Philippinen: Debatte um Teenagerschwangerschaften
7. Februar 2025Was tun gegen die hohe Rate von Schwangerschaften junger Mädchen? Dazu hat der Senat der Philippinen kürzlich einen Gesetzentwurf eingebracht. Politiker, die den Entwurf unterstützen, erklären, die "Einführung einer umfassenden Sexualaufklärung" (CSE) für Schulkinder werde dazu beitragen, die hohe Rate an Teenagerschwangerschaften in dem konservativen, überwiegend katholischen Land zu senken.
Kommt der Gesetzentwurf durch, würde er die Regierung dazu verpflichten, "altersgerechte" und obligatorische Sexualaufklärung zu fördern. Diese sei "medizinisch korrekt, kulturell sensibel, auf Rechten basierend sowie inklusiv und nicht diskriminierend."
Einwände gegen das Gesetz kommen aus religiösen Kreisen. Der Entwurf missachte die erzieherische Autonomie der Eltern, sagt etwa Maria Lourdes Sereno vom Projekt Dalisay, eine Initiative einer Vereinigung, der unter anderem evangelikale Kirchen auf den Philippinen angehören und die sich gegen den Gesetzentwurf ausspricht.
Ablehnende Haltung des Präsidenten
Auch der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. lehnt den Entwurf ab. Er würde sein Veto einlegen, wenn er in der aktuellen Form verabschiedet würde, erklärte er im Januar. Einige der darin enthaltenen Elemente seien "abscheulich".
Das veranlasste Senatorin Risa Hontiveros, die federführende Politikerin des Gesetzentwurfs, Verweise auf internationale CSE-Standards zu streichen. Diese garantieren das Informationsrecht von Minderjährigen auch ohne Zustimmung der Eltern. Stattdessen stärkt der neue Entwurf die Autorität der Eltern und betont deren auf dem Prinzip der Religionsfreiheit beruhenden Erziehungsrechte.
Angesichts der zähen Debatten und deren geringen Fortschritts unterstützt nun auch das Child Rights Network, ein Bündnis zur Förderung der Kinderrechte, den geänderten Gesetzentwurf. Damit will es Bedenken ausräumen und dazu beitragen, dass der Entwurf endlich verabschiedet wird. Es sei dringend geboten, sich mit dem Problem der Teenagerschwangerschaften zu befassen.
"Allein das Ausmaß früher ungewollter Schwangerschaften ist erschütternd", sagt Junice Melgar, Geschäftsführerin der mit der Förderung von Frauen- und Minderheitenrechten befassten NGO Likhaan, im DW-Interview.
Höchste Schwangerschaftsrate in Südostasien
Im Jahr 2019 berichtete der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA), die Philippinen verzeichneten eine der höchsten Schwangerschaftsraten bei Teenagern in ganz Südostasien: Täglich würden mehr als 500 Jugendliche ein Kind zur Welt bringen.
Bereits im Jahr 2021 hatte der frühere Präsident Rodrigo Duterte die Prävention von Teenagerschwangerschaften zu einer nationalen Priorität auf den Philippinen erklärt.
Eine gesetzlich verankerte Sexualaufklärung wird seit 2020 in ausgewählten Schulen eingeführt. In den häufig von der katholischen Kirche betriebenen Privatschulen ist sie allerdings nicht verpflichtend.
Geringes Wissen um Schwangerschaftsursachen
Kessa Duzon war 14, als sie ihr erstes Kind bekam. Sie war in der siebten Klasse und benutzte keine Verhütungsmittel. "Ich hatte zwar von Familienplanung gehört, kam aber nicht auf die Idee, das entsprechende Wissen zu nutzen", sagt sie der DW. "Ich wusste nicht, wie man schwanger wird. "
Regierungsangaben zufolge stieg die Zahl der unter 15 Jahre alten Frauen, die Kinder zur Welt brachten, im Jahr 2022 um 35 Prozent. Schätzungsweise 22.000 Mädchen im Teenageralter erlebten wiederholte Schwangerschaften.
