Pilgern belastet die lokalen Wasserressourcen und Ökosysteme und erzeugt Unmengen an Müll, darunter auch biologisch nicht abbaubaren.
Belastung der Flüsse
So meldete Indiens zentrale Behörde zur Kontrolle der Umweltverschmutzung (Central Pollution Control Board) Anfang des Monats hohe Konzentrationen von coliformer Bakterien am Zusammenfluss von Ganges und Yamuna bei Prayagraj. Dies deutet auf eine fäkale Verunreinigung hin.
"Wir müssen die Natur schützen, denn sonst könnte es sein, dass es den Ganges und den Yamuna beim nächsten Maha Kumbh Mela nicht mehr gibt", sagt Swami Mukundananda, ein spiritueller Führer des Jagadguru Kripalu Yog Trust, der sich für gesellschaftliche Entwicklung einsetzt, im Gespräch mit der DW. "Deshalb versuchen wir die Menschen dazu zu bewegen, sich mit Fragen von Abfall, Hygiene, Umwelt und Hygienemanagement auseinanderzusetzen."
Religiöse Autoritäten werben für Klimaschutz
Erstmals kamen bei der Maha Kumbh Mela spirituelle und religiöse Autoritäten sowie in Indien als heilig verehrte Personen zusammen, um zu erörtern, wie auch religiöse Institutionen dabei helfen können, Klimakrise und Umweltprobleme anzugehen.
Religiöse Organisationen versuchten, nachhaltige, von ihren Grundwerten und Verantwortungsbewusstsein getragene Praktiken zum Schutz der Umwelt zu fördern, sagte Ministerpräsident Chief Secretary Singh.
Dabei erhalten sie durchaus Unterstützung. So wurde 2017 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) die Initiative Faith for Earth ins Leben gerufen. Sie bindet religiöse Organisationen ein, die dazu beitragen sollen, die 2016 von den UN formulierten Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) zu erreichen, die sich die Vereinten Nationen im Rahmen des übergeordneten Aktionsplans Agenda 2030 gesetzt haben.
Ein Vorbild für einen religiös motivierten Umweltschutz ist etwa das Engagement der orthodoxen Tewahedo-Kirche in Äthiopien. Sie half über Jahrhunderte dabei, Wälder zu erhalten und die Artenvielfalt zu schützen.
"Mit Hilfe religiöser Führer versuchen wir, die Menschen wieder mit der Natur zu verbinden", sagte Singh. "Wir stehen aber erst am Anfang. Es muss noch viel mehr getan werden."
Spirituelle Autoritäten könnten Hingabe und Verantwortung gegenüber der Natur fördern, sagt etwa Chidanand Saraswati, Präsident des Parmarth Niketan Ashram, einer religiösen Stätte in der nordindischen Stadt Rishikesh. Dies geschehe, indem sie alte Weisheiten mit moderner Nachhaltigkeit verbinden. "Wenn religiöse Autoritäten, Gesellschaft und Regierung zusammenarbeiten, können wir eine Lösung finden", so Saraswati zur DW.
Klimakrise verschärft sich
Der Klimawandel führt in Indien bereits jetzt zu extremen Wetterereignissen, so etwa Hitzewellen, Überschwemmungen und anderen Katastrophen.
Ereignisse dieser Art bedrohten die Nahrungsmittel-, Wasser- und Energiesicherheit, sagt Roxy Mathew Koll, Klimaforscher am Indian Institute of Tropical Meteorology in der Stadt Pune. "Die gesamte Region - und nicht bloß Indien allein - registriert zunehmend Hitzewellen, Überschwemmungen, Erdrutsche, Dürren und Wirbelstürme", so Koll im Gespräch mit der DW.
Allerdings seien sich Wissenschaft und Politik bewusst, dass ihre Möglichkeiten ein allgemeines Umweltbewusstsein zu schaffen, begrenzt sind, sagt Chandra Bhushan, Präsident und CEO des International Forum for Environment, Sustainability and Technology (iFOREST). "Um die Menschen zu erreichen, genügt es nicht, wissenschaftliche Informationen bereitzustellen. Denn sie verstehen den Klimawandel und seine Auswirkungen erst in dem Moment, in dem sie ihn mit ihrem Leben in Verbindung bringen. Genau das können Wissenschaft und Regierungsprogramme aber nicht leisten."
Religiöse Autoritäten hingegen könnten helfen, die Lücke zu schließen. Sie würden sich auf spiritueller und ethischer Ebene an ihre jeweiligen Gemeinschaften wenden, um auf diese Weise nachhaltige Praktiken zu fördern und sich für politische Veränderungen zu engagieren.
In seinem Bericht aus dem Jahr 2022 zeichnete der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaveränderungen der Vereinten Nationen (IPCC) mit Blick auf Indien ein düsteres Bild. Das Land könnte sich in den kommenden 20 Jahren gleich mit mehreren durch den Klimawandel verursachten Katastrophen gegenübersehen.
Konkrete Vorschläge
Um dem abzuhelfen, haben sich religiöse Führer verpflichtet, unter ihren Anhängern umweltfreundliche Praktiken zu fördern. Dazu gehören etwa die Einführung erneuerbarer Energien, Abfallbewirtschaftungsstrategien und verbesserte Klimabildungsprogramme innerhalb der Glaubensgemeinschaften.
"Wir haben uns bemüht, unsere Botschaften bekannt zu machen", sagt Shalini Mehrotra von der Nichtregierungsorganisation Shri Ram Chandra Mission gegenüber der DW. "Hoffen wir, dass diese Versammlung spiritueller und religiöser Führer das Engagement für nachhaltige Initiativen am Leben erhält."
Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.