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Parteitag der FDP: Kampf um Wiedereinzug in den Bundestag

9. Februar 2025

Die FDP macht sich beim Parteitag in Potsdam Mut. Nach ihrer Regierungsbeteiligung könnte sie zum zweiten Mal in zwölf Jahren den Einzug ins Parlament verpassen.

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Deutschland | FDP Wolfgang Kubicki steht am Rednerpult
FDP-Vize Wolfgang Kubicki gab sich kämpferisch auf dem Parteitag in PotsdamBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Eine grelle Lichtshow, untermalt mit lauter Musik, lässt den Tagungssaal in Potsdam erzittern, dann kommt Wolfgang Kubicki. Der FDP-Politiker gehört zur älteren, konservativen Garde der Liberalen. Der Parteivize ist einer, der Klartext redet und seiner Partei zuruft: "Wir sind das Bollwerk gegen Schwarz-Grün!"

Kubicki wird bald 73 Jahre alt. Doch er will es noch mal wissen, kandidiert erneut für die FDP bei den Bundestagswahlen am 23. Februar, hofft auf ein Mandat. Doch für die Liberalen wird es wieder einmal eng.

Deutschland | FDP Wahlplakate: "Alles lässt sich ändern", "Bürokratie runter, Netto rauf"
Als erstes müsste die FDP die Zustimmung in der Bevölkerung ändern, um in den Bundestag zu gelangenBild: Volker Witting/DW

"Alles lässt sich ändern" haben die Liberalen in der ganzen Republik plakatieren lassen. Ändern wollen würden sie derzeit wohl vor allem die Umfrageergebnisse. Die FDP kommt nach jüngsten Umfragen lediglich auf vier Prozent; müsste aber für einen Wiedereinzug in den Bundestag mindestens fünf Prozent der Stimmen erhalten. Von den 11,5 Prozent, die sie bei der letzten Bundestagswahl erreichte, können die Liberalen heute nur träumen. Der Parteivorsitzende Christian Lindner will seiner Partei in Potsdam Mut machen.

Christian Lindner: Mutmacher oder Totengräber?

Und dann tritt er auf die Bühne: Christian Lindner ist das Gesicht der Partei. Er wurde Parteivorsitzender, nachdem die FDP zuletzt an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war. Das war 2013.

Von den Delegierten wird er mit frenetischem Beifall begrüßt. Mehrfach wird er während seiner fast einstündigen Rede von Applaus unterbrochen. Und dann sagt er dies: "Die entscheidenden Fragen sind doch: Wachstum oder Stagnation? Freiheit oder Staat? Lindner oder Habeck." Die Delegierten hält es nicht mehr auf den Stühlen. Sie winken mit ihren Plakaten, auf denen der Wahlspruch steht: "Alles lässt sich ändern."

Christian Lindner (FDP): Bundestag braucht liberale Stimme

Lindner distanziert sich in seiner Rede deutlich von den radikalen Parteien von links und von rechts. "Die Mitte darf nicht weichen. Denn wenn die Mitte weicht, dann ändert sich das Land", ruft Lindner in den Saal.

Doch er weiß auch, dass es am 23. Februar wieder um alles geht. Ihm sei klar, dass der Einzug der Liberalen in den nächsten Bundestag "auf der Kippe" stehe. Im Interview mit der DW gibt der FDP-Chef sich gleichwohl zuversichtlich: "Ja, ich bin davon überzeugt und sicher: Die FDP ist nicht nur im nächsten Bundestag, sondern ändert dann die politischen Verhältnisse."

Erst mitregieren, dann raus aus dem Parlament?

Das war ihr als Koalitionspartner von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht gelungen. Im November entließ Scholz Lindner als Finanzminister und rief ihm hinterher, er habe "parteipolitisch taktiert, zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen". Die nun anstehenden Neuwahlen am 23. Februar sind die Folge des Bruchs der sogenannten Ampel-Koalition.

Deutschland Berlin (v.l.): Christian Lindner, Robert Habeck, Olaf Scholz im Bundestag
Alle Parteien der gescheiterten Ampelkoalition haben an Zustimmung eingebüßt, doch nur die FDP liegt in Umfragen unter fünf ProzentBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Die Umfragewerte der FDP waren zu dem Zeitpunkt des Koalitionsbruchs bereits im Keller - ähnlich wie die der Koalitionspartner SPD und Grüne. Streitigkeiten innerhalb der Regierung hatten viele Wähler verschreckt. Doch die FDP ist die einzige der drei, die um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen muss.

Sollte Lindner der Mann des erneuten Untergangs der FDP werden, nachdem er es war, der sie 2017 erneut in den Bundestag und 2021 sogar in die Regierung geführt hatte? 

Das FDP-Wahlprogramm - die liberalen Klassiker

Dagegen stemmt sich die FDP mit einem Wahlprogramm voller liberaler Klassiker: weniger Steuern, weniger Staatsschulden, weniger Bürokratie, stattdessen mehr Bildung und mehr Wirtschaft. Den Wahlaufruf mit den Kernpunkten verabschieden die Delegierten in Potsdam einstimmig.

"Es ist eine Zeit gekommen, in der gelten muss: economy first", sagt Lindner. Dafür nimmt die FDP beim Klima die Rolle rückwärts in Kauf: Klimaneutralität soll Deutschland demnach statt 2045, erst 2050 erreichen. In der Migrationspolitik, die zum Hauptthema des deutschen Wahlkampfes geworden ist, setzt die FDP auf strengere Regeln und Kontrollen.

Mit der Union gern, mit den Grünen auf keinen Fall!

Auch mit wem die FDP gerne in eine Koalition einziehen würde, steht im Wahlaufruf. Es ist die konservative Union aus CDU und CSU mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz, der gute Chancen hat, der nächste Bundeskanzler zu werden. Nur, für eine Mehrheit im Parlament reicht es allen Umfragen zufolge nicht für eine schwarz-gelbe Koalition. Allerdings hat Unionskandidat Friedrich Merz FDP-Wähler öffentlich aufgefordert, für die CDU zu stimmen, damit ihre Stimmen nicht verloren gingen, sollte die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

Koalitionen mit der AfD, der Linken, dem BSW schließt die FDP aus. Auch einem Zusammengehen mit den Grünen erteilte Parteichef Lindner eine deutliche Absage: "Nach der nächsten Bundestagswahl werden wir Freien Demokraten keine Regierung gemeinsam mit den Grünen bilden." Die einzige Möglichkeit für eine Regierungsbeteiligung der Liberalen wäre demnach eine Koalition mit Union und SPD. 

Parteichef Lindner gibt sich von alledem nicht entmutigt: "Alles lässt sich ändern, aber eines darf sich nicht ändern. Das ist der liberale Charakter der Bundesrepublik Deutschland. Und den verteidigen wir!"

Volker Witting
Volker Witting Politischer Korrespondent für DW-TV und Online