Duzons fünf Freundinnen - die älteste von ihnen ist 19 Jahre alt - haben bereits jeweils ein Kind. Ihre Gespräche über Sex, Beziehungen und Geburtenkontrolle drehen sich hauptsächlich um Liebe und Romantik.
Nach der Geburt ihres ersten Babys versuchte Duzon, in ihrer örtlichen Gesundheitsklinik Zugang zur Empfängnisverhütung zu erhalten. Man sagte ihr, dies sei unnötig, da sie ein Kind stille und dies eine natürliche Form der Empfängnisverhütung sei. Einige Monate nach der Geburt ihres ersten Kindes wurde Duzon erneut schwanger.
Jetzt, mit 17, muss sich Duzon um zwei Babys im Alter von zwei und drei Jahren kümmern. Seit Kurzem geht sie wieder zur Schule und hofft, diese abzuschließen, um dann in einem Callcenter zu arbeiten. Ihr 19-jähriger Partner arbeitet in einem Fischereihafen und verdient etwa 6 Dollar (ca. 5,80 Euro) am Tag – jedenfalls an guten Tagen.
"Das Leben ist hart", sagt Duzon. "Ich wünschte, ich hätte mehr über Empfängnisverhütung gewusst, bevor ich Kinder bekam."
Kontinuierliche Aufklärungsprogramme
In der Klinik Roots of Health (ROH) in der im Südwesten des Landes gelegenen Provinz Palawan gibt es viele Fälle von wiederholten Teenagerschwangerschaften. Vielfach haben junge Frauen vor ihrem 20. Lebensjahr bereits zwei oder mehr Kinder zur Welt gebracht.
"Die meisten unserer Patientinnen sagen, sie wollten die Dienste unserer Klinik in Anspruch nehmen, um in der Schule bleiben oder sie erneut zu besuchen", sagt Amina Evangelista, Geschäftsführerin von ROH, im DW-Interview. "Junge Menschen versuchen, Verantwortung zu übernehmen."
Das versuchen auch die Eltern der Teenager. Oft würden junge Frauen von einem Elternteil, einem älteren Bruder oder einer älteren Schwester in die Klinik begleitet, sagt Evangelista. Den gesetzlichen Vorschriften entsprechend, bietet ROH Dienstleistungen für junge Menschen unter 18 Jahren nur mit Zustimmung der Eltern an.
In einer Anhörung im Senat wurde die Arbeit von ROH als Beispiel dafür genannt, wie sich Schwangerschaftsraten bei Teenagern senken lassen.
Seit über einem Jahrzehnt bietet ROH umfassende Sexualaufklärung in Palawan an und erreicht damit über 100.000 junge Menschen.
Darüber hinaus arbeitet ROH auch mit der lokalen Regierung zusammen, um das Angebot von Verhütungsmöglichkeiten und den Zugang zu ihnen zu verbessern. "Wir haben nicht nur internationale Standards zur Sexualaufklärung übernommen", sagt Evangelista. "Wir haben zudem speziell auf die Philippinen zugeschnittene Materialien erstellt", sagte Evangelista.
"Unsere Erfahrung in Palawan zeigt, dass umfassende Sexualaufklärung und der Zugang zu Dienstleistungen Leben retten, Betroffene stärken und dazu beitragen, Missbrauch zu verhindern", so Evangelista.
"Es geht darum, junge Menschen mit dem nötigen Wissen und den Fähigkeiten auszustatten, auf deren Grundlage sie dann fundierte Entscheidungen über ihren Körper treffen können."
Derzeit geht man davon aus, dass der philippinische Senat kurz nach den Zwischenwahlen im Mai eine Plenumsdebatte über den Gesetzentwurf zur Verhinderung von Schwangerschaften bei Jugendlichen anberaumen wird.
Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.